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Full text of "Offiziere [microform] : ein Drama"

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Lotest  Dote  stamped  below.  A 
Charge  is  made  on  all  overdue 
books. 

University  of  Illinois  Library 


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JJNlVEaSITY  OF  iLÜ,N0!3 
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OFFIZIERE 

EIN  DRAMA  VON 

FRITZ  VON  UNRUH 


ALLE  RECHTE  VORBEHALTEN 

DEN  BÜHNEN  GEGENÜBER  MANUSKRIPT,  DAS  RECHT  DER 
AUFFÜHRUNG  IST  ALLEIN  DURCH  DEN  VERLAG  ERICH 
REISS,  BERLIN-WESTEND,  KAIDERD AM Jtl-g^  ZU  ERWERBEN 


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FRITZ  VON  UNRUH 

OFFIZIERE 


MODERNE    BÜHNE 

EINE  SAMMLUNG 
DRAMATISCHER  WERKE 


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OFFIZIERE 

EIN  DRAMA 
VON  FRITZ  VON  UNRUH 


BERLIN 
ERICH  REISS,  VERLAG 


Alle  Rechte  vorbehalten.  Aufführungs- 
recht ausschließlich  durch  den  Verlag 
Erich  Reiß,  Berlin  W  62,  zu  erwerben. 


Copyright  191 1  by  Erich  Reiß,  Verlag. 


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PERSONEN. 

OBERST  VON  KRACHT. 

GRAF  EGBRECHT  BORKE-DEMMIN,  sein  Adju- 
tant. 

MAJOR  VON  HEIDENBERG,  Generalstabschef. 

REGINALD  ALBEMARLE  (genannt  „Mister").  Ober- 
leutnant. 

ERNST  VON  SCHLICHTING 

HARRY  VON  HENNER 

EDGAR  VON  DETLEFFSEN 

CURT  VON  GLOBINSKY 

HANS  JÜRGEN  VON  RÜXLEBEN  1   j  .„^^„„^9 

MAX,  BARON  WERCKMEISTER  ^  ^^^^^^"'''• 

VON  FAVARGER 

VON  DOSSE 

VON  PLOTO 

VON  BENCKENDORFF. 

EIN  OFFIZIER. 

GÖTZ,  MiHtärpfarrer- 

EIN  MILITÄRPFARRER. 

ALBRECHT,  Kasinounteroffizier. 

FRAU  VON  RÜXLEBEN.  V 

HEDWIG  VON  KRACHT. 

MARIANNE  VON  POUET. 

ERIKA  VON  BAUMBACH. 

HILDE  VON  WREDE. 

GERTRUD  VON  RHETZ. 

EIN  MÄDCHEN .  . 

Herren  und  Damen  der  Gesellschaft. 
Offiziere,  Reiter,  Ordonnanzen. 


ERSTER  AKT. 


CASINO. 

ALBRECHT  {kommandiert  im  Hintergrund  Ordon- 
nanzett,  die  eine  grasgrüne^  mit  knallroten  Blumen  durch- 
wirkte Girlande  über  der  Saaltür  festmachen). 

ERNST  {tritt  von  links  herein):  Macht!  Macht! 
Kinders ! 

ORDONNANZ  {die  schon  mehrfach  vergeblich  ver- 
sucht^ an  Ernst  heranzukommen) :  Herr  Leutnant  .  .  . 

ERNST:  Zum  Donnerwetter! 

ORDONNANZ:  Parole. 

ERNST:  Her!  {liest)  Nachtübung  .  .  .  Kirchgang  .  .  . 
{stampft  auf)  Brotempfang .  .  .  ?  Bin  ich  da  schon 
wieder  dran  .  .  .  ? 

ORDONNANZ  {sieht  ihn  verständnislos  an). 

ERNST  {klappt  die  Parole  zu  und  wirft  sie  auf  den 
Tisch):  Worauf  wartest  du? 

ORDONNANZ:  Ich  überlege,  ob  der  Herr  Leutnant 
dran  sind  .  .  . 

ERNST:  Wodran? 

ORDONNANZ:   Am  Brotempfang  . . . 

ERNST  {lacht) :  Weltbewegende  Überlegungen  sind's. 

ORDONNANZ:  Wohl  Herr  Leutnant .  .  .  {will  ab). 

ERNST:  Komm  noch  mal  her  ,  .  . 

ORDONNANZ  {gibt  Parole). 

ERNST  {liest  sie  nochmals  —  gibt  sie  zurück):  Da! 

ORDONNANZ  {ab). 

ERNST  {stützt  den  Kopf) :  Brotempfang . . .  Spielerei . . . ! 
{Schellengeläut;  er  schreckt  auf) :  Die  Schlitten !  Vorwärts ! 
{zu  denOrdonnanzen) :  W^as  soll  das  Gewurstle  über  der  Tür  ? 

ALBRECHT  {wichtig):  Hab'  es  angeordnet.  Quasi 
zu  Ehren  von  Herrn  Leutnants  Fräulein  Braut .  .  . 

ERNST  {lacht):  Soll  sich  nur  meine  Grenadiere  an- 
sehn!   Nu  aber  runter  damit! 

ALBRECHT  {gekränkt):  Zu  Befehl. 

ERNST  {zu  den  Ordonnanzen):  Kerls,  steht  ihr  nur 
stramm  vor  ihr  wie  Eichen,  besser  ist's  als  der  Blumen- 
tand .  .  . 


ALBRECHT:  Los! 

ORDONNANZ:  Die  Nägel  stecken  so  fest  im 
Holz  .  .  . 

ERNST:  In  den  Kamin  damit. 

ALBRECHT:  Reißt  die  Türen  ein,  aber  runter  mit 
dem  Dreck! 

ERNST:  Albrecht! 

ALBRECHT:  Herr  Leutnant! 

ERNST  {sieht  ihn  streng  an). 

ALBRECHT:  Wohl  Herr  Leutnant  .  .  .    : 

Ordonnanz  (steht  unten  —  atemlos):  Schlitten!  Die 
Schlitten ! 

ERNST  (ab  in  den  Saal  —  ruft  zurück):  Kronen- 
leuchter an! 

ALBRECHT:  Zu  Befehl!  (zu  den  Ordonnanzen): 
Marsch!  Marsch! 

I.  ORDONNANZ:  Die  Guirlande? 
.    ALBRECHT:  In  den  Kamin!    Dreck  ist  das!    Was 
is  es  ? 

I.  ORDONNANZ  (wirft  sie  in  den  Kamin  —  grinst). 

ALBRECHT:  Was  es  is  ? 

I.  ORDONNANZ:  Dreck!  (-platzt  raus). 

ALBRECHT  (gleichfalls) :  Beine  ward'  ich  dir  machen ! 
(Alle  ab.) 

(Das  Schellengeläut  war  stärker  geworden  —  hat  auf- 
gehört. Etwa  zehn  junge  Offiziere  stürmen  in  den  Saal, 
geführt  von  Max,  Baron  Werckmeister.) 

ALLE:  Kamin  anstecken! 

MAX  (an  seinen  Hosen  beschäftigt):  Liliputschlitten ! 

ALLE  (lachen). 

MAX:  Mußt  in  die  Beine  'n  Knoten  schlagen! 

V.  FLOTO:  Uns  obendrein  keine  Damen  zu  geben!. 

V.  bOSSE:  Keine  Mädchen! 

ALLE:  Wollen  uns  mit  Champus  trösten!  (Alle  ab.) 

MAX:  Dosse:  Mein  Hosensitz? 

v.DOSSE:  Wie'n  Korkenzieher,  Baron  . . .  (lacht  —  ab). 

MAX  (ruft  eine  Ordonnanz) :  Der  ganze  Eindruck  also 
flöten.    Flöten  ...  . 


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ORDONNANZ:  Herr  Leutnant? 

MAX :  Den  Friseur  .  .  .  den  Schneider  .  .  .  Schneider- 
nleister —  Regimentsschneidermeister  ... 

ORDONNANZ:  Den  Regiments  .  .  .  ?  ? 

MAX:  Könnte  schon  hier  sein!  Mit  Plitteisen!  Heiß! 
Glühend ! 

ORDONNANZ:  Glühend  heiß  .. .  {verständnistos  ab). 

MAX  {indem  er  sich  herumdreht .  .  .  und  sich  vergeb- 
lich bemüht  — ,  die  Rückseite  zu  sehn) :  .  .  .  Wie'n-  Korken- 
zieher! Zu  peinlich!  {ab). 

REGINALD  ALBYMARLE  mit  HARRY  v.  HEN- 
NER {vom  Corridor  im  Gespräch) :  So,  Ihnen  br;pnnen 
die  Lippen!  Hä  —  Sie  sind  'n  Kerl!.  Wovon  denn, 
Harry?    Wovon  denn? 

HARRY:  Vom  Küssen!  Besser  erwärmt's,  als  alle- 
Kohlen  der  Welt !  {reibt  sich  am  Kamin  die  Hände). 

MISTER:  Zu  spät  geheizt  is  hier,  Menschenskind ! 
Hier  is  zu  spät  geheizt  .  .  .  Ordonnanz ! 

HARRY:  Saßen  ja  im  Schlitten  wie'n  präsentiertes 
Gewehr  .  .  .  mit  Ihrer  Marianne  ... 

MISTER:  Saß  ich  so  da? 

HARRY:  Hätten  sich  doch  küssen  lassen  von  der 
schlanken  Schwarzen! 

MISTER:  Werd  mich  von  dem  Weibsbild  grad 
küssen  lassen !  Bin  doch  nicht  meschugge  .  .  ..  Küßt 
einem  die  Ehe  an  den  Hals !  Bin  doch  nicht  meschugge  .  . 

HARRY:  Schlittenfreiheit  ist  heut! 

MISTER:  Schhttenfreiheit!  Ordonnanz !:  Mit  Ihrer 
Schlittenfreiheit!  Kupplererfindung!  Infame  Kuppler- 
erfindung ! 

HARRY:  Das  kleine  Aas!  .  .  .  Bei  mir  hätt's  sitzen 
sollen  .... 

MISTER:  Na,  Menschenskind,  Sie  sind  nicht  zu  kurz 
gekommen ! 

HARRY:  Ne  Sünde  wär's  auch! 

MISTER:  Sind  nicht  zu  kurz  gekommen,.  Harry! 

HARRY :  Häb'n  Sie  unser  entzückendes  Bräutchen 
gesehn  ? 

II 


MISTER:  Unser?    Wieso  unser? 

HARRY:  Die  kleine  Kracht? 

MISTER  {lenkt  merkbar  ab) :  Wo  steckt  Schlichting  ? 

HARRY  (zuckt  die  Achselti)-.  Aber  sein  Bräutchen 
läßt  er  allein  .  .  .! 

MISTER:  Ordonnanz!  He!  Kellner! 

HARRY:  Zum  Beispiel:  Wenn  ich  solch  reizendes 
Bräutchen  hätt. 

MISTER:  Lassen  Sie  mich  doch  mit  der  Braut  in 
Frieden!  Ordonnanz!  Lassen  Sie  mich  nur  in  Frieden 
mit  der  .  .  . 

HARRY  {sieht  sich  lachend  nach  einer  Ordonnanz  um, 
ruft):    He!  Ernst!    Schlichting! 

MISTER:  Aus  ner  spiritistischen  Versammlung  kam 
er,  wie  er  seine  Verlobung  proklamierte!  Braut!  In 
dem  „Au"  liegt's  ganze  Kreuz  des  Ehestands  —  da 
liegt's  ganze  Kreuz  drin!  He!  Ober!  .  .  .  Liebe  Ordon- 
nanz!   Verfluchte  Schenke!  {schlägt  auf  den  Tisch). 

ALBRECHT  {erscheint):  Herr  Oberleutnant? 

MISTER:  Wo  steckt  ihr  alle? 

ALBRECHT:  's  gibt  noch  so  viel  zu  tun! 

MISTER:  Menschenskind,  Albrecht,  reden  Sie  nicht 
....  weil  'n  paar  Frauenzimmer  herkommen,  verliert 
ihr  alle  den  Kopf  .  .  . 

ALBRECHT:  Nein,  Herr  Oberleutnant .  .  .   {lacht). 

MISTER  {lacht  ebenfalls):  Roten  Burgunder!  Bloß 
weil  'n  paar  Weiber  kommen! 

HARRY:  War  Leutnant  v.  Schlichting  hier? 

ALBRECHT:  Wohl ...  der  Herr  Leutnant  binden 
grade  einen  Strauß  für  sein  gnädiges  Fräulein  Braut .  .  . 

MISTER:  Also  Menschenskind:  Burgunder! 

ALBRECHT  {verständnisvoll  lächelnd,  ab). 

MISTER:  Einen  Strauß  .  .  .  niedlich  .  .  . 

HARRY:  Warum  soll  er  keinen  Strauß  binden!  {lacht). 

MISTER:  Diese  Frauenzimmer,  Harry,  diese  Weiber! 
{ab  nach  links). 

ERNST  {aus  dem  Saal,  hinter  ihm  ein  Unteroffizier 
mit  Geige). 

12 


UNTEROFFIZIER:  Das  Largo  vielleicht? 

ERNST   {auffahren^:    Einen   Choral!     Soll  ich   zu 
allem  noch  Kapellmeister  sein  ? 

UNTEROFFIZIER:  Herr  Leutnant? 
i    ERNST:  Spielt  Lustiges! 

UNTEROFFIZIER:  Also  keinen  Einzugsmarsch? 

ERNST:  Was? 

UNTEROFFIZIER:  Also  einen  Einzugsmarsch  .  .  . 

ERNST:  Reden  Sie  nicht  — 

UNTEROFFIZIER  {in  den  Saal) iVstl  .  .  .  Den  Ein- 
zugsmarsch ! 

HARRY  (ruft  dazwischen):  Einen  Walzer! 

UNTEROFFIZIER:    Also    doch    keinen    Einzugs- 
marsch ! 

ERNST:  Fort!  Schwätzer! 

UNTEROFFIZIER  {erstaunt  ab  in  den  Saal). 

HARRY:  'n  Jammer,  daß  du  nicht  mit  warst! 

ERNST:  So! 

HARRY:  Bengel:  Die  Schlittenpartie!  glänzend! 

ERNST:  Schön. 

HARRY:  Da  war'n  Weiber  dabei  .  .  .! 

ERNST:  Damen. 

HARRY:  Pardon  .  .  .    Ah,  der  Herr  Bräutigam!  — 
Frische  Rosen !  ? 

ERNST:  Ja. 

HARRY:  Ne  Winterrarität! 

ERNST:  Vom  Gärtner!    Kauf  so  was  nicht! 

HARRY  {riecht  an  den  Blumen)-,  Soll's  wieder  gut- 
gemacht werden  ?    Daß  du  dein  Bräutchen  allein  läßt  ? 

ERNST:    Dienst   geht   vor! 

HARRY:  {im  Scherz^  stramm):  Hand  an  den  Helm. 
Das  heißt  Pflichtgefühl! 

ERNST:  Selbstverständlich!    Bedarf  keiner  Phrasen! 

REGIMENTSSCHNEIDERMEISTER   {mit  Eisen, 
Gehilfen  uszv.). 

ERNST:  Was  wollt  Ihr? 

REGIMENTSSCHNEIDER:  Bügeln! 

ERNST:  Bügeln? 

13 


REGIMENTSSCHNEIDER:  Wohl! 

ERNST:  Verstand  verloren!    Bügeln? 

REGIMENTSSCHNEIDER:  Mich  hat  eine  Ordon- 
nanz geholt! 

ERNST:  Raus!    {Beide  ab.) 

ERNST  {geht  auf  und  ab).    ■ 

HARRY  {der  die  ganze  Zeit  still  gestanden  hat) :  Darf 
ich  rühren  ? 

ERNST:  Albre  doch  nicht! 

HARRY:  Zu  Befehl  {steht  wieder  still). 

ERNST:  Was  is  in  dich  gefahren? 

HARRY:  Deine  Korrektheit!  Welche  Puppe  sie  aus 
mir  macht!  Dienst  geht  vor  {notiert)  Bräutigams- 
pflicht .  .  . !  Auch  vor  Ehepflicht  ?  Hochzeitsnacht  ?  ha, 
ha  .  .  .    Bist  'n  Gemütsathlet!  {wirbelt  ihn  herum). 

ERNST:  Bist  ja  lustig! 

HARRY:  Darf  ich  nich? 

ERNST:  Begreif  dich  nich  ganz  .  .  . 

HARRY:  Denk  mal  an  .  .  . 

ERNST:  Daß  der  Ehrenrat  über  dir  tagt,  weißt  du? 

HARRY:  Selbstredend! 

ERNST:  Und  kindschst  hier  herum? 

HARRY:  Wie  du  siehst. 

ERNST:  Wenn's  dir  nun  den  roten  Kragen  kostet! 

HARRY:  Wegen  der  paar  tausend  lumpigen  Kröten? 

ERNST:  Lumpig,  wenn  man  sie  hat! 

HARRY:  Wenn  man  sie  nicht  hat,  erst  recht! 

ERNST:  Was  soll  nun  werden? 

HARRY:  Bin  ich  ein  Wahrsager! 

ERNST:  Schon  die  Zeitungen  haben  die  Geschichte 
gewittert. 

HARRY:  Soll  ich  mich  vor  diesen  Hyänen  ver- 
graben ? 

ERNST:  Junge! 

HARRY:  Mir  Klageweiber  mieten,  pro  Träne  fünf 
Pfennig  ? 

ERNST:  Deine  Schulden  bringen  dir  den  Abschied  ein. 

HARRY:  Ha,  ha  .  .  . 


ERNST:  Denke  an  mich  .  ,  . 

HARRY:  Bei  uns  heißt's  gleich  Schulden!  Andre 
Leute  spielen  auch.    Kein  Hahn  kräht  nach  .  .  , 

ERNST:   Andre   Leute!    andre    Leute!    —   Andre 
Leute  verdienen  sich  Geld! 

HARRY  (Jährt  auf):  Kann  ich  dafür,  daß  man  mich 
schlechter  bezahlt  wie'n  Tagelöhner  ?  Schufte  mich 
redlich  ab!  Keinen  Sechser  krieg  ich  dafür.  Alles  reitet 
auf  mir  rum.  Jede  Freude  soll  einem  genommen  werden ! 
Von  morgens  früh  bis  abends  spät:  Dienst:  immer 
Dienst.  Nächstens  darf  man  nicht  mehr  zu  Bett  gehen  .  . 

ERNST:  Harry!! 

MAX  (in  einem  bis  an  die  Knöchel  reichenden  Umhang, 
seine  Hosen  ängstlich  verbergend) :  O  pardon  —  ^-,  störe ! 

HARRY:  Bitte. 

MAX:  Sagt  mal,  war  der  Schneider  da? 

HARRY:  Is  rausgeworfen  .  .  . 

MAX:  Wa  .  ,  .  ?    Danke  sehr;  ...  zu  gütig  .  .  & 

HARRY :  Was  treibst  du  im  Umhang,  Werckmeister  ? 

MAX:  Was  treibst  du  ohne  Umhang,  Henner? 

HARRY:  Warum  bewegst  du  die  Arme  nicht? 

MAX:  Bin  ich  ein  Hampelmann?  {wütend  ab). 

HARRY:  Wer  weiß  .  .  .  Man  bewegt  uns  alle  an 
Strippen  ... 

EELNST:  Harry,  wenn  dich  der  Oberst  hier  sieht  ,  .  . 

HARRY:  Noch  is  er  nich  da  .  .  . 

ERNST:  Aber  die  andern? 

HARRY:  Die  ahnen  nichts. 

ERNST  (gibt  ihm  plötzlich  die  Hand).    (Jb.) 

HARRY  (zündet  sich  eine^igarette  an,  sieht  ihm  nach) : 
Verrückte  Schraube! 

{Die  zehn  Offiziere  kommen  in  heiterer  Sektlaune  zurück, 
umringen  Harry) 

V.  PLOTO:  Die  Mädels? 

V.  DOSSE:  Die  Damen,  wo  sind  sie? 

HARRY:  Eh  sich  die  Grazien  aus  ihren  Pelzen  gepellt. 

V.  PLOTO:  Trinken  wir  uns  die  Welt  wacklig 

V.  DOSSE:  Ich  seh  sie  schon  doppelt  .  .  . 

15 


HARRY:  Könnt  ihr  noch  tanzen? 

ALLE:  Eins,  zwei,  drei .  .  .  {tanzen). 

HARRY:  Ho,  ho!  auf  dem  Strich  lang  — !  Aufge- 
paßt! {nimmt  von  der  Wand  eine  Laute). 

ALLE:  Musik! 

HARRY:  Hinter  mir  her! 

V.  DOSSE:  Abstand  halten! 

HARRY  {geht  voran,  singt.  Alle  folgen  im  Gänse- 
marsch)'. „Wenn  die  Soldaten  durch  die  Stadt  mar- 
schieren!   Eins  zwei.    Eins   zwei!    Halb  rechts  —  halb 

links Grad  —  aus ! 

Öffnen  die  Mädchen  die  Fenster  und  die  Türen 
Wenn  die  Soldaten  durch  die  Stadt  marschieren." 
{Alle  halten,  er  wendet  sich  zu  ihnen.) 

„Na  warum  ?" 

ALLE  {im  Baß):  „Na  darum!" 

HARRY  {lebhaft  weiter):  „Bloß  wegen  so'n  bißchen 
Junge,  wenn  du  willst:  Juchheirassa!" 

ALLE  {halten,  stramm) :  „Junge,  wenn  du  willst,  dann 
komm!" 

V.  DOSSE:  Ohne  Sie  war  die  Welt  'ne  Tränenkiste! 

HARRY:  Weiter! 

ALLE:  Wir  gehn  sicher  ... 

V.  DOSSE:  Ziemlich  sicher  .  .  .  Harry,  wir  woll'n 
uns  duzen. 

V.  PLOTO:  Brüderschaft! 

HARRY:  Tu's  nicht  mit  jedem. 

ALLE:  Brüderschaft  trinken!  {Lärm.) 

ERNST  {geht  rasch  vorbei). 

ALLE  {hören  unwillkürlich  einen  Moment  auf,  wollen 
Ernst  anrufen,  da  ist  er  schon  fort). 

HARRY:  Tanzt!  Tanzt  weiter!  {beginnt  wieder).: 
,,Wenn  die  Soldaten  usw." 

V.  DOSSE:  Schon  gehört:  Schlichting  hat  sich  zu 
den  Fliegern  gemeldet  ... 

ALLE:  Unser  Ernst? 

HARRY:  Na  prost,  Frau  Sonne!  Dann  gnade  dir, 
Gott! 

i6 


V.  DOSSE:  Du  meinst  er  .  .  .  ?  ?   Ja,  ja  . .  .  ha,  ha  .  .  . 

ALLE  {lachen). 

y.  PLOTO:  Er  bändelt  an! 

HARRY:  Und  nächsten  Herbst  gibt's  Rekrutenaus- 
bildung in  der  südwestlichen  Schattenecke  des  Sonnen- 
flecks B. 

ALLE:  Bravo! 

V.  DOSSE:  Sein  Bräutchen? 

HARRY:  Stickt  ihm  Hosenträger,  mit  „nee  soli 
cedit"  drauf,  in  schwarz- weißer  Seide  .  .  . 

ALLE:  Glänzend! 

HARRY:  Bleibt  ledig.  Kinders!  Mit  der  Freiheit  ist's 
sonst  aus  .  .  . 

MAX  {ohne  Umhang  —  stolz  wie  ein  PfaUy  mit  tadel- 
losen Bügelfalten,  tritt  scharwenzelnd  ein) :  Ja,  bleibt  ledig, 
das  sag  ich  euch! 

ALLE  {lachen). 

MAX:  Die  Chancen  sind  größer! 

HARRY:  Wie  wir  aussehn! 

MAX:  Unsereins  schießt  doch  überall  den  Vogel  ab! 

HARRY:  Warum  sollte  man  sich  da  zeitlebens  mit 
einem  Hühnchen  begnügen! 

V.  DOSSE:  Dein  Hosensitz!  ... 

HARRY:  In  dich  muß  sich  ja  jedes  Mädel  verlieben. 

MAX:  Nun  ja,  ich  gebe  zu,  daß  meine  Beine  von 
leidlichem  Wuchs  sind! 

HARRY:  Man  könnte  sie  als  Lineal  gebrauchen! 

ALLE  {lachen). 

HARRY:  Oder  als  Richtschnur  für  jeden  korrekten 
Offizier  .  .  . 

MAX  {ohne  den  Ulk  zu  merken):  Wer  diese  Uniform 
trägt,  muß  auf  adrettes  Aussehen  halten! 

ALBRECHT  {stramm) :  Die  Herrschaften  kommen 
rauf! 

HARRY:  AUe  Mädels! 

ALLE:  Hoch! 

MAX  {zu  Harry) :  Die  Hüde  Wrede  laß  mir! 

HARRY:  Nicht  zu  machen! 

17 


MAX:    Höre   mal  .  .  .    die   mußt   du   mir  lassen  .  .  . 
Auf  rotes  Haar  bin  ich  toll  .  .  . 

HARRY:  Wer  verantwortete  das!   Nimmt  dich  wie'n 
Hering  aus! 

MAX:  Mich?    Du  hast  keine  Vorstellung  von  meiner 
Kraft  ... 

ALLE  {lachen). 

PFARRER  GÖTZ  {tritt  herein). 

HARRY  {begrüßt  ihn  mit  tiefer  V erbeugung,  die  alle 
nachmach eri):  Der  Herr  segne  uns! 

GÖTZ:   Amen!    Des   laß  ich   mir  gefalle,   Himmel 
nochemal ! 

ALLE:  Tanzen! 

V.  DOSSE:  Nicht  zieren! 

MAX:  Ihre  Krawatte,  Doktor. 

GÖTZ:    Sage    Sie    nichts    gegen    meine    Krawatte, 
Verehrtester. 

MAX  {rückt  sie  ihm  zurecht) :  Mein  ästhetisches  Gefühl ! 

HARRY:  Das  viele  Kirchgehen  muß  gerächt  werden. 

GÖTZ:  Die  alte  Sitten  muß  man  ehre  .  .  . 

HARRY:  Wenn  sie  tot  sind?  ... 

ALLE :  Ha,  ha  ... :  los ! 

GÖTZ:   Herrschafte,    der   Pfarrer  Götz   soll   tanze! 
Des  gab  ja  e  Bild!  .  .  . 

FRITZ:  Melde!  melde!  {reißt  die  Türen  auf). 

HARRY:  He!  Musik!  Kapellmeister! 

UNTEROFFIZIER  {mit  Geige). 

HARRY:  Schnell!  Schnell!  Einzugsmarsch! 

UNTEROFFIZIER:  Also  doch  Einzugsmarsch  {zu- 
frieden ab,  gleich  darauf:  Musik). 

GÖTZ:   Ha,    nu    wolle    wir    uns    aber   mal   gesittet 
daherstelle  ... 

{Damen  und  Herren  kommen  herein,  verteilen  sich  — 
plaudern  —  gehn  in  den  Saal.) 

V.   DOSSE:   {setzt  sich  ans  Klavier  —  singt  impro- 
visierend den  Einzugsmarsch  . . .) 

MAX  {verzückt):  Du  hast  ne  Stimme,  die  über  dem 
gewöhnlichen  Dilettantismus  steht  .  .  . 

i8 


HARRY  {klappt  das  Klavier  zu  —  hält  Dosse  die  Hand 
auf  den  Mund). 

V.  FAVARGER  (leise) :  Liebesheiraten  ?    Bin  grund- 
sätzlich dagegen  ... 
ERIKA  V.  BAUMBACH  (kichert). 

V.  FAVARGER:  Leidenschaft  ist  Unsinn! 

ERIKA  V.  B.:   Herr  v.  Favarger! 

V.  FAVARGER :  Wo  kämen  wir  mit  der  Heraldik  hin, 
wenn  jeder  nach  seiner  Leidenschaft  Hochzeit  hielt  .  .  . 

ERIKA  V.  B.:  Zum  Totlachen  .  .  .  ha  ha.  (Jb  in  den 
Saal.) 

V.  FAVARGER:  Modernisiert!  (Kopfschüttelnd  hin- 
terher.) 

GÖTZ  (an  der  Tür):  Willkomme,  Verehrteste,  will- 
komme! 

EDGAR  V.  DETLEFFSEN  (führt  Hilde  v.  Wrede): 

MAX  {zu  Harry.,  außer  sich  vor  Entzücken):  Gott, 
das  Mädel! 

GÖTZ:    E  Freud  —  all  die  rote  Bäckche  daher  .  .  . 

MAX:    Zum  Anbeißen. 

EDGAR  V.  DETLEFFSEN  (im  Gespräch):  Bedaure 
Sie,  gnädiges  Fräulein  —  Musik!  Mir  könnte  sie  alles 
ersetzen  .  .  . 

HARRY  (drängt  sich  zwischen  alle):   Telephon  .  .  . 

HILDE:   Telephon!    (Läßt  Edgar  stehen) 

HARRY:    Ja,  man  verlangt  Sie  am  Telephon  ... 

HILDE:    Mich? 

HARRY  (lacht):  Meines  Herzens.  (Beide  ah  in  den  Saal.) 

MAX :  Harry ! !  —  (wütend  zu  Edgar)  Dir  läuft  auch 
jede  weg. 

EDGAR:    Sag  das  nicht.  .  . 

MAX:    Brutal  muß  man  sein  .  .  . 

EDGAR  (lächelt):    Ich  kann  nicht  brutal  sein  .  .  . 

MAX:  Dann  wirst  du  nie  Glück  bei  den  Mädels 
haben  ... 

EDGAR  (stutzt):    Wieso!  (Schnell  ah  in  den  Saal.) 

MARIANNE  v.  POUET:  Mit  Reginald  Albemarle  .  . . 

HANS  JÜRGEN  v.  RÜXLEBEN:   Mit  wem? 

2*  19 


MARIANNE  (trotzig,  weicht  Hans  Jürgen  aus):  Ich 
hatte  mich  fest  verabredet  mit  ihm  .  .  . 

CURT  V.  GLOBINSKY:  Mit  unserm  Mister? 
Ausgerechnet!!    {Führt  Gertrud  von  Rhetz.) 

MARIANNE:    Ich  will  hin  zu  ihm  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Wo  steckt  er? 

CURT  (läßt  Gertrud  stehen;  leise  zu  Hans  Jürgen): 
Wo  gibt's  Zigarren  ?  (Zu  Marianne)  Ich  suche  ihn  ,  .  , 
(zu  Gertrud)  im  Augenblick  .  .  .  (Ab.) 

HANS  JÜRGEN:  Erlauben  Sie!  (Reicht  Marianne 
ohne  viel  Kom-plimente  den  Arm) 

MARIANNE:    Regln ald  ..  . 

HANS  JÜRGEN:    Was? 

MARIANNE:    Mama  (sieht  sich  hilfesuchend  um). 

HANS  JÜRGEN:    Wir  gehn  .  .  .  (Beide  ah.) 

MAX(y^07wm/Ä^mwzttG^r/rtt^;HabenSiekeinenHerrn? 

GERTRUD  (schmollend):    Nein. 

MAX:    Hatten  Sie  keinen? 

GERTRUD:    Doch. 

MAX  (wütend):    Hatte  auch  ne  Dame. 

GERTRUD:    Wo  ist  sie? 

MAX  (stampft  auf). 

GERTRUD  (lacht) :    Dann  stimmen  wir  zusammen  ? 

MAX:    Weiß  nicht  .  .  . 

GERTRUD  (lacht  jetzt  hell  auf) :  Es  stimmt !  (Beide  ab. 
FerschiedeneStabsoffiziere  undHauptleute  gehen  in  denSaal.) 

V.  FAVARGER  (mit  Skizzenbuch,  hinter  ihm  v.  Bencken- 
dorff  und  eine  Ordonnanz):  Sind  die  Blumenkörbe  ge- 
kommen ? 

ORDONNANZ:  Wohl! 

V.  FAVARGER:  Wo  ist  mein  Kostüm? 

ORDONNANZ:  In  der  Bibliothek  .  .  .  (Ab) 

V.  BENCKENDORFF  (verschämt):  Glaubst  du  wohl, 
daß  mein  Prolog  Anklang  finden  wird  ? 

V.  FAVARGER:  Na,  Goethe  is  es  nicht  .  .  .Darüber 
bist  du  dir  ja  wohl  klar  .  ,  . 

V.  BENCKENDORFF:  Du  hältst  nicht  viel  von 
meinem  Talent  ? 


20 


V.  FAVARGER:   Gott,   die  Gaben  sind  verschieden 
verteilt  .  .  . 

V.  DOSSE  {kommt  selig  aus  dem  Saal) :  Ihr  solltet  doch 
mal  die  neue  Bowle  versuchen. 

V.  FAVARGER:  Zu  viel  zu  erledigen  .  .  . 
V.  DOSSE:  Wozu  plagst  du  dich? 
v.  FAVARGER:  Man  muß  doch  etw^as  für  die  Mensch- 
heit tun! 

V.  BENCKENDORFF:  Ich  bewundre  dich  .  .  . 

(Jlle  ab.) 
FRAU  V.  RÜXLEBEN  (klein,  untersetzt  —  sehr  leb- 
haft, energisch  in  Wort  und  Geste) :  Oh  .  .  .  Ungeschickt 
läßt  grüßen  ... 

HEDWIG  V.  KRACHT  {lustig,  mit  Rosenstrauß  in 
der  Hand):    Hat  ihm  nichts  geschadet. 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Da  kann  ich  nu  mal  nicht 
helfen,  Fräulein  Hedwig,  .  .  .  das  war  mir  als  Braut  nicht 
passiert. 

HEDWIG  {plötzlich  betroffen,  sieht  Ernst  an):   Ernst! 
ERNST:    Was  liegt  denn  dran  .  .  . 
FRAU    V.  RÜXLEBEN    {-pustet    an    den    Blumen): 
Schon  die  Blätter  fallen  ab  .  .  . 
ERNST:    Ist  ihre  Bestimmung. 
FRAU  V.  RÜXLEBEN :  Ne,  ne  kann  ich  wirklich  nicht 
helfen . . .  Wenn  der  Hebe  Bräutigam  auch  poetisch  wird . . . 
ERNST:    Ich? 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:   Nun  .  .  .  Sie  meinten  doch. 
{Bewegung    So,  so. 
ERNST:    Wie? 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Nun  so  .  .  .,  daß  die  Rosen 
unter  dem,  verzeihen  Sie  Liebster,  nicht  kleinen  Fuß 
Ihrer  Braut  entblättern  dürfen  .  .  . 
ERNST:  Dachte  nicht  dran  ... 
FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Mit  Brautleuten  ist  nichts 
anzufangen...,  Liebste!  Kann  nu  mal  nicht  helfen. 
Wo  gibt's  Tee? 

GRAF  ECKBRECHT  BORKE  DEMMIN:    Bitte 
sehr,  gnädigste  Frau  ...  im  Saal .  .  . 


21 


FRAU  V.  RÜXLEBEN  {gibt  den  Strauß  zurück): 
Da  .  .  .  Einigermaßen  wieder  zurechtgepustet War- 
ten Sie  .  .  .  Kann  nichts  helfen  .  .  .  {Lachend  aby  an 
Eckbrechts  Arm). 

HEDWIG  {zu  Ernst) :    Was  fehlt  dir  ? 

ERNST  {streift  sich  die  Stirn):    Gott  Kind! 

HEDWIG  {fröhlich):  Übermorgen  soll  schon  wieder 
'ne  Schlittenpartie  sein  .  .  . 

ERNST:    Macht's  dir  solche  Freude? 

HEDWIG:    Tolle! 

ERNST:    Hetelchen! 

HEDWIG:  Wie  wir  gejagt  sind!  Hui!  durch  den 
gUtzernden  Wald! 

ERNST:    Gern  wäre  ich  mitgekommen  .  .  .! 

HEDWIG:  Oh  .  .  .  deine  Kameraden  waren  ja  so 
reizend  zu  mir  .  .  . 

ERNST:    Man  sieht  dich  gern  im  Regiment  .  .  . 

HEDWIG :  Brauch  nur  zu  befehlen.  —  Dann  springen 
sie  alle! 

ERNST  {droht  lachend) :  In  dir  steckt  ein  kleiner 
Regimentskommandeur  .  .  . !  {Aus  dem  Saal  erklingt 
Walzermusik.) 

HEDWIG  {befiehlt) :  Vorwärts  .  .  .  {Ko-pf  in  den 
Rosen)  Wir  wollen  tanzen  !  .  .  .  {zieht  ihn  leidenschaft- 
lich an  sich  .  .  .  ab  in  den  Saal.) 

MISTER  {bleibt,  wie  er  Hedwig  siebt,  am  Türpfosten 
stehn,  faßt  sich  unwillkürlich  an  den  Kragen,  beißt  krampf- 
haft die  Oberlippe) : 

-  CURT  {mit  großer  Zigarre) :   Also  Reginaldchen  —  es 
geht  wirklich  nicht  .  .  . 

MISTER:  Lassen  Sie  mich  in  Frieden,  Curt,  Sie 
sollen  mich  mit  dem  Weibsbild  in  Frieden  lassen. 

CURT :  Die  Kleine  kriegt  'n  Weinkrampf.  '■ —  Mister- 
chen, es  erregt  Aufsehen. 

Mister :  Herrgott,  lassen  Sie  mich  doch  meinen 
Burgunder  trinken,  lassen  Sie  mich  den  doch  trinken, 

CURT:  Trinken  Sie  ruhig,  Kerlchen,  Aber  dann 
kommen  Sie  .  .  .  die  Schwarze  ist  toll  nach  Ihnen  .  .  . 


22 


MISTER:  Will  Ihnen  mal  was  sagen,  Curt  .  .  .  will 
Ihnen  mal  ganz  schnell  was  sagen  .  .  .  {Sagt  ihm  etwas 
ins  Ohr.) 

GURT :  Oooh  .  .  .  Oooh  ...  —  Das  ist  zu  schärf  .  .  . 
Da  beurteilen  Sie  das  Mädel  falsch  .  .  . 

MISTER:  Curt!  ...  Um  den  Punkt  dreht  sich  die 
Welt . .  .  da  dreht  sich  die  Welt  drum. 

CURT  {lacht):  Gut!  Erkenne  das  Karussel  an.  Aber 
nun  kommen  Sie  auch!  .  .  . 

MISTER:  Schockschwerebrett  ...  Sie  sollen  mich 
in  Frieden  lassen.  Meinen  Burgunder  will  ich  trinken. 
Von  Frauenzimmern  nichts  mehr.  Meinen  lieben  Bur- 
gunder wiU  ich  trinken  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  v.  RÜXLEBEN  {außer  Atem):  Da 
sitzt  er  .  .  . 

MISTER:   Ja,  und  zwar  höllisch  sitzt  er  da  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Und  säuft  wie  'n  Schwamm  .  .  . 

MISTER:  Hä,  weil  er  klug  is,  Jochen,  weil  er  klug  is, 
deshalb  trinkt  er  .  .  .    Sehen  Sie  ... 

HANS  JÜRGEN  und  CURT  {lachen):    Mister! 

MISTER:  Weil  'n  Glas  Wein  heißer  brennt  als  aUe 
falschen  Lippen  .  .  .  deshalb  trinkt  der  Mister  .  . .  Eine 
Ausnahme  laß  ich  gelten  ... 

HANS  JÜRGEN:  Bin  ihretwegen  da  .  .  .  die  kleine 
Schwarze. 

MISTER:  Schockschwerebrett,  nun  macht,  daß  Ihr 
fortkommt ! 

HANS  JÜRGEN:  Das  M^del  sucht  Sie  seit  drei 
Stunden.  {Curt  und  Hans  Jürgen  wollen  Mister  vom 
Stuhl  ziehen.) 

MISTER:  Hat  sie  Beschäftigung,  Jochen,  hat  sie 
Beschäftigung! 

HANS  JÜRGEN:  Los!! 

MISTER:  Jochen!  Curt!  Verbrennt  Euch  nicht 
die  Finger!    Verbrennt  die  Euch  nicht!  ... 

HANS  JÜRGEN,  CURT:   Sie  müssen  mit! 

MISTER:    Schwerenotnochmal ! 

HANS  JÜRGEN:   Schön.   {Läuft  ab.) 

23 


CURT:  Halt!  Halt!  {Hinterher  ab.)  {Etwa  sechs  junge 
Mädchen  vor  Hedwig  her  .  .  .  stürmen  an  Mister  vorbei.) 

STIMMEN:  Wir  holen  ihn!  Fangen  ihn!  Bringen 
ihn  dir!    Im  Triumph!    Aber  eine  Rose!    Gib!    Gib! 

HEDWIG:    Find  ihn  aUein! 

STIMMEN:  Liebe  macht  blind!  wir  sehen  für  dich! 
ha,  ha  .  .  .    Eine  Rose!  bitte!    bitte  .  .  .    Eine  Rose! 

HEDWIG:  Ungern!    Schlichting  gab  sie  mir! 

STIMMEN :  Hast  ihn  uns  weggeschnappt.  Zahl  nun 
dafür. 

HEDWIG:  Ja  .  .  .  Er  gehört  mir!  Da  —  da  .  .  .  Mit 
Perlen  möcht'  ich  Euch  füttern  ...  So  glücklich  bin 
ich  .  .  .  {Teilt  Rosen  aus.)    Freut  Euch! 

STIMMEN:  Glaub  nicht,  daß  wir  alte  Schachteln 
werden! 

HEDWIG:   Auf  meinen  Bräutigam:   Jagd! 

STIMMEN  {alle  vor  Hedwig  ab):  Hallo!  Wer  bringt 
ihn  zuerst  .  .  .  hahaha. 

HEDWIG  {stutzt) :  Reginald  Albemarle  .  .  .  ?  Ver- 
einsamt?  Tanzt  man  in  Schottland  nicht? 

MISTER:    Ich  tanze  nicht,  gnädiges  Fräulein  .  .  . 

HEDWIG;  „Ich  tanze  nicht".  U,  alter  Bär,  ha,  ha, 
ha  .  .  .  Haben  Sie  wenigstens  meinen  Bräutigam  ge- 
sehnr 

MISTER:  Bedaure  .  .  ,  ich  habe  ihn  nicht  gesehn 
Tut  mir  leid 

HEDWIG:    Was  er  im  Kopf  hat! 

MISTER:    Tausend  Pläne! 

HEDWIG:   Mich  soll  er  drinnen  haben! 

MISTER  {lacht). 

HEDWIG:  Ich  muß  ihn  finden  .  .  .  (^ endet  sich 
nochmals  um)  Woll'n  Sie  den  Kottillon  mit  mir  tanzen  ? 

MISTER:  Hab  heut  Nachtübung!  .  .  .  Vielen  Dank, 
gnädiges  Fräulein  .  .  .  aber  ich  muß  mit  der  Kompagnie 
zur  Nachtübung  .  .  . 

HEDWIG :  Oh  .  .  .  dann  .  .  .  {hält  sich  den  Finger  an 
den  Mund)  Disziplin  bringt  mir  mein  Bräutigam  bei  .  .  . 
ha.  ha  .  .  . 

24 


MISTER:    Gnädiges  Fräulein  ...  '^^ 

HEDWIG:    Ja...? 

MISTER:   Eine  Rose  .  .  .!  bitte  eine  Rose! 

HEDWIG:  Haben  Sie  uns  belauscht!  Pfui!  das  ist 
häßlich.  Machen  sich  lustig!  —  Aber  wenn  man  so 
glücklich  ist  .  .  .  warten  Sie  {will  ihm  geben).  Nein  .  .  . 
doch  nicht  .  .  .  {Lachend  ah) 

MISTER  {sieht  ihr  voll  Leidenschaft  nach,  küßt  dann  mit 
plötzlichem  Gefühlsausbruch  lange  die  Stelle  auf  der  Tisch- 
platte, auf  der  Hedwigs  Hände  gestützt  waren). 

PFARRER  GÖTZ  {im  Gespräch  mit  Ernst) :  Ha  nu, 
was  erwarte  Sie  eigentlich  vom  Lebe  ? 

ERNST:  Eine  Bestimmung  hat  der  Mensch,  nichts 
anderes  erwarte  ich,  als  ihre  Erfüllung  — 

PFARRER  GÖTZ:  Jeder  gelebte  Tag  ist  Erfül- 
lung, Verehrtester. 

ERNST:  Exerzieren  —  Kasino  —  Kasino  —  exer- 
zieren   in  der  Schnecke  soll  ich  Luft  kriegen  ?  Mich 

erfüllen  können  .  .  .  ? 

GÖTZ  {ablenkend) :   Zu  viel  Leut  sind  daher  .  .  . 

ERNST:  Buckeln  und  kriechen  habe  ich  nicht  ge- 
lernt {beide  ah  in  den  Saal). 

MISTER  {ruft  Ernst  an):   Pst!   pst! 

ERNST  {sieht  sich  um). 

MISTER:    Ernstel. 

ERNST  {kommt  zurück) :  Sie  ?  Was  treiben  Sie  hier  ? 

MISTER:  Askese,  Ernstel,  Askese  .  .  . 

ERNST  {lacht) :   Mit  rotem  Burgunder  .  .  .  ? 

MISTER :  Na  ja,  was  denn,  roten  Burgunder !  Der  heizt, 
Menschenkind,  der  macht  warm,  aber  höUisch  macht  der 
warm  . . .  dann  friert  der  Mister  heute  nacht  nicht,  ver- 
stehen Sie  .  .  .  dann  friert  er  nicht  auf  der  Übung  .  .  . 

ERNST:    Stimmt.    Sie  haben  ja  Nachtgefecht .  .  . 

MISTER:  Bei  der  Affenkälte,  Ernstel;  bei  der  Affen- 
kälte ... 

ERNST:   Mit  hundertzwanzig  Mann  rücken  Sie  los  ? 

MISTER:  Mit  120 Mann,  Schlichting.  Mit  120 Mann 
marschier  ich  ab  .  .  . 

25 


ERNST:    Welche  Kompagnie  stellt  den  Feind? 

MISTER:  Nee,  ne.  So  nicht.  Feind  wird  markiert; 
der  wird  markiert  .  .  . 

ERNST:    Gegen  Pappescheiben  also  geht's? 

MISTER:    Dagegen  geht's. 

ERNST:  Gegen  6V2  Zielscheiben  aus  Pappe,  ha- 
ha ..  . 

MISTER:  Aus  Pappe.  {Trinkt)  Aus  wertvoller 
Pappe  .  .  .    Dagegen  eröffne  ich  Schützenfeuer  ,  .  . 

ERNST:    Und  —  wozu?! 

MISTER:  Erstens  müssen  die  vorgeschriebenen 
Platzpatronen  verschossen  werden  ... 

ERNST:    Und  zweitens  .  .  .  ?    Haha  .  .  . 

MISTER:  Müssen's  eben  höllisch  üben  mit  den 
Kerls .  .  .  Wenn's  losgeht .  .  .  Krieg  . . .  Oder  ich  mein  . . . 
die  Kerls  müssen  doch  dann  treffen  .  .  . 

ERNST:  Krieg?!  auf  dem  Mond??  Wir  drohen 
nur . . . 

MISTER:  Sind  'n  ulkiger  Kauz  .  .  .  'n  ganz  ulkiger 
Kauz  sind  Sie. 

ERNST:  Gründen  Sie  Sportvereine!  Das  Vaterland 
dankt's  mehr.   Was  wollen  Sie  auf  der  Nachtübung  ?  .  .  . 

MISTER:  Ha,  ha...  Prost  Ernstel!  Sind  doch  'n 
Mordskerl  {trinkt). 

ERNST:    Schmeckt's? 

MISTER:    Schmeckt.    Natürhch  schmeckt^s! 

ERNST  {steht  auf):  Na,  —  mein  Friedensbedarf  ist 
gedeckt.    Aber  reichlich. 

MISTER:  Ha,  ha  .  .  .  Übrigens  .  .  .  die  Gnädigste 
sucht  Sie  ... 

ERNST:  Übrigens  is  gut  .  .  .  Verloben  Sie  sich, 
Mister. 

MISTER:    Was? 

ERNST:    Soll'n  sich  verloben  .  .  . 

MISTER:  Bin  doch  nicht  meschugge  .  .  .  bin  doch 
nicht  toll. 

ERNST:  Wenn  die  Zeit  Ölbäume  pflanzt.  Täubchen 
muß  man  sich  halten  ... 

26 


MISTER:  Gehn  Sie,  Ernst  —  gehn  Sie!  Tauben! 
Täubchen!    Meinen  Burgunder  trink  ich  .  .  , 

ERNST:  Ha  —  {breitet  die  Arme  sehnsüchtig  nach 
oben). 

MISTER:  Na  also:  Ans  Herz  der  Gnädigsten!  Prost: 
Auf  ruhige  Tage!  auf  gesunde  Nachkomiiienschaft  .  .  . 
Prost,  Ernstel! 

ERNST  {springt  auf  ihn  zu,  hält  ihm  den  Arm  fest) : 
Zur  Tinte  werd  Ihr  Burgunder! 

MISTER  {sieht  ihn  plötzlich  fragend  an):  Na  aber  .  .  ., 
ja  —  was  denn  .  .  .  Ernst!    Was  denn  .  .  .  Ernstel!        « 

ERNST  {geht  vorsichtig  zur  Saaltür,  kommt  schnell 
zurück,  leidenschaftlich) :  Raus  muß  es :  Mein  Vater  -.  .  . 
in  meinem  Alter  .  .  .  Zwei  Feldzüge  hatte  er  hinter 
sich  ... 

MISTER:  Wie  sich's  trifft .  .  .  Junge  .  .  .  Wie  sich's 
trifft  .  .  . 

ERNST:  Mein  Großvater  .  .  .  mit  24  Jahren  ...  Ne 
Kompagnie  hatte  er  .  .  . 

MISTER:  Warum  graben  Sie  Akten  aus?. —  Sie 
werden  eben  mit  grauen  Haaren  Kompagniechef  wer- 
den .  .  .  ha,  ha  .  . 

ERNST  {unbeirrt):  Mit  17  Jahren  .  .  .  Mein  Urgroß- 
vater .  .  .  Mister  .  .  .  den  Pour  le  merite  hatte  er  .  .  .  den 
höchsten  Orden. 

MI  STER :    Schwerenotnochmal ! 

ERNST:    Ein  Held  mit  17  Jahren!    Ein  Held! 

MISTER:  Schockschwerebrett,  Ernst  .  .  .  schock- 
schwerebrett  .  .  .  {trinkt.) 

ERNST:  Und  ich?  Bin  alt  wie'n  Esel!  Kann  mir 
meine  Zukunft  berechnen !  An  den  Fingern  abzählen  .  .  . 
Wofür  trag  ich  den  Rock!    Wofür  überhaupt  leb'  ich! 

MISTER:  Für  den  Dienst,  Junge.  Wie  alle  für  den 
Dienst  ... 

ERNST:  Kenne  vom  Dienst  alle  Schikanen  und 
Tricks!    Das  heißt  Soldat  sein! 

MISTER:   Befriedigt  Sie's  nicht  ? 

ERNST:  Ha,  ha,  ha  —  {schlägt  mächtig  auf  den  Tisch). 

-27 


MISTER:    Nein?  es  befriedigt  Sie  also  nicht? 

ERNST:   Oh  doch!  .  .  .   Verdammt! 

MAX  (mit  Gertrud,  die  er  vorausgehen  läßt;  zu  Mister 
und  Ernst  im  Vorbeigehen):  Grasgrüne  Augen!  Stroh- 
gelbes Haar! 

ERNST  {sieht  Mister  an) :  Erlauben  Sie  .  .  .  {Nimmt 
sein  Glas,  trinkt)    Zuweilen  tut's  gut  .  .  . 

MISTER  {-plötzlich  außer  sich) :  Schockschwerebrett .  . 
Schockschwerebrett  ...  da  kommt  das  Frauenzimmer  .  .  . 

MARIANNE  {zu  Ernst,  kurz) :  Ihre  Braut  sucht  Sie — 
•••  ERNST  {lächelt) :    Ich  gehe  ...  {ab  in  den  Saal). 

MISTER  {zu  Marianne):  Tut  mir  sehr  leid,  Gnä- 
digste, tut  mir  sehr  leid  {sieht  nach  der  Uhr).  Aber  ich 
muß  zum  Dienst. 

MARIANNE :  Wie  ?  Zum  Dienst  ?  Nachts  ?  Seit  wann  ? 

MISTER:    Also  's  tut  mir  sehr  leid. 

MARIANNE  {umarmt  ihn  plötzlich  lachend):    Regiü 

MISTER  {der  es  für  ernst  hält):  Na  ja;  was  nun! 
So  weit  sind  wir!  So  weit  hat  Ihr  Unverstand  Sie  ge- 
bracht .  .  .  Schockschwerebrett,  Gnädigsten  .  .  . 

MARIANNE:  Was?  Schockschwerebrett!  Das  ist 
„mein  Schlittenrecht" ! 

MISTER:  Na  ja  in  allen  Ehren  ...  So  was  hab  ich 
noch  nicht  erlebt!  Schlittenrecht!  Ach  Gott,  gehen 
Sie  doch  . . .  Schlittenfreiheit  . . .  Ihr  Frauen  seid  alle  . . . , 
mit  euch  ist  überhaupt  nicht  zu  reden  .  .  .  nicht  zu 
disputieren,  weil  ihr  keine  Logik  kennt  .  .  .  weil  ihr 
mit  dem  Herz  denkt,  statt  mit  dem  Verstand. 

MARIANNE:    Liebst  du  mich  nicht  ? 

MISTER:  Ach  Gott,  ich  denke  auch  gar  nicht  dran. 
Eintreten  ins  Hungerproletariat  .  .  .  ins  .  .  . 

MARIANNE  {plötzlich  ernst):  's  war  ja  nur  Spaß  .  .  . 
warum  gleich  so  derb  .  .  . 

MISTER  {lustig):  So  .  .  .  Spaß  war's  .  .  .  Na  ja,  ihr 
Frauen  seid  eben  unberechenbar  .  .  .  Spaß  war's,  das  ist 
was  anders.  Hier,  bitte  —  die  andere  Backe  .  .  .  was  ? 
Wollen  Sie  jetzt  nicht  —  dürfen  ruhig  küssen.  Gnädig- 
ste .  .  .   Jetzt  dürfen  Sie  ruhig  küssen. 

28 


MARIANNE:  Mit  wem  sprechen  Sie! 

MISTER:   Also  nun  tut's  mir  aber  wirklich  leid  .  .  . 

{Sieht  aus  dem  Fenster.)  Die  Kompagnie  tritt  schon  an  . . . 

{Küßt  ihr  die  Hand.)     Spaßvogel    {H.  Jürgen  erscheint 

in  der  Saaltür).    He!  Jochen,  kommen  Sie  mal  her  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Hm? 

MISTER:  Nehmen  Sie  sich  Ihrer  Dame  mehr  an  .  .  , 
{Zu  Marianne.)  Daß  Sie  so  witzig  sein  können  .  .  .  also 
das  hab'  ich  noch  gar  nicht  gewußt  .  .  .  hab  ich  keine 
Ahnung  gehabt.  Mein  KompHment  .  .  . !  Adieu,  meine 
Gnädigste  ...  Man  nimmt  euch  Frauen  eben  immer  zu 
ernst .  .  .haha  .  .  .viel  zu  ernstnimmtman  euch... 
HEDWIG  {mit  den  sechs  Mädchen  kommt  zurück). 
STIMMEN:    Nicht  gefunden! 

HEDWIG  {bemerkt  Mister):  So,  zur  Strafe  schenk' 
ich  Ihnen  die  Rosen  nun  doch !  Ha,  ha  .  .  .  hier  ...  die 
letzten  .  .  . 

STIMMEN:  Wir  suchen  ihn!  Kommt!  {Alle  mit 
Hedwig  ab  unter  Hallo.) 

MISTER  {völlig  verwirrt,  sieht  bald  die  Rosen  ä«,  bald 
Hedwig  nach) :   Zur  Strafe  .  .  .  Schwerenotnochmal  .  .  . 
zur  Strafe  .  .  .{Langsam  in  den  Korridor  ab  zum  Dienst.) 
MARIANNE  {still). 

HANS  JÜRGEN  {setzt  sich  zu  ihr) :  Haben  Sie  Kopf- 
weh ? 
MARIANNE  {antwortet  nicht). 

HANS  JÜRGEN:  Warum  sind  Sie  mir  fortgelaufen  ? 
MARIANNE:  Migräne! 

HANS  JÜRGEN:    Wahrhaftig?    Migräne.    Tut  mir 
leid.  Das  sticht  wohl  im  Kopf  .  .  .  was  ?  sehr?   Sagen  Sie 
mal .  .  .  ist's  sehr  toll  ? 
MARIANNE  {bewegungslos). 
HANS  JÜRGEN:    Du  armer  kleiner  Fratz  .  .  . 
MARIANNE:    Ich  bin  nicht  du  für  Sie. 
HANS  JÜRGEN:    Albernheiten  .  .  .  Heut  is  Schlit- 
tenfreiheit. 

MARIANNE  {springt  auf) :   Wir  haben  keine  Schlit- 
tenfreiheit mehr  .  .  .  {will  ab). 

29 


HARRY  {vertritt  ihr  den  Weg). 

MARIANNE:    Lassen  Sie  mich  (will  vorbei). 

HARRY:  Mademoiselle,  dürft  ich  Ihre  Kammerzofe 
sein  ? 

MARIANNE  {wütend) :  Oh.  —  Je  n'aime  pas  des  fem- 
mes  de  chambre  du  sexe  mascuHn  {macht  sich  frei;  ab). 

HARRY  {hinterher):  Ha,  ha,  Teuerste,  je  ne  peus! 
pas  changer  mon  sexe  .  .  .  {ab). 

HANS  JÜRGEN:    Ordonnanz! 

MAX  {schadenfroh,  mit  Bezug) :  Jochen  — !  Tatsäch- 
lich — ■  Grasgrüne  Augen! 

HANS  JÜRGEN:    Wegen  mir  Krötenaugen  .  .  . 

MAX  {leise) :    Muß  man  eben  ganz  anders  fingern  — 

HANS  JÜRGEN:    So  so  .  .  . 

MAX:    Höre  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    So  —  {schlägt  auf  den  Tisch). 

MAX  {ängstlich  zu  Gertrud). 

HILDE  {im  Gespräch  mit  Edgar) :  Mit  Ihrer  ewigen 
Musik  .  .  .  Langweilen  mich. 

EDGAR  {sucht  ihre  Hand) :   Gnädiges  Fräulein 

HILDE  {bemerkt  Gertrud  und  Max) :  A  —  Baron 
Werckmeister.    {Läßt  Edgar  stehn,  auf  beide  zu). 

EDGAR  {sieht  ihr  nach  .  .  .  nimmt  einen  müden  Aus- 
druck an  .  .  .  geht  auf  Hans  Jürgen  zu;  nach  Pause  .  .  .): 
Hast  du  —  —  Curt  Globinsky  gesehen  ? 

HANS  JÜRGEN  {noch  völlig  verärgert):  Bin  ich  ein 
Aussichtsturm  ? 

EDGAR:  Pardon  .  .  .  {gereiz^ 

HANS  JÜRGEN:    Ordonnanz! 

EDGAR  {zündet  sich  Zigarette  an) :  Mal  wieder  'n 
amüsanter  Abend  .  .  .  {Ab.) 

HILDE  {steht  bei  Gertrud) :    Bin  müde  .  .  . 

MAX:    Abgespannt! 

GERTRUD:   Wolln  uns  setzen  .  .  . 

MAX  {wegen  seiner  Hosen):    Ich  stehe  lieber. 

HILDE:    Na,  besser  als  tanzen  war's  doch, 

MAX:  Ich  denke  auch,  daß  ne  vernünftige  Seele  an 
dem  Herumhopsen  keinen  Gefallen  finden  kann  .  .  . 

30 


HANS  JÜRGEN  (ist  aufgestanden) :  Ist  keine  Ordon- 
nanz da! 

HILDE  (zu  Max) :    Setzen  Sie  sich  doch  .  .  . 

MAX  (wegen  seiner  Hosen) :    Ich  stehe  gern  .  .  . 

HILDE :  Was  zeichnen  Sie  eigentlich  immer  so  eifrig  ? 

V.  FAVARGER:  Nichts  von  Bedeutung. 

GERTRUD:  Dichten  tun  Sie  ja  auch,  wie  ich  höre? 

MAX  (v.  Favarger  glossierend):  Nicht  von  Bedeu- 
tung .  .  .  Unser  Favarger  steht  über  dem  gewöhnlichen 
Dilettantismus  .  .  . 

v.  FAVARGER:  Man  muß  doch  etwas  nebenbei  be- 
treiben, 

ORDONNANZ  (zu  Hans  Jürgen). 

HANS  JÜRGEN:  Auch  so'n  Burgunder.  (Ordonnanz 
ab.) 

CURT  v.  GLOBINSKY  (mit  Zigarre;  —  strahlend): 
Kerlchen,  ne  Schiebung  gemacht  ... 

HANS  JÜRGEN  (bewegungslos). 

CURT:  Borkes  Rappen  für  800  Mark  ...  Du!  so'n 
kapitales  Pferd  sieht  ganz  Arabien  nicht  mehr.  Für 
800  Mark.  —  Zwei  braune  Lappen  is  der  wert.  —  Ich 
setz  mich  zu  dir  — 

HANS  JÜRGEN:    Immerzu. 

CURT :    Stumpfsinnig  ist's  Dir  wohl  ? 

HANS  JÜRGEN:   Hm. 

CURT:    Herzblättchen... 

HANS  JÜRGEN:   Hm,  hm  .  .  . 

CURT:    Was  hast  du  denn,  mein  Kerlchen? 

HANS  JÜRGEN:   Ich?   Nischt!   Gar  nischt! 

V.  FAVARGER  (setzt  sich  dazu,  beginnt  zu  zeichnen, 
zu  Hans  Jürgen) :  'n  bißchen  .  .  .  links  .  .  .  den  Kopf  .  .  . 

ORDONNANZ  (bringt  Burgunder  und  Glas).    (Jb.) 

CURT:  Jocheken!  ... 

HANS  JÜRGEN:   Laß!    (Gießt  sich  ein). 

V.  FAVARGER:  So  .  .  .  dein  Profil ... 

CURT :  Wenn  ich  Maler  wäre  und  'ne  Madonna  zu 
malen  hätt'  .  .  .  so  ne  doloreuse  .  .  .  Kerlchen  .  .  .  ich 
würd  dich  zum  Modell  nehmen  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

31 


HANS  JÜRGEN:   Laß  deine  Witze  .  .  . 

GERTRUD  {zu  Max) :  Warum  tragen  Sie  das  Mo- 
nokel ? 

MAX:  Ich  gestehe,  ich  sehe  die  Welt  anders  dadurch. 

BEIDE:    Ha,  ha. 

MAX:    Es  siebt  das  Gesichtsfeld  ... 

ALLE  (lachen  .  .  .  stehen  auf,  gehen  ab)  .  .  . 

MAX:  Nein,  nein  .  .  .  mir  ist  nichts  so  zuwider,  als 
Eitelkeit  .  .  .  {Ab) 

CURT  {der  Hans  Jürgen  die  ganze  Zeit  über  beobachtet 
hat,  schmunzelnd):  Jocheken  .  .  .  Wenn  ich  jetzt  „Ra- 
phael"  war  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    WiUst  wohl  {auffahrend). 

V.  FAVARGER  {zeigt  seine  Skizze). 

CURT  {betrachtet  die  Skizze) :  Glänzend  .  .  .  Wo 
hast  du  das  gelernt  .  .  . 

V.  FAVARGER:  Auf  den  Iktus  kommt's  an,  so  was 
erlernt  man  nicht. 

CURT  u.  HANS  JÜRGEN  {lachen). 

HARRY  {innerlich  sehr  erregt,  -platzt  unvermittelt  her- 
eift) :  Also  Kinders :  der  Oberst  ist  da  .  .  .  eben  gekom- 
men .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Wegen  mir  {trinkt). 

HARRY:    Na  ja  .  .  .  ich  meinte  ja  bloß  .  .  .  Verzeiht, 
wenn  ich  Euch  gerade  in  angeregter  Unterhaltung  störe 
—  ich  gehe  schon  wieder  .  .  . 
,    CURT:    Harrychen,  warum  so  kratzig?  .  .  . 
i    HARRY:   Ich?!   Bin  ich  vielleicht  kratzig ? 

HANS  JÜRGEN:  Nein,  bei  Leibe  ...  nein  ..  . 
I  Gott  bewahre  .  .  . 

HARRY:  Ä  ...  Hell  ist's  hier !  Überhaupt  ungemüt- 
lich! .  .  .  mit  den  Damen  .  .  .  alles  Gänse  .  .  , 

HANS  JÜRGEN  {ehrlich  mit  Bezug  auf  Marianne) : 
Puten!    Mit  Ehrpußlichkeit  gemästet  .  .  . 

HARRY:  Tanzbein  hab  ich  mir  auch  abgelaufen  .  .  . 
Was  soll  man  treiben  ?  Schlage  vor,  wir  machen  'n 
Jeuchen ! 

CURT:    Kerlchen,  jetzt,  wo  der  Oberst  hier  ist? 

32 


HARRY:    Grade!... 

HANS  JÜRGEN:   Harry! 

HARRY:    Spielen  will  ich! 

CURT:    Wenn  der  alte  Raff  uns  sieht  .  .  . 

HARRY :  Unterhält  sich  mit  Eckbrecht  übers  nächste 
Kriegsspiel . . .  Gegend  bei  Metz . . .  ha,  ha  , . .  Ordonnanz ! 

HANS  GÜRGEN:   Also:    Los! 

HARRY:    Spielkarten! 

ALBRECHT:    Zu  Befehl! 

HANS  JÜRGEN:   Anständige! 

ALBRECHT:    Wohl. 

HARRY:  Die  letzten  konnte  man  nur  mit  Hand- 
schuhen anfassen  ... 

ALBRECHT:   Werde  die  neuen  bringen  .  .  .  {Ab) 

EDGAR  {stutzt):    Curt! 
.    CURT:    Ja,  Kerlchen?  —  Ich  spiel  jetzt  .  ,  . 

EDGAR:    Wir  wollten  doch  in  die  Oper  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {beiläufig,  mitleidig):  Wirst  du 
immer  versetzt  ? 

EDGAR:    Nabend  .  .  .  {Will  verstimmt  ab) 
.  ALLE:    Dieu!  dieu! 

ALBRECHT  {bringt  Karten):  Oie  Karten  .  .  . 

EDGAR  {eindringlich  —  bittend) :  Curt  —  adieu 

CURT  {überhörts,  mit  Mischen  beschäftigt). 

EDGAR:  Denn  nicht!  {Geht  traurig,  langsam  ab  — 
bleibt  stehn  .  .  .  geht  dann  mit  erneutem  Entschluß,  voll 
Widerwillen  zu  den  Tanz.enden) 

V.  DOSSE  {weinselig  auf  Edgar  zu) :  Komm,  ich  muß  dich 
umarmen  . . .  Ich  hab'  das  Bedürfnis,  dich  zu  umarmen  . . . 

EDGAR:  Das  ist  sehr  gut  von  dir.   {Ab  in  den  Saal.) 

V.  FAVARGER  {zu  v.  Benckendorff,  der  ihm  beim 
Zeichnen  zusieht .  .  .):  Stör'  mich  nicht  .  .  . 

V.  BENCKENDORFF:  Seh'  ja  bloß  zu  ..  . 

V.  FAVARGER:  Türlich!  {wirft  den  Bleistift  auf  den 
Tisch).    Wieder  die  Spitze  abgebrochen. 

V.  DOSSE :  Wenn  die  Spitze  abgebrochen  ist . .  .  denn  is 
das  bedauerlich  . .  .{er  summt  während  des  ganzen  Spiels  vor 
sich  hin). 

3  33 


ALBRECHT  {kommt  herein). 

HARRY:  Bitte  Albrecht  .  .  .  Lassen  Sie  auch  Leuch- 
ter bringen  .  .  .  diese  Gasbeleuchtung  ist  widerlich. 

ALBRECHT:    Wohl. 

HANS  JÜRGEN:   Werd  mischen  .  .  . 

ORDONNANZEN  {bringen  Kerzen,  Gasbeleuchtung 
wird  ausgelöscht). 

CURT:    Was  wollen  wir  spielen? 

HANS  JÜRGEN:  Mir  wurscht  .  .  . 

HARRY:    Schlage  „Makau"  vor  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Schön. 

ALLE:    Gut! 

HARRY:    Anfangen! 

CURT:    Sei  nicht  so  kribblig. 

HARRY:    Langweilig  seid  Ihr. 

HANS  JÜRGEN:    Nur  die  Ruhe  kann  es  machen. 

HARRY:    Fertig  mit  mischen? 

HANS  JÜRGEN:   Werd  die  Bank  nehmen. 

HARRY:    Ob  du  fertig  bist? 

HANS  JÜRGEN:   Ja!    Donnerwetter. 

HARRY:  Mein  bloß:  Soll  nämlich  schon  mal  einer 
beim  Mischen  gestorben  sein. 

HANS  JÜRGEN:    Als  saß  dir  der  Satan  im  Genick. 

CURT:    Is  doch  kein  Wettspiel. 

HANS  JÜRGEN:   Also;    Einzahlen! 

HARRY:    Wer  gibt? 

HANS  JÜRGEN:    Mensch! 

CURT:  Hans  Jürgen  natürlich  .  .  .  Hat  doch  die  Bank. 

HARRY;   Ja,  ja  .  .  .  Hab  gesetzt  .  .  . 

CURT:    Zehn  gegen  zehn. 

HANS  JÜRGEN:  Curt  kriegt  fünfmal  zehn.  {Zahlt 
aus.)    {Draußen  hört  man  Kommandos etwa) : 

Kommando  von  MISTER:  Erste  Gruppe  grade  — 
aus.  —  Mit  Gruppen  links  schwenkt  marsch  .  .  .  Halt! 
Kompagnie  Marsch! 

CURT  {sieht  aus  dem  Fenster). 

HANS  JÜRGEN:    Wer  kräht  da? 

CURT:    Der  Mister  rückt  ab. 

34 


HANS  JÜRGEN:  Is  wohl  vom  wilden  Soldaten  ge- 
bissen.     '•M 

CURT  {ans  Fenster) :  Wie  sie  strampeln  .  .  .  Feste 
links!  links!  ha,  ha  .  .  .  Feldmarschall  wird  unser  Mister- 
chen mal  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:   Bei  dem  Avancement —! 

CURT  (immer  noch  begeistert  am  Fenster):  Ein  Bild. 
Sehts  Euch  an,  Kerlchen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Seh  's  am  Tage  genug  .  .  . 

CURT:   Lieb  Vaterland  magst  ruhig  sein  ..  . 

HANS  JÜRGEN:  Schwitzt  patriotische  Tränen  aus 
allen  Poren,  ha,  ha  .  .  . 

HARRY  (ungeduldig :    Spielen  wir,  oder  nicht  ? 

CURT:    Ja!  —  also:  Plus! 

HANS  JÜRGEN:   Harry!  ' 

HARRY  (zögert,  dann):   Ordonnanz!    Sekt! 

HANS  JÜRGEN:   Willst  du  nicht  setzen ? 

HARRY:    Plus! 

HANS  JÜRGEN:   Setz,  Mensch! 

HARRY  (trinkt  hastig  zwei  Gläser,  —  unnatürlich 
lustig:  Da  —  wechseln  Sie  den  Blauen  ...  (Wirft  einen 
Schein  auf  den  Tisch) 

HANS  JÜRGEN:   Donnerwetter! 

CURT:    Erhalt  mir  dein  Wohlwollen,  Kerlchen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Dreimal  sechs.  Schlag  angenom- 
men — 

HARRY:  Wirklich,  von  einer  entsetzlichen  Lang- 
weiligkeit spielt  Ihr  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:    Was  denn.    (Gibt  weiter  aus.) 

CURT:    Darf  keinen  Satz  riskieren  .  .  . 

HARRY:    Plus! 

CURT:    Kerlchen,  gebe  nich  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  (zu  Gurt):    Sie  haben  Schlag  .  .  . 

CURT:   Hier  zwanzig  Mark. 

HARRY:   Ne  Spielerei  is  das. 

HANS  JÜRGEN:   Bitte. 

CURT:    Haha. 

HANS  JÜRGEN:    Dreimal  acht  (zahlt  Gurt  aus). 

3»  35 


HARRY  {zu  Curt):    Hast  wieder  'n  Dusel. 

CURT  (sehr  gemütlich  schmunzelnd) :  Darf  ich  mal  'n 
Streichholz  ? 

HANS  JÜRGEN:    Stoff!    He!    Ordonnanz! 

HARRY:    Weiter! 

HANS  JÜRGEN:    Erst  trinken  .  .  . 

HARRY:   Weiter,  Kinders,  weiter  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  (trinkt .  .  .  Ordonnanz  stellt  Ge- 
tränke hin):  Nu  woll'n  wir  mal  den  Curt  wieder  hoch- 
nehmen .  .  . 

CURT:    Bitte. 

HANS  JÜRGEN:    Wirst  sonst  übermütig  .  .  . 

ERNST  und  GRAF  ECKBRECHT  DEMMIN 
(treten  ein,  bleiben  stehen  —  Ernst  bringt  kein  Wort  heraus, 
wie  er  Harry  am  Spieltisch  sitzen  sieht .  .  .) 

ECKBRECHT  (/&«rz):    Harry!  — 

HARRY  (ohne  auf  zusehn) :   Herr  Graf  befehlen  ? 

ECKBRECHT:  Willst  du  mich  anhören? 

CURT:  Stört  uns  nicht,  Kerlchens. 

HANS  JÜRGEN :  Was  habt  ihr  denn  (teilt  Karten  aus). 
Tanzt  lieber  ... 

ECKBRECHT:  Henner,  ich  komme  vom  Oberst  .  .  . 

HARRY:  Weiß  Gott,  interessiert  mich  wenig  .  .  . 

ECKBRECHT:  Du!  Im  Auftrag  des  Oberst  bin 
ich  hier  ,  .  . 

HARRY  (sieht  auf):  A  — !  Dienstlich?  (starr,  dann 
gleich  mit  Fassung,  lachend-)  Muß  ich  meinen  Helm  holen  ? 

ECKBRECHT:  Seid  einfach  verdreht  ...  Nehmt 
Vernunft  an  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Erbärmlich,  immer  vernünftig  sein. 

CURT :  Was  soll  man  treiben  ? 

HANS  JÜRGEN:  Immer  tanzen? 

CURT:  Sag  es.  Kerlchen  —  sag  es  nur. 

HARRY:  Ja,  sag's  doch 

ECKBRECHT:  Der  Oberst  ist  empört,  daß  du  hier 
auf  dem  Fest  bist  ... 

HARRY  (imr- Spiel):  Die  zehn  halte  ich. 

HANS  JÜRGEN:  Jeden  Morgen:  Aufstehn  —  drei 

}6 


Uhr!     Wird    man    wohl    mal    sein    Vergnügen   haben 
können  .  .  . 

ECKBRECHT:  Henner!! 

HANS  JÜRGEN:  Gemacht!  (im  Spül). 

CURT:  Plus! 

HANS  JÜRGEN :  Man  is  doch  so  zusagen  auch  noch 
Mensch. 

V.  DOSSE :  Da  hat  Jochen  recht, . . .  doch  wir  sind  sozu- 
sagen . . .  Menschen  . . .  Das  könnte  ich  feste  betrinken  . . . 

ECKBRECHT  (unbeirrt):  Henner!!! 

HARRY:  Also  laß  einem  seinen  Spaß. 

ECKBRECHT:  Wenn  du's  nicht  anders  willst:  Der 
Oberst  befiehlt  dir,  in  deine  Wohnung  zu  gehn. 

HANS  JÜRGEN:  Der  Blitz  schlag  ein  . . ,  (Dann  un- 
beirrt im  Spiel)  Curt  hat  Schlag,  ha,  ha  . . .  (^ibt  ihm  Geld). 

HARRY:  So  viel  Geld! 

HANS  JÜRGEN:  Hast  Pech! 

HARRY:  Schweinepech! 

ECKBRECHT:  Ich  erinnre  dich  dran  ... 

HANS  JÜRGEN:  Prost!  Schneid'  keine,  solch  dienst- 
liche  Fratze. 

ECKBRECHT:  Harry!  Du  sollst  das  Fest  verlassen! 
's  ist  ein  Befehl. 

HARRY:  Also,  Kinders,  machen  Bank. 

HANS  JÜRGEN  {zu  den  andern)-.  Einzahlen!  Zwei 
grüne  noch,  Harry! 

HARRY  (wendet  sein  Portemonnaie  nach  allen  Seiten) : 
Bedaure  ... 

ERNST  {der  die  ganze  7,eit  unbeweglich  dagestanden, 
bricht  in  Hohngelächter  aus). 

ECKBRECHT:  Und  die  hundert  Mark? 

HARRY:  Weiß  der  Henker! 

ECKBRECHT  {lacht  ironisch). 

HARRY:  Spielverderber !  wirst's  schon  wieder  kriegen ! 

ECKBRECHT  {zuckt  die  Achseln).      . 

CURT:  Da  —  Kerlchen  —  nimm's  zurück  — ;  mir 
ligt  nichts  dran  —  war  nur  'n  Zeitvertreib  .  .  .  {schiebt 
ihm  das  gewonnene  Geld  zu). 

37 


ECKBRECHT:  Nein! 

HARRY:  Was  mischst  du  dich  rein?  Wozu  ist  das 
verfluchte  Geld  da  ? 

ERNST  (hart):  Nicht,  damit  andre  deine  Schulden 
bezahlen  ... 

HARRY  {ist  aufgesprungen,  .  .  .  bleich  .  .  .  zitternd, 
dann  plötzlich  —  mit  Galgenhumor) :  Ha,  ha,  .. .  .  also, 
was  für  Wünsche  hast  du  ?  Ich  brauche  morgen  nicht 
zum  Dienst  ? 

ECKBRECHT:  Nein,  du  bist  vom  Dienst  suspendiert. 
(^Jlle  springen  erschrocken  auf  —  Pause.) 

CURT:  Was? 

HANS  JÜRGEN:  Red  nich  in  Fremdwörtern, 
Mensch  ... 

V.  FAVARGER  Qeise) :  Holla  .  . . 

V.  DOSSE  {zieht  v.  Favarger  mit  sich):  Komm  .  .  . 

HARRY  (t^^rjzVÄ  unzvillkürlich  an  denHalsfaßt,bewegt — , 
dann) :  Kann  ich  mich  endlich  mal  ausschlafen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Bravo  ...  ha,  ha  .  .  .  kann  er  sich 
ausschlafen  ...  Gratulier  dir  .  .  .  {gibt  ihm  gezwungen 
lachend  die  Hand).    Du  kannst  so  bleiben  .  .  . 

CURT:  Kerlchen,  bist  von  dem  Holz,  aus  dem  man 
große  Männer  schnitzt  ... 

HARRY  {zu  Eckbrecht):  Bitt'  dich!  Schickt  mir 
keinen  Pfarrer  auf  die  Bude,  ha,  ha  .  .  .  {schnell  ab). 

{Verlegene  Pause.) 

HANS  JÜRGEN  {niest  un.ständlich) :  Hapschii!  Hap- 
schiii!  .  .  .  Donnerwetter:  Hapschiiii ii 

CURT:  Häschen,  ein  Walroß  is'n  Waisenkind  da- 
gegen ... 

HANS  JÜRGEN:  Dank  meinem  Schöpfer,  daß  ich 
keine  Nachtübung  hab'  — 

ECKBRECHT:  Licht!  {es  wird  die  gleiche  Beleuch- 
tung wie  vor    dem  Spiel  gemach^. 

CURT  (^eht). 

HANS  JÜRGEN:  Wohin? 

CURT:  Stall... 

HANS  JÜRGEN:  Zum  Mohammed? 

38 


CURT:  Ein  Pferdchen  ist  das!  {beide  ab). 

ERNST  {am  Kamin  —  in  Gedanken). 

ECKBRECHT  {geht  auf  ihn  zu  —  neben. ihm):  Un- 
verbesserlich! Unverantwortlich!  Versteh'  ihn  nicht! 
Warum  ist  er  aber  auch  so  bodenlos  leichtsinnig  .  .  . 

ERNST :  Ja Warum  ? !  ? !  {wendet  sich  ganz. 

zum  Kamin,  stützt  Kopf  in  beide  Arme). 

ECKBRECHT  {zögernd):  Warum?? 

ERNST  {antwortet  nicht). 

ECKBRECHT:  Und  du  scheinst  dich  nicht  mal 
drüber  zu  wundern  ? 

ERNST:  Wundern??  ha,  ha  .  .  .  Es  muß  ja  alles 
so  kommen  ... 

ECKBRECHT:  Wie? 

ERNST:  öd!...,  trostlos!.,,  {breitet  leidenschaft- 
lich beide  Arme  nach  oben).  Pulver!  {Die  Walzermusik 
hört  auf  —  Herren  und  Damen  kommen  in  ungezwungener 
Unterhaltung  aus  dem  Saal  —  Ordonnanzen  reichen  Brötchen 
und  Tee) 

ERIKA  {nimmt  von  Favergar  ein  Taschentuch  fort): 
Was  woU'n  Sie  überhaupt  .  .  .  Wir  sind  von  preußischem 
Uradel  — 

V.  FAVARGER  {im  Ulk) :  Ganz  gleich  .  .  .  fünf 
Zacken  .  .  .   Mein  Bursche  wird  Ihnen  zwei  raustrennen. 

ERIKA:  Papa  hat  mir's  sticken  lassen  .  .  .  Papa  is 
General,  er  muß  es  besser  wissen  .  .  . 

V.  FAVARGER:  Wieso  muß? 

ERIKA:  Weil  er  General  ist. 

V.  FAVARGER:  Nur  fünf,  sieben  Zacken  sind  falsch. 

ERIKA:  Unausstehlich  sind  Sie  heut  .  .  .  {geht  nach 
rechts  zu  einer  Gruppe  von  Damen). 

HANS  JÜRGEN  {der  das  Gespräch  mit  angehört  hat, 
deutet  auf  den  Kopf):  Seid  beide  — 

V,  FAVARGER:  Weshalb? 

HANS  JÜRGEN:  Wenn  von  jeder  Zacke  ne  MiUion 
blinzelte  .  .  .   Meinswegen  — !    So  ?  hier  im  Koppe  ..  . 

V.  FAVARGER:  Wenn  du  ahntest,  wie  schnuppe 
es  mir  ist  —  . 

39. 


HANS  JÜRGEN:  Und  dann  redst  de  drei  Stunden 
—  bis  de  krebsrot   wirst  —  drüber  ? 

V.  FAV ARGER:  Man  muß  doch  Unterhaltung 
machen. 

HANS  JÜRGEN:  Da  hast  du  recht  .  .  . 

GÖTZ  {umringt  von  Offizieren). 

OFFIZIERE:  Ha,  ha  .  .  .  Doktorchen  .  .  . 

GÖTZ:  Lache  Se  nur  .  .  .  Hab'  mich  halt  viele  Jahre 
nit  mehr  nach  e  Walzer  gedreht  .  .  .  Herrschafte  .  .  .  is 
des  e  Vergnüge  .  .  . ! 

V.  PLOTO:  Ein  Pfarrer  muß  tanzen  können  ... 

GÖTZ:  Ha  nu,  Sie  meine,  weil  er  sonst  immer 
nach  der  Flöte  tanzen  muß  .  .  . 

OBERST  {der  von  links  eingetreten  ist  —  und  die 
letzten  Worte  gehört  hat  —  klo-pft  Götz  auf  die  Schulter^ 
lachend):  Man  sagt,  die  Schwaben  werden  erst  mit 
vierzig  Jahren  klug  ... 

GÖTZ:  Ha  nu  .  .  .  dafür  habe  se  doch  aber  e  Aus- 
sicht, überhaupt  e  mal  klug  zu  werden. 

OFFIZIERE:  Bravo  ...  ha,  ha. 

GÖTZ:  Nichts  für  ungut,  Herr  Oberst  .  .  . 

OBERST  (lachend) :   Sie  machen  mir  meine  Herren 
noch  toll  {ab  in  den  Saal). 
'OFFIZIERE:  Ha,  ha  —  ha. 

GÖTZ  {ein  wenig  verdutzt  über  des  Oberst  Wort): 
Herrschafte  —  gehe  wir  danein  —  da  is'  gemütlicher  .  .  . 
Woll'n  e  Rheinwein  mitnander  trinken  ... 

OFFIZIERE:  Bravo! 

GÖTZ:  Herrschafte,  so  e  Rheinwein  .  .  .  Himmel- 
nochemal ! 

V.  DOSSE:  Herrschafte  so  e  Pfarrer  —  Himmel- 
nochemal {alle  lachend  ab  nach  links). 

FRAU  V.  RÜXLEBEN  {am  Arm  des  Oberst) :  I  Gott 
bewahre,  is  doch  garnicht  drüber  zu  sprechen,  mein 
guter  Oberst  ...  Is  doch  heller  Unsinn  .  .  .  kann  ich 
nu  mal  nicht  helfen  .  .  . 

OBERST:  Er  kommt  auch  nicht  hin.  Der  Andrang 
zu  dem  Kommando  ist  zu  groß. 

40 


FRAU  V.  RÜXLEBEN :  Kann  nicht  helfen  .  . .  Heut 
woU'n  sie  alle  fliegen  .  .  .  können  wir  uns  nachher  die 
Suppe  allein  kochen  .  .  . 

OBERST:  Und  der  Oberst  wird  künftig  Rekruten- 
dienst tun,  ha  ha. 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Ach  Gott  ne,  is  ja  doch 
heller  Blödsinn  .  .  .  Ein  Bräutigam  und  in  die  Luft, 
is  doch  nicht  auszudenken  .  .  .  kann  ich  nu  mal  nicht  hel- 
fen .  .  .  Überhaupt  die  jungen  Leut ...  's  nicht  mehr 
die  alte  Zeit  ...  ne,  ne  mein  guter  Oberst  .  .  .  {Sechs 
Mädchen  .  .  .  Hedwig  als  Sprecherin  —  alle  um  den 
Oberst.) 

OBERST:  Na Weibchens?!  {zwickt  ein  Mäd- 
chen in  die  Backe). 

ALLE:  Herr  Oberst!    Herr  Oberst! 

OBERST:  Was  denn  „Herr  Oberst"  —  U  —  Schmet- 
terlinge. 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Lustges  Völkchen  .  .  .  wenn 
ihr  nicht  'n  paar  tüchtige  Hausfrauen  werdet  .  .  . 

EIN  MÄDCHEN:  Und  sechs  Jungens  kriegt  .  .  . 

ALLE  {lachen). 

HEDWIG:  Unter  dem  will's  Papa  nicht  .  .  . 

OBERST:  Mädel!  ...  und  alle  ..  .  werden  .  .  .  Offi- 


zier . .  . ! 


ALLE:  Zu  Befehl... 

HEDWIG  {schmeichelt):  Dürfen  wir  noch  bleiben? 

OBERST:  Schmeichelkätzchen,  darauf  läuft's  raus  .  .  . 
i^u  Frau  v.  Rüxleben-)  Soll'n  wir  noch  Urlaub  be- 
willigen ? 

ALLE:  Bitte!    Bitte! 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Türlich,  türlich  {zu  den 
Mädchen)  Ach  Gotte  ne,  seid  doch  nicht  von  Porzellan . . . 

ALLE:  Ha,  ha  — 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Aber  morgen  pünktlich 
den  Kaffee  gemacht! 

ALLE:  Ha,  ha  —  ha. 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Ja,  ja  ...  kann  ich  nicht 
helfen  ... 

41 


OBERST:  Na,  dann  lauft,  Mädels! 

HEDWIG  {küßt  ihn  stürmisch,  die  andern  umringen 
ihn  .  .  .  unter  Hallo  .  .  .  alle  ab). 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:    Können  stolz  sein  .  .  .! 

OBERST:  Mein  Hetelchen  .  .  . 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Aber  Disziplin!  Auch  bei 
den  Weibern.  Eisern  —  Herr  Oberst  — ,  ja,  ja,  kann 
nu  mal  nichts  helfen  .  .  . 

(Beide  lachend  ah  nach  links) 

HILDE  {mit  Gertrud  und  Max):  Wann  halten  Sie 
Ihren  Vortrag  denn  ?  .  .  . 

GERTRUD:  Ach  —  reizend  werden  Sie  reden  ... 

MAX:  Ich  gebe  zu,  daß  ich  ein  leidlicher  Redner  bin . . . 

HILDE :  Sie  kommen  gewiß  in  den  Generalstab  hinein ... 

MAX:  Zweifeln  Sie?  und  wie  mich  das  „rot"  an 
den  Hosen  gut  kleiden  wird!  .  .  .  {fachend  alle  ab). 

OBERST  {und  Ernst) :  Lieber  Junge  .  .  .  Leb'  dich 
in  den  Gedanken  erst  gar  nicht  ein  .  .  . 

ERNST  (grübelt). 

OBERST:  Keine  Faltenstirn,  Bengel  .  .  .  Der  An- 
drang zu  den  Fliegern  ist  eben  zu  groß  ... 

ERNST:  Vater  .  .  . 

OBERST  (abschneidend) :  Brauch'  meine  Offiziere  zum 
Dienst  .  .  . 

ERNST  (stiir). 

OBERST:  Grüble  nicht!    Finde  dich  drein  .  .  . 
(im  Saal  Walzermusik). 

OBERST  (klatscht  in  die  Hände):  Na,  die  Herren 
Leutnants:  Tanzen! 

OFFIZIERE  (stürmen  in  den  Saal,  hinter  ihnen  Götz). 

OBERST:  Götz! 

GÖTZ:  Herr  Oberst? 

OBERST  (geht  mit  ihm  an  den  Kamin). 

V.  FAVARGER  (von  links  —  eilig  nach  rechts  hinten) : 
Los !    Los !  .  .  .  anzieh'n !    Es  ist  Zeit ! 

V.  BENCKENDORFF:  Wo  sind  meine  Verse? 

V.  FAVARGER  (zieht  aus  dem  Ärmel  ein  geknülltes 
Pa-pier,  wirft  es  ihm  hin):  Da  — !    (Ab) 

42 


V.  BENCKENDORFF  {hebt  es  betrübt  auf,  —  zu 
Max):  Er  hält  nicht  viel  von  meiner  Begabung... 

MAX  {nimmt  den  Zettel,  dann  fr ote gierend) :  Gib !  ich 
werde  dir  zum  Siege  verhelfen,  so  gewiß  ich  zwei  g'rade 
Beine  habe  .  .  .  {Liest) :  „An  diesem  kalten  Wintertag  — 
Wo  Wald  und  Land  im  Schneebett  lag"  ...  —  „Schnee- 
bett" ist  'n  Ausdruck,  der  über  dem  gewöhnhchen  Di- 
lettantismus steht  .  .  .  {^b.) 

V.  BENCKENDORFF  {glücklich):  Du  beschämst 
mich.    {Hinterher  ab) 

OBERST  {gedämpft):  Götz,  ich  weiß,  daß  Sie  'n 
rechtgläubiger  Christ  sind  .  .  . 

GÖTZ:  Herr  Oberst  .  .  . 

OBERST:  Ich  weiß's  .  .  .  andre  wissen's  nicht  .  .  . 
die  Luft  hat  Ohren  .  .  .  Man  kontrolliert  Sie  im  Gottes- 
dienst .  .  . 

GÖTZ:  Ha,  ha  .  .  .    Solle  sie's  tun  .  .  . 

OBERST:  Möcht  Sie  gern  warnen  ... 

GÖTZ  {gibt  ihm  die  Hand) :  Herr  Oberst  ...  ich 
danke  Ihne  von  ganzem  Herzen  .  .  .  aber,  was  ich 
pred'ge,  das  vertret'  ich  auch  .  .  . 

OBERST:  Ha,  ha.  Woll'n  uns  nichts  vormachen  .  .  . 

GÖTZ:  Niemals!  ...  uns  nit  ...  aber,  Herr 
Oberst,  auch  den  geduldigen  Schaf  in  der  Gemeinde  nit . . . 

OBERST:  Sie  wissen  ja,  was  Sie  tun  ... 

GÖTZ:  Solang  Pfarrer  Götz  auf  der  Kanzel  steht 
.  .  .  Geist  und  Herz  frei  von  alle  Ballast  ...  So  nur 
finde  wir  den  da  drobe  ...  den  Lebendige!!  Und 
auf  den  nur  kommt's  an. 

OBERST  {giht  ihm  die  Hand  —  dann  ablenkend  zu 
Frau  V.  Rüxlehen,  die  herein  kommt) :  Gnädigste  Frau  . . . 
{bietet  ihr  den  Arm  an). 

FRAU  v.  RÜXLEBEN:  I  Gott,  sein  Sie  doch  nich 
komisch  ... 

OBERST:  Sie  beschämen  noch  alle  .  .  . 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Wie  der  jüngste  Leutnant! 
.  .  .  Ich  soll  tanzen  .  .  .  'ne  alte  Person,  wie  ich!    Sind 

ja  wirklich  ganz  komisch! 

\ 

43 


OBERST  {komplimentiert  sie  unter  Lachen  in  den  Saat). 

GÖTZ  {rückt  sich  am  Kragen). 

OFFIZIERE :  Doktorchen  ...  Vorwärts !  .  .  .  {wollen 
ihn  in  den  Saal  zum  Tanzen  holen). 

GÖTZ:  Muß  e  bißche  an  die  Luft  .  .  .  {ab). 

ECKBRECH.T  {bleibt  zurück,  geht  zu  Ernst,  der  vor 
sich  hinstarrt):  Was  wollte  der  Oberst  von  dir? 

ERNST:  Wieder  nichts! 

ECKBRECHT:  Etwa  wegen  deines  Fliegerkomman- 
dos ? 

ERNST:  Wieder  mal  vorbeigeträumt  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {aus  dem  Saal):   Tanzt  ihr  nicht? 

ERNST    {antwortet  nicht). 

HANS  JÜRGEN:  Ob  Ihr  nicht  tanzt  .  .  .  Kinders? 

ERNST:  Was?  Natürlich...  Toll!  {stürmt  ab, 
Hedwig  kommt  entgegen). 

HEDWIG:  Endlich...    Wohin? 

ERNST:  Tanzen,  .  .  .  wozu  anders  lebte  man 
sonst  .  .  .! 

HEDWIG:  Nicht  so  wild! 

ERNST  {reißt  sie  mit  sich  in  den  Saal). 

V.  FAVARGER  {im  Phantasiekostüm  vom  Korridor  mit 
Max). 

MAX:  Und  du  meinst,  ich  soll  die  Reime  kunst- 
gerecht deklamieren?  So  zum  Beispiel:  ,,An  diesem 
kalten  Wintertag  etcetera  ?" 

V.  FAVARGER  {vor  dem  Spiegel):  Ich  mein':  Ihr 
solltet  mich  nicht  so  kunstgerecht  eingeschnürt  haben  ... 

MAX :  Was  ?  {vor  dem  Spiegel) :  Linie  is  das !  Schick ! 
oder  willst  du  rumlaufen,  wie  'n  aufgeblasner  Frosch  ? 

V.  BENCKENDORFF  {aus  dem  Saal):  Anfangen. 
{^b  mit  V.  Favarger  in  den  Saal) 

CURT  {kommt  herein  —  zu  Eckbrecht):  Dein  Rappe!! 
—  gefesselt  wie'n  Reh!  .  .  .  wie  appetitlich  er  äpfelt  .  .  .! 
Großartig! 

ECKBRECHT:  Nur  mit  Kreuz  auf  ihm  arbeiten  .  .  . 

CURT:  Will  ihn  zum  Trainer  geben.  Soll  schon 
im  Sommer  auf  der  Rennbahn  gehen  ... 

44 


ECKBRECHT:  Also:  nicht  mit  Schenkeln!  Im 
Maul:  weich! 

MAX  {wie  er  die  Unterhaltung  von  Curts  Rappen  höri) : 
Ich  hab'  ihm  vorhin  die  Schenkel  gestreichelt  .  .  .  aber 
das  Vieh  is  ja  heimtückischer,  wie  'n  gewöhnlicher 
Esel  ... 

ECKBRECHT:  'n  Pferd  is  'n  wildes  Tier  .  .  .,  das 
dem  Menschen  nach  dem  Leben  trachtet  .  .  . 

MAX:  Ach  was  .  .  .  Trachtet!  Trachtet!  Meine 
neuen  Lackstiefel  sind  einfach  ruiniert  .  .  .  von  dem  ge- 
wöhnlichen Esel .  .  .  {^rollernd) :  Und  ich  hab  ihm  doch 
nur  auf  die  Schenkel  geklopft  .  .  .  {Ah  in  den  Saal.) 

CURT:  Verlaß  dich  drauf  (lacht  — ,  umarmt  Eck- 
brecht scherzend).  Adjutantchen!!  Bin  quietschvergnügt 
über  den  Kauf!    (zvill  gehen). 

EDGAR  {mit  Hans  Jürgen,  freudig):  Curtü 

CURT  {sieht  sich  um) :  Nun  ?  .  .  .  Kerlchen,  habe 
wahrhaftig  keine  Zeit  —  {tanzt  in  den  Saal). 

EDGAR  ^ sieht  ihm  nach  mit  resigniertem  Lächeln). 

HANS  JÜRGEN  {zu  Eckbrecht,  auf  Edgar  deuteni) : 
Läuft  immer  allein  rum  .  ,  . 

ECKBRECHT  {daraufhin  zu  Edgar):  Mal  los:  Det- 
lef fson:  auch  an  die  Mädels  ran! 

HANS  JÜRGEN:  Die  Weiber  haben  ne  feine  Witt- 
rung!  Mußt  derb  auftreten  —  dann  kommen  sie  leise 
getrippelt  ... 

EDGAR:  Bemüh  dich  nicht  .  .  , 

ECKBRECHT:  Viel  zu  schüchtern  bist  du  noch 
{setzt  sich  rechts  in  einen  Sessel). 

EDGAR:  Ich  geh  auf  meine  Bude  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Nanu? 

EDGAR  {faßt  Hans  Jürgen  an  den  Schultern  —  leise) : 
Wenn  ich  mich  mal  erschieße  ,  .  .  {dann  plötzlich  ver- 
zweifelt lachend).    Die  Bowle  war  gut  .  .  .  {rennt  ab). 

HANS  JÜRGEN:  Das  merkt  man! 

ECKBRECHT:  Na?  ... 

HANS  JÜRGEN  {deutet  lächelnd  auf  die  Stirn): 
Hier!!!  {ab). 

45 


[    ERNST  {mit  Hedwig)'.  Setz  dich! 

ECKBRECHT  {ist  aufgesprungen):  Aber,  gnädiges 
Fräulein!  .  .  . 

HEDWIG:  Um  mich  herum  dreht  sich  noch  alles! 
Haben  ...  so  viel  getanzt  .  .  .! 

ERNST:  Verträgst  eben  solche  Feste  nicht! 

HEDWIG:  Schönes  Soldatenmädel  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

ERNST:  Wir  leben  sonst  ja  so  still  {küßt  ihr  die 
Hand),  so  friedlich. 

HEDWIG.  War'  nur  das  Manöver  vorbei  .  .  .  daß 
ich  dich  immer  bei  mir  habe  .  .  . 

ECKBRECHT:  Ha,  ha  .  .  . 

HEDWIG :  Lachen  Sie  nicht ! . . .  Solch  lange  Brautzeit ! 

ERNST:  Und  du  glaubst,  daß  nach  dem  Manöver 
für  uns  die  Seligkeit  beginnt  ?  ? 

HEDWIG  {zu  Eckbrecht):  Vor  Ihnen  eine  Liebes- 
szene .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

V.  FAVARGER  {kommt  mit  Körben  voll  Margueriten 
aus  dem  Saal,  dahinter  Max  und  v.  Benckendorff,  der  an 
der  Tür  die  Wirkung  seiner  Verse  beobachte^. 

V.  FAVARGER  {stellt  sich  vor):  Fortuna! 

HEDWIG:  Lustig  ist  das! 

MAX:  Ja,  Mademoiselle :  Fortuna  mit  den  Margue- 
riten .  .  . 

HEDWIG:  Wieviel  müssen  wir  kaufen? 

MAX:  Margueriten  wählte  die  Dame,  weil  Mar- 
guerite  eine  zeitgemäße  Blume  ist,  mit  der  man  sein 
Glück  machen  kann. 

V.  FAVARGER:  Wenn's  glückt  ... 

ERNST:  Narrheiten! 

HEDWIG:  Laß!    Mich  amüsiert's! 

V.  FAVARGER  {beginnt  zu  singen) :  „An  ^em  kalten 
Wintertag"  etc. 

V.  DOSSE  {ganz  mit  Blumen  besteckt .  .  .  kommt  selig 
aus  dem  Saall):  Bin  einfach  erschlagen:  Jede  Dame  hat 
mir  'ne  Marguerite  geschenkt  .  .  . 

CURT  {sehr  eilig):  Mein  gnädiges  Fräulein  .  .  .  par- 
don,  dies  tete  ä  tete  muß  ich  stören. 

46 


HEDWIG:  Bitte,  bitte... 

CURT  (ZM  Eckbrecht)'.  Gxzi  —  der  Oberst  will  dich 
sprechen  .  .  . 

ECKBRECHT:  Gleich? 

CURT:  Sofort! 

ERNST:  Schon  wegen  Harry? 

CURT:  Weiß  nich  {nimmt  Eckbrecht  am  Arm). 
Komm  ... 

{Beide  ab.) 

ERNST:  Der  Oberst?  {steht  auf). 

HEDWIG  {zieht  ihn  auf  den  Stuhl):  Sitzenge- 
blieben ! 

ERNST  {beißt  sinnend  an  der  Oberlippe). 

HEDWIG :  Was  beißt  du  an  deiner  Lippe  rum  ? 
{küßt  ihn). 

ERNST:  Nicht .  .  .    Wenn  jemand  käme! 

HEDWIG:  Is  doch  kein  Unrecht! 

ERNST:  Vor  Grenadieren  kein  schönes  Bild  ,  .  . 

HEDWIG:  An  mich  denkst  du  wohl  nie  .  .  . 

ERNST  {fährt  ihr  mit  der  Hand  übers  Haar):  Das 
weißt  du  doch  ... 

HEDWIG:  Erst  komm  ich  .  .  .,  dann  deine  Ge- 
schichten .  .  . ! 

ERNST  (Jacht):  Du  kleiner  .  .  .  kleiner,  lieber  Racker 
du!  ...  Mädel,  bist  doch  mein  Liebstes  auf  der 
Welt!  ... 

HEDWIG:  Gott  sei  Dank,  daß  du  mir's  endlich  mal 
sagst .  .  . 

ERNST:  Na  .  .  .  hatt'st  du  das  denn  nie  gefühlt  .  .  .  ? 

HEDWIG:  Gefühlt!    Kann  ich  reinsehen  in  dich? 

ERNST  {lachend):  Bin  ich  so  undurchsichtig? 

HEDWIG:  Sagen  sollst  du's  mir  .  .  .  wie  lieb  du 
mich  hast .  .  .  Jede  Minute,  jede  Sekunde  will  ich's 
hören  von  dir!  .  .  . 

ERNST :  's  sind  doch  nur  Worte  .  .  .  {Die  Musik  setzt 
plötzlich  aus.    Ernst     bemerkt  es  .  .  .  horcht  auf) 

HEDWIG:  Aber  Liebesworte  .  .  .  und  die  prickeln 
so  süß  .  .  . 


47 


ERNST  {mit  halbem  Ohr):  Hetel!  .  .  . 

HEDWIG:  Du  .  .  .  wenn  wir  erst  allein  sind!  (Jacht 
hell  auf)  wir  beide  .  .  .  ? ! 

ERNST  {steht  auf). 

HEDWIG:  Unsre  Hochzeitsreise,  hast  du  schon  dran 
gedacht  .  .  ,  Auf  eine  Insel  gehn  wir  .  .  .  ganz  allein  .  .  . 
auf  eine  Lofoteninsel  .  .  .  wir  zwei  .  .  .  Lach  mal!! 
wie  ich  {sie  lacht),  ha,  ha,  ha.  Möcht's  hinausjauchzen 
in  alle  Winde  dieses  .  .  .  große  Glück  .  .  . ! 

ERNST:  Hör  mal! 

HEDWIG:  Was  denn? 

ERNST:  Du  hörst  nichts  .  .  . 

HEDWIG:  Nein...!    Du? 

ERNST:  Warum  setzt  die  Musik  plötzlich  aus?? 

HEDWIG:  Ha,  ha,  ha  .  .  .  Vermutlich  hat  der  Kaiser 
von  China  geniest  —  Der  Cotillon  .  .  .    beginnt! 

ERNST:  Nein,  nein.    Liest  da  nicht  einer  was  vor? 

HEDWIG:  Möglich  {gleichgültig). 

ERNST:  Komm  .  ,  .  {drängt  sie  zur  Tür). 

HEDWIG:  Hab'  dich  so  selten  .  .  .  Festleimen  müßt 
man  euch  .  .  . 

ERNST:  Näher  zur  Tür. 

HEDWIG:  Bleibe!  Ihr  Männer!  ...  als  war'  ich 
nicht  viel  wichtiger  .  .  . 

ERNST:  Ssssst  .  .  .    Still  doch!  {horcht  zu). 
{Man  hört  im  Saal  mit  lauter  freudiger  Stimme  durch 
Eckbrecht   ein    Telegramm   verlesen;   nach   vielen   Sätzen 
"Jubel  —  g^gen  Ende  stürmisches  Hallo  .  .  .   Etwa  folgende 
Sätze  sind  aus  dem  Lärm  deutlich  vernehmbar): 

„Frauen  .  .  .  Farmer  .  .  .  ermordet  .  .  .  Kinder  ge- 
spießt .  .  ,  Kulturen  verwüstet  .  .  .  die  Schutztruppe 
bewältigt  den  Aufstand  nicht  .  .  .  Truppentransporte 
gehn  raus  .  .  .  von  allen  Regimentern  soll'n  sich 
Freiwillige  melden  .  .  ."  {Hallo  —  Tusch  von  der 
Musik.) 

ERNST  {hat  einen  verklärten  Ausdruck  angenommen  .  .  . 
tastet' mit  den  Händen  in  der  Luft  .  .  .  versucht  zu  spre- 
chen .  .  .  kann  es  nicht). 

48 


HEDWIG  {umschlingt  ängstlich  seinen  Kopf  .  .  .):  Was 
machst  du  ...  ?    {Der  Jubel  schwillt  an.) 

MAX  {kommt  hereingestürzt,  .  .  .  hinter  ihm  Hilde 
und  Gertrud  ...  in  größter  Aufregung:  Ordonnanz! 

HILDE:  Lieber  Baron! 

MAX:  Schon  gut.    Ordonnanz!    Postkarten,  Kerl! 

ORDONNANZ:  Wieviel  wünschen  der  Herr  Leut- 
nant ? 

MAX:  Hundert  Stück.    Vorläufig  hundert. 

ORDONNANZ  {sieht  ihn  groß  an). 

MAX:  Esel!  ja,  hundert  Stück! 

HILDE :  Aus  Ihrem  Vortrag  soU  nun  nichts  werden  ? 

GERTRUD:  Die  Tanzproben? 

HILDE:  Leseabende? 

GERTRUD:  Alles  soll  aufhören  .  .  .  {weinen  beide). 

MAX:  Flennt  nicht  .  .  .  kein  Schade  drum! 

HILDE  {wütend):  Was  woll'n  Sie  denn  jetzt? 

MAX :  Bin  ich  ein  Auskunftsbureau  ? 

GERTRUD:  Wozu  hundert  Postkarten? 

MAX:  Man  hat  doch  sozusagen  „Eltern"  .  .  .  Ver- 
wandte .  .  .  allerhand  Anhang  .  .  .  Kurz  und  gut  .  .  . 
Drangsaliert  mich  nicht :  Muß  Abschiedsgrüße  schreiben ... 

ERNST  {macht  sich  plötzlich  frei  .  .  .  stürzt  wie  un- 
sinnig auf  Max  zu  .  .  .  packt  ihn  am  Genick):  Ist's 
wahr?!?! 

MAX:  Mein  Hals!  Bist  wohl  verdreht!  mein  neuer 
Kragen ! 

ERNST:   Krieg?...    Wir  haben  ...   Krieg?!? 

MAX  {sich  wütend  den  Hals  massierend):  Ich  geb'  es 
zu,  wir  haben  Krieg  ... 

ORDONNANZ  {bringt  Karten  von  links). 

MAX:  Laß  mich!  Muß  schreiben!  {setzt  sich  an 
einen  Tisch  links  —  Gertrud,  Hilde  ihm  nach). 

HANS  JÜRGEN  {aus  dem  Saal):  Champus!  Cham- 
pus  her!    Ordonnanz!    Sekt! 

ERNST (j/>Ä/  ihn  fragend  an):  Krieg?! 

HANS  JÜRGEN:  In  Südwest  gibt's  Hasenjagd!  ha, 
ha  .  .  .    Schwarzen  Canaillen  machen  sich  mausig  .  .  . 

4  49 


CURT  {herein)'.  Großartig  {tanzt  herum),  großartig! 
ganz  großartig! 

HANS  JÜRGEN:  Weinkeller  auf!  {zu  den  Ordon- 
nanzen) Alles  was  drin  is:   Raus! 

CURT:  Jocheken!  Jocheken!  Der  Trainer  kriegt 
meinen  Mohammed  nun  nich  .  .  .  Das  Tierchen  kommt 
mit  .  ,  .  ha,  ha  .  .  .    Zusammen  geht's  nach  Afrika! 

HANS  JÜRGEN  {bieder)-.  Die  Französin  mit  ihrer 
Ehrpußlichkeit !     Soll  den  Papst  ins   Bett  nehmen   .  .  . 

CURT  {auf  die  Damen  weisend):  Sssst! 

H.JÜRGEN:  Mir  wurscht!  Ich  fahr'  m  i  t  dir,  Junge ! 

ERNST:  Sagt  doch;  sagt  ein  Wort! 

CURT:   Kerlchen,  wir  haben  uns  rausgemeldet! 

V.  FAVARGER:  Türlich!  So  was  macht  man  doch 
mit! 

HANS  JÜRGEN:  Bengel.  Wir  sind  FreiwiUige!  ho! 
ho! 

CURT:  Der  Adjutant  hat  uns  bereits  alle  notiert! 

ERNST:  Eckbrecht?...    Wo?   ...  da?    Im  Saal? 

BEIDE:  Ja!  er  schreibt  die  Namen  auf  .  .  . 

ERNST  {stürmt  in  den  Saal). 

HEDWIG  {streckt  die  Hände  nach  ihm  aus  .  .  .  will 
ihn  anrufen  .  .  .  aber  das  Wort  bleibt  ihr  in  der  Kehle: 
„E  ...    E  .  .  ."  sie  tastet  sich  in  den  Saal). 

ECKBRECHT  {ruft  aus  dem  Saal) :  Die  FreiwiUigen : 
Antreten  zum  Parademarsch! 

HANS  JÜRGEN:  Los!  Mensch!  Los! 

CURT:  Halt,  Kerlchen.    Erst  die  Fahnen! 

V.  FARV ARGER:  Fahnen  holen!  {nach  rechts  ab, 
kommen  gleich  zurück  mit  Billardstäben.,  an  die  sie 
Taschentücher  binden). 

HANS  JÜRGEN:  Max! 

ALLE:  Mitkommen:  Max! 

MAX  {unbeirrt,  Karten  schreibend) :  Was  sagt  ihr  ? 
keine  Zeit  .  .  .  meine  Herren  .  .  .  Muß  klauen  .  .  . ! 
Hundert  Karten  wollen  geschrieben  sein!  .  .  . 

ALLE  {lachen). 

CURT:  Also,  Kerlchens! 

50 


HANS  JÜRGEN:  Aufgepaßt! 

v.DOSSE:  Stillgestanden!  Das  Gewehr  über!  {nehmen 
die  Billardstäbe  auf  die  Schulter).  Fahnen:  Marsch!  {in 
festem  Tritt  marschieren  sie  in  den  Saal,  werden  dort 
mit  großem  Hallo  empfangen  .  .  .  Den  Parademarsch  sieht 
man  teilweise  durch  die  Türe  — ;  dann  stürzen  die  Offi- 
ziere in  tollstem  Übermut  aus  dem  Saal). 

ERNST:  Endlich! 

HANS  JÜRGEN:  Wo  bleibt  der  Sekt!    Champus! 

ORDONNANZEN  {bringen  etwa  zwölf  Flaschen). 

HANS  JÜRGEN:  Ist  das  alles?  sind  wir  Säuglinge? 
Mehr,  Kerls! 

CURT  {springt  auf  den  Tisch):  Und  die  Besichti- 
gungen sind  wir  jetzt  los! 

ALLE:  Bravo! 

MAX  {mit  Federhalter  in  der  Hand,  klettert  umständ- 
lich, um  seine  Hosen  zu  schonen,  auf  den  Tisch)'.  Meine 
Herren,  wenn  ich  aber  in  Hamburg  noch  'n  nettes 
Mädel  treffe  .  .  .  dann  überleg'  ich  mir's  noch  .... 
Dixi  ... 

ALLE:  Hallo!  {er  wird  vom  Tisch  gezogen). 

HANS  JÜRGEN:  AUe  Mädels!    Hurra! 

GÖTZ  {tritt  ein):  Herrschaften,  am  liebste  tat  ich 
zerspringe  vor  Freud  ...  Da  draußen  wird  man  uns 
unsre  Freiheit  lasse !  .  .  .  Jugend,  genießt  die  Stunde !  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {fängt  grotesk  zu  singen  an): 
Schön  ist  die  Jugendzeit  zu  allen  Zeiten, 
Schön  ist  die  Jugend  — 

ALLE  {fallen  begeistert  mit  ein): 
Sie  kehrt  nicht  mehr. 
Drum  sag'  ichs  noch  einmal: 
Schön  ist  die  Jugendzeit, 
Schön  ist  die  Jugend, 
Sie  kehrt  nicht  mehr  .  .  . 

ERNST  {drängt  sich  während  des  Gesanges  durch 
die  Offiziere,  springt  auf  den  Tisch,  hält  ein  bis  an  den 
Rand  gefülltes  Glas  hoch  —  jubelnd,  übermutsprühend): 
Dem  Tod! 

4*  51 


ALLE  {stimmen  jubelnd  mit  ein). 

HEDWIG  {kommt  aus  dem  Saal,  umkrampft  den 
Fächer.)    Ernst ! 

OBERST  {hinter  ihr  —  zieht  sie  an  sich). 

ALLE  {weichen  etwas  zurück  —  sehen  erwartungsvoll 
auf  Ernst). 

ERNST  {sieht  Hedwig  an  —  seine  Züge  werden  un- 
erbittlich hart,  fest  —  er  leert  das  Glas,  wirft  es  auf  den 
Boden,  wo  es  klirrend  zerspringt  .  .  .  aus  dem  Saal  leise 
W  alzermusik) . 

Vorhang. 


52 


ZWEITER  AKT. 


CASINOHALLE. 

OBERST  {von  rechts,  geht  langsam  links  zur  Treffe) : 
Im  Kommandeurzimmer  bin  ich  .  .  . 
'    ECKBRECHT:  Der  Transport  ist  eingeteilt,  wann 
befehlen  Herr  Oberst  den  Abmarsch  .  .  .  ? 

OBERST:  Spät!  Die  Abschiednehmerei  auf  dem 
Bahnhof  muß  abgekürzt  werden.  —  Wie  spät  haben 
Sie's  ? 

ECKBRECHT  {sieht  nach  der  Uhr) :  Zehn  Uhr  .  .  . 

OBERST:  In  einer  Stunde  lassen  Sie  blasen  .  .  . 

ECKBRECHT:  Zu  Befehl!  —  {mit  Bezug)  ...  und 
die  Damen  ?.  .  . 

OBERST:  Ja  so!  Nein  .  .  .  ich  möchte  nicht  gestört 
sein  .  .  . 

ECKBRECHT:  Aber  Fräulein  Hedwig...  Herr 
Oberst  .  .  . 

OBERST:  Nichts  davon  Borke;  dem  Bräutigam  ge- 
hört die  letzte  Stunde  {langsam  die  Wendeltreffe  links 
herauf,  wendet  sich  nochmals  um).  Den  Pfarrer  Götz 
will  ich  sprechen  .  .  .  {ab.) 

ECKBRECHT:  Ich  werde  ihn  rufen  .  .  .  {ab,  nach 
hinten). 

{Von  rechts  Ernst,  Hans  Jürgen,  Curt,  Edgar,  Max  .  .  . 

V.   Favarger ...    v.   Benkendorff ...    v.   Bosse,    v.   Ploto 

und  andere  Offiziere.) 

MAX  {bleibt  vor  einem  Küraß  stehen,  den  er  als  Sfiegel 
benutzt). 

ALLE  {gehen  nach  hinten  .  .  .  sehen  auf  den  Kasernen- 
hof). 

V.  DOSSE:  Ihr  habt  noch  Zeit  .  .  . 

V.  PLOTO:  Is  noch  kein  Mensch  auf  dem  Kasernen- 
hof .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Also  bleiben  wir  noch!  .  .  . 

ALLE  {kommen  zurück  .  .  .  stecken  sich  Zigarren  und 
Zigaretten  an)  .  .  . 

CURT:  Max...?!  ha,  ha. 

ALLE  {lachen  über  Max). 

55 


MAX:  Wie  wir  aussehen! 

HANS  JÜRGEN:  Ja,  Donnerwetter,  wüßte  man 
nicht,  daß  es  losgeht  .  .  . 

MAX:  Maskenkostüm! 

ERNST:  Kein  Kragen  bindet  Gedanken  ab  .  .  . 

MAX:  Liederlich  sieht's  doch  darum  aus  ... 

V.  DOSSE:   Könnt'  ich  tauschen  mit  dir  .  .  . 

MAX:  Tauschen!  Tauschen!  Daß  so'n  Kopf  auf 
'nem  dazu  würdigen  Kragen  sitzt  .  .  .  darauf  kommt's 
an  .  .  . 

V.  FAVARGER  {bindet  ihm  von  rückwärts  ein  Taschen- 
tuch um  den  Hals). 

MAX  {reißt  es  sich  ah). 

ERNST:  Werden  uns  um  den  Anzug  streiten  .  .  .! 

MAX  {auf  seinen  Hals  deutend) :  Nackt,  wie  'ne  Giraffe ! 

SOLDAT  {vom  Kasernenhof  .  .  .  zu  Curt) :  Herr  Leut- 
nant möchten  die  Stiefel  der  Kompagnie  vor  dem  Ab- 
marsch nachsehn  .  .  . 

CURT:  Gleich! 

V.  FAVARGER:  Zum  letztenmal! 

ERNST:  Vom  Sattelzwang  frei!    Füllenblut  Springt! 

V.  DOSSE:  Ihr  Glücklichen  .  .  .! 

ERNST  {wirbelt  Max  herum) :  Die  ganze  Welt  gehört 
uns! 

ALLE:  Uns! 

MAX  {rückt  sich  den  Anzug  zurecht) :  Ich  finde,  man 
müßte  immer  den  Maßstab  halten  .  .  . 

EDGAR  {packt  Curt  an  den  Schultern) :  Du ! !  ! 

CURT:  Na,  na,  na,  so  stürmisch.  Kerlchen  .  .  .?? 

EDGAR  {zwischen  den  andern  .  .  .  nach  Worten 
suchend) :  Ach  .  .  .   Kinders !  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Hast  wohl  am  Kognak  gerochen  . . .  ? 

ALLE:  Ha,  ha! 

EDGAR  {steht  ernüchtert,  scheu  da  .  .  .  fängt  plötzlich 
an  zu  lachen  .  .  .  bricht  jäh  ab  .  .  .  seine  Gesichtszüge 
werden  steif.    Nach  rechts  ab). 

MAX  {pfeift  leise  den  Präsentiermarsch.,  dann) :  Stille 
Mathilde  wird  von  der  Begeisterung  gepackt. 

56 


V.  FAVARGER  (deutet  auf  Ernst,  der  inzwischen  aus 
einer  Fahnenfyramide  eine  Fahne  herausgeholt  hat  und  sie 
hoch  hält):  Seht  den  Schlichting! 

ALLE  {lachen). 

HANS  JÜRGEN:  Markierst  wohl  'ne  Siegesfigur  .  .  . 

ERNST:  Erst  in  sieben  Wochen  kann's  erste  Gefecht 


sein! 


V.  DOSSE:  Werdet  früh  genug  Pulver  riechen! 
HANS  JÜRGEN:  Ordonnanz!  .  .  .  'n  Atlas! 
CURT:   Richtig,    Kerlchen!  .  .  .   Immer   's   Gelände 

im  Kopf! 

■    HANS    JÜRGEN:    Muß    sehn,    wo    das    verfluchte 

Ländchen  liegt!  .  .  . 

CURT:  Kolumbus  war'  dein  Freund  geworden! 

ALBRECHT  {erscheint  rechts). 

HANS  JÜRGEN:  'n  Atlas!    'n  Stieler! 

ALBRECHT  {väterlich):  Herrn  Leutnants  Frau 
Mama  .  .  .  wartet .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {zu  den  andern):  Meine  gute 
Mutter!  .  .  .     Also   in   die   Bibliothek   mit   dem   Atlas! 

{Ah) 

MAX  {zu  Albrecht):  Sind  meine  Wäschepakete  ver- 
laden ? 

ALBRECHT   {lächelnd) :   Wohl,   Herr   Leutnant  .  .  . 

{ah  Kasino) 
V.  BENCKENDORFF :  Werckmeister  .  .  . 

.      MAX:  Nun? 

V.  BENCKENDORFF:  Du  hast  neulich  meine  Verse 
so  schön  deklamiert .  .  . 

MAX:  Ja,  ja,  ich  bin  ein  ganz  leidhcher  Deklama- 

teur  ... 

V.  BENCKENDORFF  {zieht  einen  Zettel  aus  dem 
{Ärmel) :  Hab'  wieder  'n  Gedicht  gemacht  .  ,  . 

MAX:  Also  .  .  .  miet'  dir  'n  Deklamateur  .  .  .!  Ich 
geh  in  den  Krieg! 

V.  BENCKENDORFF :  Auf  euch  und  den  Krieg  ist's 

gedichtet  .  .  . 

MAX:    Also  miet'  dir  'n  Deklamateur  {wütend  ab). 

57 


V.  BENCKENDORFF:  Wollt  auch  lieber  mit  raus, 
statt  zu  dichten  {hinter  ihm  ab). 

ERNST  {hat  ein  Gewehr  genommen  .  .  .  prüft  es  glück- 
lich .  .  .  legt  an.  ) 

ECKBRECHT  {klopft  ihm  auf  die  Schulter ...): 
Weißt  du,  wo  der  Pfarrer  steckt  .  .  .  ? 

ERNST:  Nein  .  .  . !  {sieht  ihn  strahlend  an.) 

ECKBRECHT:  Der  Oberst  will  von  ihm  Abschied 
nehmen  .  ,  . 

ERNST  {wiederholt  langsam,  wie  aus  einem  Traum  er- 
wachend) Abschied  nehmen  .  .  . 

ECKBRECHT:  Du! 

ERNST  {frisch) :  Das  Gewehrchen  .  .  .  Sieh,  wie  ich's 
hantieren  kann  .  .  . ! 

ECKBRECHT:  Nimm  Verstand  an  . . .  Deine  Braut . . . 

ERNST:  Fängst  du  auch  damit  an? 

ECKBRECHT:  Du  hebst  Hedwig  doch  .  .  . 

ERNST  {stellt  das  Gewehr  wieder  an  den  Platz) : 
Also  .  .  .  ich  werde  den  Pfarrer  suchen  .  .  . 

ECKBRECHT:  Du  hebst  sie  .  .  . 

ERNST  {verwirrt .  .  .  dann) :  Er  wird  im  Empfangs- 
saal sein  .  .  .  {ab  nach  rechts). 

ECKBRECHT  {hinterher). 

GÖTZ  {kommt  vom  Kasernenhof,  im  Gespräch  mit 
Harry,  der  in  Zivil  ist) :  Sie  sind  halt  e  Spielernatur  .  .  . 
des  ganze  Lebe  is  e  Spiel  .  .  .,  Verehrtester  .  .  .  Nu 
bringe  Se  aber  mal  e  Sinn  rein  .  .  . 

HARRY:  Haben  Sie  das  fertig  gekriegt  .  .  .  ?  Ha,  ha  .  .  . 

GÖTZ:  Freilich!  Verehrtester,  tat  ich's  Ihne  sonst 
sage  .  .  .  {wie  er  Stimmen  hört):  Soll  ich  Ihne  jetzt  helfe 
bei  Ihre  Kamerade  ? 

HARRY:  Ha,  ha  .  .  . 

GÖTZ:  Ha  nu,  Sie  werde  schon  allein  fertig  werden... ! 
Ich  will  Ihne  da  nit  dreinrede  .  .  .  {ab  auf  Kasernenhof). 

HARRY  {setzt  sich,  entschlossen  zu  warten,  in  eine 
dunkle  Ecke  der  Halle). 

OFFIZIERE  {kommen  zurück  .  .  .  gruppieren  sich  a?i 
einen  kleinen  Tisch,  auf  dem.  eine  Lampe  steht). 


HANS  JÜRGEN  {mit  Atlas):  Das  Zipfelchen  soll 
Südwest  sein  .  .  .  ?    Wie'n  Kotelett  sieht's  aus  .  .  . 

MAX-:  Mehr  wie  'n  Füllhorn !  Wie  das  Füllhorn  der 
Göttin  Fortuna! 

HANS  JÜRGEN:  Siehst  wohl  schon  Orden  und  Be- 
förderungen rausregnen  .  .  .  ha,  ha  ... ! 

MAX:  Das  nicht  .  .  .  aber  ich  gebe  zu,  es  könnte  eine 
gute  Vorbedeutung  haben  .  ,  . 

HANS  JÜRGEN  {über  den  Atlas) :  Hätt's  mir  größer 
gedacht .  .  . 

CURT:  Galoppierst  von  Ovambuland  zu  den  Bonzel- 
wards  —  glatt  deine  sechs  Wochen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Auf  deiner  Ziege  .  .  . 

CURT:  Mohammed!? 

V.  FAVARGER:  Gäbst  'n  guten  Pferdehändler  ab ,  .  . 

CURT:  Wo  auf  der  Welt  habt  ihr  ein  edleres  Pferd 
gesehn  r 

ERNST  {von  links) :  Wo  ist  Pfarrer  Götz  ? 

HANS  JÜRGEN  {zuckt  die  Achseln):  Deine  Braut 
sucht  dich  ,  .  , 

MAX:  Wie  'ne  Stecknadel  .  .  .,  Täubchen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Mensch  geh'  rauf  .  .  .  war  auch  bei 
meiner  guten  Mutter  .  .  . 

ERNST  (lachend) :  Laßt  mich  in  Ruhe  damit  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Uns  kann's  ja  wurscht  sein  .  .  . 

HARRY  {steht  auf). 

AlAX  {bemerkt  ihn;  über  den  Lampenschirm  weg) :  'n 
Zivilist  .  .  .  ?    Sie  verzeihen,  mein  Herr  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {geht  ein  paar  Schritte  vor). 

ALLE    {schieben  den  Lampenschirm  hoch).:   Harry  ? ! ! 

HANS  JÜRGEN:  Ha,  ha  .  .  .  Donnerwetter  .  .  .,  ich 
denk',  was  is  nu  los  .  .  .  da  kommt  doch  'n  Zivilist .  .  .! 

HARRY:  Wollt'  mich  von  Euch  verabschieden  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Gut... 

V.  FAVARGER:  Finde  es  in  Ordnung  .  .  . 

CURT:  Harrychen! 

MAX:  Hätte  gewettet,  du  wärst  in  Amerika  und 
übtest  Niggertänze. 

59 


HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter,  Mensch,  erlaube, 
daß  ich  mich  erhole  .  ,  .  ha,  ha,  ha  .  .  . 

MAX:  Sag'  mal,  was  trägst  du  denn  für  'n  Rock'.  .  .  ? 

HARRY:  Seit  acht  Tagen  den  Abschied!  Schon  ver- 
gessen .  .  .  Pardon  {will  gehen). 

HANS  JÜRGEN:  Stuß,  Bengel!    Setz  dich! 

V.  FAVÄRGER  {ihn  fr ote gierend)-.  Können  wir  etwas 
für  dich  tun  ? 

HARRY :  {sieht  sich  die  Offiziere  lächelnd  an)  Ihr  ? ! 

HANS  JÜRGEN:  Also:  Nimm  Platz! 

ERNST  {zu  Harry) :  Du  weißt :  Der  Oberst  ist  hier  .  .  . 

HARRY:  Bin  ja  Zivilist  ... 

MAX:  Schon  alle  Uniformsachen  verkloppt? 

HARRY  {zündet  sich  eine  ihm  von  Fav arger  gereichte 
Xigarette  an):  Brabanter  kann  sich  für  Villen  baun! 
Im  Grunewald!! 

HANS  JÜRGEN :  Bää  .  .  .  Dem  Juden  hast's  ge- 
geben .  .  . 

ERNST:  Bald  wird's  auf  dem  Schmerbauch  irgend- 
eines Vari^t^pförtners  ausgestellt  sein  .  .  . 

MAX:   Kintopp  .  .  .,   Kintopp  .  .  .  Ernst  .  .  . 

HARRY:  Wenn  schon  .  .  . 

ERNST:  Des  Königs  Rock  .  .  .  Schade! 

HARRY:  Kein  anderer  zahlt  für  den  Plunder  was  .  .  . 

ERNST  {stutzt  —  dann) :  Wahr !  Ohne  Herz  unterm 
Rock:   Ratten-.  .  .   Mottenfraß  ist's!  "♦ 

MAX  {der  Harry  auffällig  eine  Weile  fixiert  hat): 
Harry!!! 

HARRY:  Hm? 

MAX:  Harry!!!!! 

HARRY:  Der  bin  ich  .  .  . 

MAX:  Is  die  Möglichkeit...!  Über  Nacht  kann 
man  zum  Zivilisten  werden  .  .  .  {sieht  die  andern  Offi- 
ziere an). 

HANS  JÜRGEN:  Zum  Zivilisten  sagst  du?  .  .  . 

HARRY  {jlötet  verlegen)  .  .  . 

MAX:  Meine  Herren,  mir  rieselt  'ne  Gänsehaut 
über'n  Rücken  .  .  . 

60 


HARRY  {barsch^  um  vom  Thema  abzulenken) :  Also  zu 
den  Kaffern  wollt  ihr  heut  reisen? 

V.  FAVARGER:  Versteht  sich  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {singt  grotesk,  lustig):  Wir  fahren 
heut  nach  Afrika,  nach  Kamerun  .  .  . 

ALLE:  Nach  Angra  und  Pequena  .  .  . 

HARRY  (lustig) :  Na,  gute  Reise  .  .  ,  {dann  ernst) : 
Gute  Reise!  {Nach  kleiner  Pause):  Wißt  ihr,  Kinders: 
'ne  Gemeinheit  war's  doch  .  .  . 

ALLE  {ausweichendes  Schweigen). 

HARRY:  Wegen  der  paar  tausend  lumpigen  Kröten! 
—  gleich  den  Abschidü! 

HANS  JÜRGEN  {treuherzig):  War's  auch!  'nem 
ordentlichen  Kerl  rollt  zuweilen  das  Geld  aus  den 
Fingern!  . .  . 

ERNST:  Henner! 

HARRY:  Hm? 

ERNST:  Zieh'  Uniform  an! 

MAX:  Wo  sitzt  deine  Taille?  ... 

HARRY:  Kam  nicht  her,  um  mich  anpöbeln  zu 
lassen  ... 

CURT:  Kerlchen  .  .  .  Wie  wär's  mit  Auerglühhcht- 
lampenchauffeur  ? 

V.  FAVARGER:  Zum  Beispiel  nur. 

ALLE  {lachen). 

MAX:  Ich  gebe  zu,  die  tragen  'n  standesgemäßen 
Rock ...  ... 

ERNST:  Zieh  Uniform  an  ...      . 

HARRY  {kurz):  'n  Abend! 

ALLE:  Harry!! 

HARRY  {schon  an  der  Tür):  Kinders,  sagt's  doch: 
wenn  ihr  mich  nicht  mehr  kennt  .  .  .  geh'  ich  eben  nach 
Amerika  .  .  .  Werd'  Stiefelputzer  .  .  .  {mit  bewegter 
Stimme) :  Was  ihr  befehlt  ... 

HANS  JÜRGEN:  Verstehst  du  keinen  Spaß? 

HARRY:  Denkt  ihr  vielleicht,  ich  fühlte  mich  wohl 
in  dem  Kittel? 

ERNST:  Wir  mußten's  denken  .  .  . 

6i 


HARRY:  Ihr  mußtest's  denken  .  .  .  {feuert  seinen  Hut 
auf  die  Erde)  ha,  ha  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  O  ...  o  ...  o  ...  Der  war  doch 
noch  gut . .  . 

MAX:  {hebt  den  Hut  auf)  Seidenfutter  sogar  .  .  . 

ERNST:  Kam  dir  kein  Gedanke,  wie  du  hörtest,  daß 
wir  alle  nach  Afrika  gehen  ?  .  .  . 

HARRY:  Mir? 

ERNST:  Dir! 

MAX:  Blanke  Knöpfe  .  .  .  Litzen  ...  's  sieht  doch 
adretter  aus  .  .  .  zweierlei  Tuch  .  .  . 

ERNST:  Könntest  denselbenRock  tragen  wie  wir  . . . 

HARRY:  Und  .  .  .  {sinnt)  wenn  er  einem  verleidet 
is  .  .  . 

ALLE  {sehen  ihn  verständnislos  an). 

HANS  JÜRGEN  {schreit  ihn  an):  Bengel! 

MAX  {zu  den  andern) :  Was  sagt  er  ? 

ALLE  {entrüstet) :  Verleidet  ?!?!... 

MAX:  Der  Rock? 

HARRY  {platzt  raus) :  Freßt  mich  nur  nicht !  .  .  , 
Ich  soll  wohl  mit  euch  gehn  ?  .  .  . 

ALLE  {unisono) :  Ja  ? 

HARRY:  Das  paßte  euch!     {lacht). 

HANS  JÜRGEN:  Mensch,  wenn  du  mitkämst  nach 
Afrika  .  .  . 

V.  FAVARGER:  Ja,  Harry!  Halt's  auch  fürs  Ver- 
nünftigste .  .  . 

HARRY:  Und...  wollt  Ihr  mir  sagen,  als  was? 
als  Ochsentreiber  .  .  .  vielleicht  .  .  .  warum  nicht  als 
gemeiner  Soldat  .  .  . 

ERNST:  Mehr  kann  ein  braver  Kerl  nicht  werden  .  .  . 

HARRY  {nach  längerer  Pause):  .  .  .  Gut! 

ALLE:  Bravo! 

HARRY:  Ich  melde  mich  .  .  .! 

HANS  JÜRGEN:  Bin  nicht  sentimental  .  .  .  Aber, 
wenn  du  beim  Zivil  geblieben  wärst  .  ,  .! 

HARRY  {klopft  Hans  Jürgen  souverän  lachend  auf 
die  Schulter) :   Seh'  ich  so  aus  ?    Jochen  ? ! ! 

62 


MAX  {zu  Harry) :  Also  was  sagst  du  nun  .  .  .  ?  Die 
guten  Gedanken  kommen  immer  von  mir  .  .  . 

HARRY:  Meinst  du  .  .  .  ?  {lacht). 

MAX:  Ja,  ja  .  .  .  sonst  säßst  du  jetzt  in  Amerika  .  .  . 

ALLE  {lachen). 

HARRY:  Ihr  unterschätzt  mich!  Manchmal  fällt 
einem  auch  selber  was  ein  ,  .  , 

MAX:   So  .  .  .  ?  ?    Nu  geht  mir  'n  Talglicht   auf  .  .  . 

ALLE :  Ach  nee  ... ! 

HANS  JÜRGEN  {bieder):  Du  Aas! 

ALLE  {lachen). 

HANS  JÜRGEN  {schlägt  ihm  den  Hut  ein) :  's  nächste 
Mal  sehn  wir  dich  mit  anständiger  Kopfbedeckung 
wieder .  .  . 

HARRY:  Zu  Befehl,  meine  Herren  .  .  . 

ERNST:  Zum  Adjutanten! 

ALLE:  SchneU! 

V.  FAVARGER:  Ja,  ja  komm'  nur  mit  uns  .  .  .  Immer 
mitmachen  .  .  . !     Is  schon's  Richtigste  .  .  . 

MAX:  Bei  der  Figur  .  .  .  beim  Zivil  .  .  .!  Aus- 
geschlossen .  .  . 

ALLE  (jubelnd  ab  nach  rechts). 

EDGAR  {im  Gespräch  mit  Pfarrer  Götz  vom  Ka- 
sernenhof) :  ...  Konnt's  nicht  mehr  mit  mir  allein 
rumtragen  .  .  . 

GÖTZ:  Mich  freut  Ihr  Vertrauen  .  .  . 

EDGAR:  So  bin  ich...,  kann  aus  meiner  Haut 
nicht  raus  ,  .  . 

GÖTZ:  Alles,  was  die  Natur  erschafft  .  .  .,  hat  .  .  . 

EDGAR:  Aber  um  dieser  Freundschaft  willen  .  .  . 
zertuschelt  man  mich  ... 

GÖTZ:  Ha  nu...! 

EDGAR :  Stand  vorm  Selbstmord  schon  .  .  .  End- 
lich ,..!!!  ein  Ausweg  .  .  . !  Krieg  .  .  . ! 

GÖTZ:  Also...!!  Da  müßten  Sie  doch  jetzt 
glücklich  sein  .  .  . 

EDGAR :  Mit  jubeln  kann  ich  nicht ...  mit  den  andern .. . 
{ausbrechend) :  Einsamer  bin  ich  .  .  .,  als  je  .  .  . 

63 


"  GÖTZ :  Wer  is  nit  einsam  .  .  .  ?  Verehrtester  .  .  .  ? 
Im  letzte  Grund  sind  wir  alle  allein  ...  Jeder  von 
uns  .  .  . 

EDGAR :  Jetzt  aber  schreit's . . .  hier  nach  Menschen  . . . 

GÖTZ:  Himmelnochmal  .  .  .  bei  Licht  besehe  .  .  . 
binde  uns  doch  nur  Forme  an  Menschen  und  Ge- 
selligkeit .  .  . 

EDGAR:  Aber  sie  haben  Bedeutung!! 

GÖTZ:  Hier  .  .  .  freihch  ...  Da  drauße  .  .  .  FäUt 
alles  ab  .  .  .  Herrgottnochmal,  wie  ich  Sie  darum 
beneide  ... 

EDGAR:  Nein  .  .  .  nein  .  .  .,  draußen  ...  im  Krieg  .  .  . 
Ich  fühl's  schon  .  .  .  Erst  recht  werd'  ich  da  rumlaufen 
wie  ein  Gezeichneter  .  .  . 

GÖTZ:   Sie   behorchen   sich  selbst   viel   zu   viel  .  .  . 

EDGAR:  Meine  Natur  .  .  .! 

GÖTZ:  Sie  trage  des  Königs  Rock  .  .  . 

EDGAR :   Soll  deswegen  alles  verkümmern  ....'' 

GÖTZ:  Im  Gegenteil .  .  .  Der  Rock  beweist,  daß 
Sie  Stärkeres  im  Mark  habe  und  des  solle  Sie  leben  .  .  . ! ! 

EDGAR:  Und  preisgeben  .  .  .  {deutet  aufs  Herz) 
dies  .  .  .  ?  ? 

GÖTZ:  Lebendig  lasse  Sie's  werden  .  .  .  für  Ihre 
Beruf!  Junger  Freund,  für  einen  Mann  is  des  die 
höchste  Form  zu  lebe  .  .  .  Momente  gibt's  .  .  .,  wo 
wir  nauswachse  über  .  .  .  uns  selbst  .  .  .  und  um  solcher 
Momente  wiUe  .  .  .  sind  wir  da  .  .  . 

EDGAR  (pichtet  sich  auf):  Sie  wollen  damit  sagen, 
daß  alle  andern  einmal  auch  .  .  . 

GÖTZ:  Stehe  Sie  Ihre  Mann  da  drauße  .  .  .  fest 
auf  Ihrem  Platz  .  .  . 

EDGAR:  Sie  meinen's  gut  mit  mir  .  .  .  {zvill  gehen). 

GÖTZ  {hält  ihn  zurück^  väterlich):  Vom  Selbst- 
mord nichts  mehr  .  .  .  gelle  .  .  .  ?  Mit  so  'e  junge 
Lebe  .  .  .,  da  spielt  man  nit.  Stolz  den  Kopf  ge- 
trage  .  .  . 

EDGAR:  WiU's  versuchen  .  .  . 

GÖTZ:  Ja.    Himmelnochmal,    wolle  Sie  nur!    aufs 

64 


„wolle"  allein  kommt's  an  in  diesem  Leben  .  .  .    Und 
nun  Ihre  Hand  .  .  . 

EDGAR   {gibt   ihm  die  Hand  -^  ab   auf  den   Hof). 

GÖTZ  {im  Mantel,  in  der  Hand  einen  großen  schwarzen 
Schlapphut  —  geht  nach  vorn). 

ALBRECHT    {kommt   mit    Gasanzünder   die    Treppe 
aus  dem  Kasino  herunter). 

GÖTZ :  Na,  wo  stecke  denn  unsere  Herrn  Afrikaner  ? 

ALBRECHT:     Glaub'     in     der     Bibliothek,     Herr 
Pfarrer  .  .  . 

GÖTZ :  Wolle  Sie  etwa  Licht  daher  mache  .  .  .  ? 

ALBRECHT:  Wohl .  .  . 

GÖTZ:  Geh'  .  .  .    Lassen  Sie's  noch  e  bissei  .  .  . 

ALBRECHT:  Wohl  .  .  .  Darf  ich  mir  die  gehorsame 
Frage  erlauben  ... 

GÖTZ:  Frage  Sie  nur, 

ALBRECHT:  Der  Herr  Pfarrer  wollen  sich  wohl 
quasi  verabschieden  .  .  .  ? 

GÖTZ:  Freilich  will  ich  des  .  .  . 

ALBRECHT:  Jetzt  wird's  still  bei  uns  werden  .  .  . 

GÖTZ:  Albrecht;  wenn  so  junge  Mensche  von  uns 
ziehe,  Himmelnochmal  ...  's  geht  halt  allemal  e  Stück 
Herz  von  uns  selber  mit  .  .  . 

ALBRECHT  {lächelt):  Wohl,  Herr  Pfarrer  .  .  . 

GÖTZ  {hat  sich  links  vorn  in  einen  Sessel  gesetzt .  .  . 
sieht  vor  sich  hin  —  wischt  sich  mit  einem  Finger  im 
Auge  .  .  .). 

ALBRECHT  {hat  es  bemerkt) :  .  .  .  Wohl  .  .  .  {geht 
taktvoll  ab  ins  Kasino). 

GÖTZ  {starrt  vor  sich  hin;  Pause;  als  erwacht  er  .  .  .): 
Albrecht  ,  .  .!  {bemerkt,  daß  er  allein  ist;  versinkt  wieder 
ins  Träumen  .  .  .). 

{Max,  Hans  Jürgen,   v.  Favarger,   Gurt  und  Offiziere 
kommen  lachend  aus  dem   Kasino   die   Treppe  herunter.) 

MAX:  Der  Pfarrer! 

ALLE:  Doktorchen! 

GÖTZ  {mit  erhobenen  Armen,  strahlend):  Meine 
Herren  Afrikaner! 

5  65 


MAX  {nimmt  ihm  den  Hut  we^:  Sie  hab'n  ja  'n 
Hut,  wie'n  gewöhnlicher  Landpief! 

GÖTZ:  Herrschafte:  wie  Ihr  ausseht  .  .  .!  wie  Euch 
die  Uniforme  stehe! 

MAX  {rasch  vor  einen  Küraß):  Ach  nee! 

GÖTZ:  Prächtig! 

MAX:  Ja?!? 

GÖTZ:  Wie  junge  Kriegsgötter! 

MAX  {beruhigt):  Na,  denn  is  ja  gut  .  .  . 

CURT:  Wissen  Sie's  schon? 

HANS  JÜRGEN:  Harry  hat  sich  als  Kriegsfrei- 
williger gemeldet  .  .  . 

GÖTZ :  Geht  also  mit  Euch  ? 

V.  FAVARGER:  Kann  doch  draußen  nicht  fehlen  .  .  . 

GÖTZ:  Aufatme  tu  ich,  daß  der  wieder  bei  Euch 
is  .  .  .! 

MAX:  Also  wirklich,  Sie  finden,  daß  mir  der  Rock 
gut  steht  ... 

GÖTZ:  Herrlich! 

MAX:   Trotz   des   nur  .  .  .    markierten    Kragens  .  .  .  ? 

ALLE  {lachen). 

MAX:  Na,  denn  is  ja  gut  .  .  . 

GÖTZ:  Nu  aber  vor  alle  Dinge:  Wein  her!  Will 
noch  e  mal  anstoße  mit  Euch,  eh  Ihr  nach  Afrika 
geht  ... 

ALLE:    Gläser!     Sekt!    {gießen  sich   gegenseitig  ein). 

GÖTZ:   Nu   denkt   aber  nit,   daß  der  Pfarrer  Götz 

HANS  JÜRGEN:  Quatsch! 

GÖTZ:  Bin's  gewiß  nit  .  .  .!  aber,  wenn  ich  halt  so 
in  Stimmung  bin  .  .  . 

MAX:  Stimmung  .  .  .  Laßt  Kinder  .  .  .  auf  der 
Zunge  hatt'  ich  das  Wort  .  .  . 

GÖTZ:  Verehrteste:   Deutsches   Blut  is  geflosse  .  .  . 

MAX  {die  andern  beschwichtigend):  Doch,  doch: 
Deutsches  Blut. 

HANS  JÜRGEN:  Kuckt  weg...,  ich  werde  ganz 
rot  ... 

66 


GÖTZ:  Und  Ihr  wollt  Rächer  sein  .  .  .  {fängt  wieder 
an) :  Ja,  des  Ihr  alle  .  .  .  wie  Ihr  da  .  .  . 

MAX  (hält  ihm  den  Mund  zu) :  Sssst !  ssst !  Bei  Reden 
bin  ich  ein  begeisterter  Freund  vom  Schluß  .  .  . 

GÖTZ  (macht  sich  frei):  Was!  Himmelnochmal! 
Warum  sollt  ich  nit  aus  dem  Häusche  gerate  dürfe  .  .  . 
Ich  bin  halt  e  Schwab  .  .  .  Ich  muß  es  von  mir  gebe  .  .  . 
Stoßt  an! 

ALLE:  Bravo  ... 

ECKBRECHT  (aus  dem  Kasino) :   Herr  Pfarrer  .  .  . 

GÖTZ:  Nun? 

ECKBRECHT:  Ich  suche  Sie  .  .  .  Der  Oberst  wiU 
Ihnen  Adieu  sagen  .  .  . 

GÖTZ:  Also...  (zieht  seinen  Mantel  aus):  Herr- 
schafte Euer  Oberst,  e  Prachtsmensch  is  des  .  .  .  (auf 
der  Treppe):  Unter  Glas  müßt  Ihr  den  setze  .  .  .  (ab). 

ECKBRECHT  (hinterher  ah).  —  (Offiziere  sehen 
Götz  nach.) 

CURT:  Beneid  Euch  um  den  Pfarrer  .  .  . 

V.  DOSSE:  Werdet  draußen  viel  nach  'nen  Pfarrer 
fragen  ... 

HANS  JÜRGEN:  Bravo!  (zu  v.  Bosse). 

V.  BENCKENDORFF:  Ihr  wißt  nicht,  wie  gut 
Ihr's  habt  .  .  . 

OFFIZIERE  (die  daheim  bleiben):  Ja!  Könnten  wir 
tauschen  mit  Euch  .  .  . ! 

V.  FAVARGER:  Versteh'  nicht,  daß  Ihr  Euch  nicht 
endlich  in  die  Tatsachen  findet  .  .  . 

MAX:  Schreibt  Ihr  .  .  .  nur  viele  Ansichtskarten  .  .  . 

ALLE  (lachen). 

MISTER  (eilig  aus  dem  Kasino):  Die  Frauen  sind 
gekommen;  die  Weiber  sind  da  .  .  . 

CURT:  Vor  einem  Amen  kann  der  Teufel  nicht 
schneller  fliehn  .  .  . 

MISTER  (zu  den  Lachenden):  Was  denn  „Amen". 
Is  ja  doch  ekelhaft  .  .  .  dies  Tränenkonzert. 

ALLE  (außer  Curt):  Unsere  Damen!  (ab  ins  Kasino). 

CURT  (lacht) :  Misterchen  ... 

5*  67 


MISTER:  Wir  gehn  in  den  Krieg  .  .  .!  Gut  .  .  .! 
Stell'n  sich  die  Weiber  an  .  .  .  Wär'n  wir  man  erst 
auf  dem  Dampfer  .  .  .    Wär'n  wir  da  man  erst  oben  .  .  . 

CURT:  Lassen  Sie  nichts  zurück? 

MISTER:  Vor  mir  liegt  alles  ...  Da  hat  der  Mister 
sein  Glück.  Da  kann  einem  keiner  mehr  ins  Hand- 
werk reden.  Da  heißt's  einfach :  So  oder  so  ... !  Das 
heißt's  da  einfach  .  .  . 

CURT:  Misterchen  .  .  .,  wenn  der  Himmel  was  Be- 
sonderes mit  mir  vorhat  .  .  .  Möcht'  Sie  mal  verliebt 
sehn  dürfen  .  .  .  {beide  lachen). 

MISTER:  Verdreht!  Bin  froh...,  daß's  da  unten 
keine  Weiber  gibt  .  .  .    Gott,   froh  bin  ich  .  .  . 

HEDWIG  {kommt  mit  andern  Mädchen  von  rechts  die 
Treppe  herunter,  geht  auf  Curt  und  Mister  zu) :  Wo 
mein  Bräutigam  ist,  wissen  Sie's  ? 

CURT  {steht  sofort  auf,  höflich):  Ich  will  ihn  suchen, 
gnädiges  Fräulein. 

MÄDCHEN  {bestürmen  hinter  Hedwigs  Rücken 
Curt):  Finden  müssen  wir  ihn  .  .  .!  Unsre  arme 
Freundin  .  .  .! 

EIN  MÄDCHEN  {umarmt  plötzlich  Hedwig,  über- 
zärtlich). 

HEDWIG:  Was  feh't  dir? 

EIN  MÄDCHEN:  Wir  alle  wollen  ihn  bitten  .  .  . 

MÄDCHEN:  Daß  er  bei  dir  bleibt! 

HEDWIG:  Seid  wohl  nicht  klug!  ha,  ha  .  .  .  Gönnt 
ihr  mir  keinen  Helden  ? 

CURT  {lachend  zu  den  Mädchen):  Aus  dem  Staube 
gemacht  .  .  .,   marsch,   marsch!    {mit  den  Mädchen  ab). 

HEDWIG  {gibt  Mister  die  Hand,  sieht  ihn  an): 
Reginald !     Albemarle ! ! 

MISTER:  Was  denn  .  .  .   Gnädigste  .  .  .,  was  denn? 

HEDWIG:  Beschützen  Sie  ihn  mir...  {gibt  ihm 
kräftig  die  Hand,  die  Mister  küßt).  Adieu!  {den  andern 
rasch  nach  —  ab). 

MISTER:  Ha,  ha  .  .  .  {geht  zur  Treppe  —  ruft  leise): 
Ordonnanz!  Ordonnanz! 

68 


ALBRECHT:  Herr  Oberleutnant...?  {auf  der 
Treffe). 

MISTER:  Meine  Feldflasche  bring!  Ligt  oben  bei 
meinem  Patronengurt  {kommt  zurück^  entfaltet  am 
Tische  ein  Seidenfapier  .  .  .  nimmt  drei  Rosen  her- 
aus .  .  .).  Zur  Strafe!  Zur  Strafe  hat  sie  gasagt  .  .  . 
{schlägt  sich  vor  die  Stirn).  Ich  bin  'n  Schuft!  'n  Schuft 
bin  ich  .  .  . 

ORDONNANZ  {bringt  die  Feldflasche  —  ah). 

MISTER:  Tu's  doch!  {nimmt  die  Rosen).  Möcht' 
Euch  zerreißen  .  .  .  Küssen  muß  ich  euch  .  .  .  Hedwig! 
küssen  .  .  .  {tut  es)  küssen  .  .  .  {Man  hört  eine  Tür 
knarren,  er  horcht  auf,  preßt  die  Rosen  schnell  in  die 
Feldflasche  hin,  verschließt  sie) 

ECKBRECHT  {sehr  eilig  —  oben  auf  der   Treppe). 

MISTER:  Nun? 

ECKBRECHT:   Die   Kompagnien  müssen  antreten. 

MISTER:  Geht's  los? 

ECKBRECHT:  Bald  ...  ha,  ha  {bemerkt  die  Feld- 
flasche). Haben  sich  wohl  mit  Burgunder  versehen  .  .  . 
Schlemmer  ? 

MISTER:  Eckbrecht  .  .  . 

ECKBRECHT:  Ja? 

MISTER:  Eckbrecht,  Sie  sind  doch  Adjutant  .  .  ., 
ich  mein',  Sie  machen  doch  die  Verteilung  .  .  .  Be- 
fehle .  .  .  usw. 

ECKBRECHT:  Hm? 

MISTER:  Versprechen  Sie  mir  eins  ...  Ja?  Wollen 
Sie  es  tun  ? 

ECKBRECHT:  Sagen  Sie  es  .  .  . 

MISTER:  Wenn  es  da  unten  eine  Patrouille,  gibt  .  .  . 
So  eine,  wo  man  den  Pastor  vorher  spricht  .  .  .  Ver- 
stehen Sie  mich  .  .  .  ? 

ECKBRECHT:  Ich  will  dran  denken,  Mister! 

MISTER:  Ich  wußte  doch,  daß  Sie  'n  verständiger 
Mensch  sind  .  .  .,  das  wußte  ich  doch  .  .  . 

ECKBRECHT:  Ist  doch  selbstverständlich  .  .  . 
{ah). 

69 


MISTER  {nimmt  die  Feldflasche,  preßt  sie  fest 
zwischen  gefalteten  Händen  .  .  .,  wie  im  Gebet,  knöpft 
sie  dann  am  Leibriemen  fest  —  geht  auf  den  Kasernen- 
hof .  .  .). 

ORDONNANZ  (kommt  aus  dem  Kommandeurzimmer, 
geht  die  Treppe  eilig  hinunter  —  ab,  rechts  ins  Kasino). 

OFFIZIERE  {kommen  gleich  darauf  aus  dem  Kasino  — 
versammeln  sich  in  der  Halle  .  .  .). 

MAX:  Taschentücher  raus  .  .  .! 

ALLE  {lachen). 

MAX  {zu  V.  Benckendorff):  Könntest  jetzt  dein 
Gedicht  deklamieren  .  .  . 

HARRY  {toll  vor  Freude,  von  rechts  mit  Ernst .  .  .). 

ERNST:   Wir  haben  ihn  wieder  .  .  . 

HARRY:  Ich  geh  mit!  Kinders!  Darf  mit!  {Tür 
vom  Kommandeurzimmer  geht  auf  —  die  Offiziere  sehen 
hinauf  .  .  .). 

ALLE  {zu  Harry) :  Sst !  .  .  .  Oberst !  der  Pfarrer  .  .  . 
{deuten  nach  oben). 

HARRY:  Pfarrer?  ...  Ich  darf  wieder  mit  Euch 
gehn  .  .  .  alles  andere  schert  mich  'n  Dreck  .  .  .  {ab  auf 
den  Kasernenhof). 

ERNST  {leise):    Gönnt  ihm  den  Jubel! 

OBERST  {zum  Pfarrer  oben  auf  der  Treppe):  Habe 
Sie  alle  gebeten  .  .  .  Pfarrer  Götz  will  sich  von  uns 
verabschieden  .  .  .  Meine  Herren  .  .  .  Was  er  in  unser 
Herz  gelegt  .  .  .  Wir  woUen's  wachsen  lassen  .  .  .  Das 
sei  unser  Dank  .  .  ,    {gibt  Götz  kräftig  die  Hand  .  .  .  ah). 

ALLE:    Pfarrer!    Doktorchen! 

GÖTZ:  Himmelnochemal!  Wie  Ihr  dasteht!  Jung 
Blut  .  .  .    Für  Großes  entbrannt  .  .  . 

ERNST  {begeistert  auf  ihn  zu,  hält  ihm  seine  Hand): 
Ja  .  .  .    Pfarrer! 

GÖTZ  {schlägt  sich  vor  die  Stirn):  Kein  Schwärmer 
bist  du!  {Kommt  die  Treppe  herunter.)  Ha  nu  .  .  . 
Will  nit  viele  Worte  mache  ,  .  .  {Sagt  allen  adieu!) 
Und  .  .  ,  Die  schwarze  Teufelsbande  kauft  euch  .  .  . 
Bleibt,  wie  ich  euch  kenne  .  .  .  des  sei  mein  Abschieds- 

70 


grüß  .  .  .  (Zieht  sich  den  Mantel  an.)  Vergeßt  mich 
nit  .  .  .  {Vor  den  Offizieren:)  Des  ich's  allemal  gut  ge- 
meint hab  .  .  .  gelle  .  .  .  (Stockt.)  Herrschafte  .  .  , 
(Jn  der  Tür,  in  äußerster  Bewegung')  Himmel  —  noch- 
emal!  .  .  .    {Schnell  ah.) 

OFFIZIERE  {sehen  sich  ergriffen  an  unter  dem  Ein- 
druck des  Scheidens). 

MÄDCHEN  {unter  Hedwigs  Führung  stürmen  in  die 
Halle):    Einmal  noch  tanzen! 

OFFIZIERE  {besinnen  sich  nach  und  nach). 

MÄDCHEN  {betteln) :    Einen  Walzer  .  .  . 

GERTRUD:    Müssen  so  lang  ohne  Tänzer  sein! 

OFFIZIERE:  Los!  {Wollen  mit  den  Mädchen  in's 
Kasino.) 

ERNST  {nimmt  Hedwig  frisch  froh):  Komm  .  .  . 
{Beginnt  mit  ihr  in  der  Halle  zu  tanzen,  wie  die  andern 
es  sehen,  folgen  sie  dem  Beispiel  .  .  .  und  tanzen  paarweise 
vorbei  .  .  .) 

V,  DOSSE  {arrangiert  eine  Kapelle). 

HILDE  {im  Arm  von  Max):  HimmHsch!  Solch 
Walzer ! 

GERTRUD  {zu  v.  Favarger):    Toll!    Toller! 

V.  FAVARGER:    Ich  bin  dabei.    {Wirbelt  sie  herum.) 

HEDWIG  {zu  Ernst):    Genug! 

MAX  {zu  Hilde):  Soll'n  nur  Versteck  lernen  .  .  . 
Schwarzen  Teufel  .  ,  , 

GERTRUD  {zu  v.  Favarger):  Entzückend!  Sie  er- 
leben ein  Abenteuer. 

HANS  JÜRGEN  {tanzt  zwischen  den  Offizieren,  die 
daheim  bleiben):  Und  das  Avancement  wird  gehn,  daß 
Euch  schweindlig  wird!  .  .  . 

CURT  {tanzt  von  Mädchen  umringt):  Großartig! 
Großartig!    Ganz  großartig! 

FRAU  V.  RÜXLEBEN  {erscheint  rechts  auf  der  Treppe 
.  .  .  zu  den  Nächststehenden):  Pssst!  Pssst!  Herr  .... 
Gotte  —  ne  .  .  .!  Hört  doch  .  .  .  {Winkt  allen  außer 
Ernst  und  Hedwig,  die  weiter  tanzen,  herauf  ins  Ka- 
sino)   {Ab.) 

71 


ERNST  und  HEDWIG  {tanzen  bis  in  die  Mitte, 
Ernst  dreht  sich  noch  einmal  langsam  graziös  um  Hedwig 
herum,  bemerkt  den  Scherz,  daß  sie  allein  sind,  küßt 
Hedwig  die  Hand). 

ERNST:  Wir  wollen  ihnen  nach  .  .  .  {Will  Hedwig 
nach  oben  führen!) 

HEDWIG  {hält  ihn  zurück):    Bist  so  froh. 

ERNST  {jubelnd,  schließt  sie  in  die  Arme):  .  .  .  Mä- 
del!  .  .  . 

HEDWIG  {streicht  über  seine  Hand):  Siedle  zu  Frau 
von  Rüxleben  über. 

ERNST:     Hab's    heimlich    gewünscht    für    dich    .  .  . 

HEDWIG:    Aber  sie  wird  mich  verwöhnen  .  .  . 

ERNST:  Du  mußt  es  jetzt  gut  haben  .  .  .  {Fern 
vom  Hof  her  ein  Signal.) 

HEDWIG:    Willst  wirklich  nun   von   mir  gehen? 

ERNST:    Wenn  ich  bliebe! 

HEDWIG:    Ernst! 

ERNST:  Und  soll  weiter  heucheln  wie  bisher  — 
Könntest  du  mich  dann  noch  lieben  .  .  .  ? 

HEDWIG:    Dich  immer  .  .  .    {Küßt  ihn.) 

ERNST:  Leben  muß  ich  — ,  was  ich  bin  .  .  .! 
{Zweites  Signal  fern  auf  dem  Hofe.) 

HEDWIG  {begeistert):  Deine  Augen! 

ERNST:  Vor  diesem  Rock  soll  man  den  Hut  wieder 
ziehn ! 

HEDWIG:  Und  das  hoffst  du  dir  zu  erringen  .  .  . 
da  draußen   .  .  .  ? 

ERNST:    Ging  ich  sonst  .  .  .  Mädel!!   .  .  . 

HEDWIG:   Dann  will  ich  dich  gewiß  nicht  halten  .  .  . 

ERNST:    Du!    du! 

HEDWIG:    Wir  Krachts  haben   Soldatenblut  — 

ERNST   {küßt   ihre  Hand):     Liebte  ich  dich  sonst! 

HEDWIG  {umarmt  ihn  lachend):  Wenn  du  heim- 
kehrst .  .  .,  will  ich  mich  schadlos  halten  ... 

ERNST:    Heimkehr?! 

HEDWIG:  Natürlich!  Oder  hast  du  vor,  mich  allein 
hier  sitzen  zu  lassen  .  .  .  ? 


72 


ERNST:  Wissen  mußt  du's:  Vor  meinen  Grenadie- 
ren. Vor'm  blanken  Bajonett,  winkt's  mir  .  .  .  lockt's 
mich,  wie  Fahnenruf  ... 

HEDWIG:  Was?  {Sü  begreift  erst,  starrt  vor  sich 
hin) 

ERNST:    Hast  du  mich  verstanden  .  .  .? 

HEDWIG  {läßt  ihren  Kopf  auf  seine  Hand  sinken). 
(Im  Hintergrund,  die  Treffe  vom  Kasino  herunter,  kom- 
men   Mädchen    mit    Girlande,    Frau   v.    Rüxlehen   .  .  . 

Offiziere  .  .  .) 

ERNST  (streicht  über  ihr  Haar):  Nicht  traurig  sein! 
Hetel,  Hetelchen!  Mächtiger  ist's,  als  ich;  Natur  ver- 
langt's von  mir,  wie  atmen  .  .  . 

HEDWIG  {richtet  sich  auf) :  So  wünsch  ich  dir's  von 
ganzem  Herzen  .  .  . 

ECKBRECHT  {tritt  vom  Hof  herein  .  .  .  durch  die 
geöffnete  Tür  hört  man  deutlich,  klar:  das  Abschieds- 
signal). 

ERNST  {macht  sich  frei  .  .  .  jubelnd):    Das  Signal! 

OBERST  {oben  auf  der  Treffe). 

ECKBRECHT  {meldet  dem  Oberst):  Der  Transport 
ist  angetreten  .  .  . 

OBERST:  Danke.  Meine  Herren,  wohin  die  Pflicht 
uns  stellt  .  .  .  ehe  vdr  auseinandergehen :  Unser  oberster 
Kriegsherr:    Hurra,  hurra,  hurra  ... 

ALLE  {stimme  ein). 

OBERST:  Nun  voran  .  .  .!  {Zu  den  Offizieren,  die 
daheim  bleiben.)  Meine  Herren  .  .  .  das  nächstemal  .  .  . 
Ihre  Kraft  ... 

CURT:  Großartig  .  .  .  Kerlchens  .  .  .  ganz  groß- 
artig ... 

HANS  JÜRGEN  {zu  den  Mädchen) :  Ich  bring  euch 
'nen  ausgestopften  Herero  mit  .  .  . 

V.  DOSSE  {weinselig  lachend):  Traurig  bin  ich  .  .  . 
zu  traurig  .  .  . 

MAX:    Mir  ist  ganz  eigen  zumute  ... 

HANS  JÜRGEN  {vorn  zu  seiner  Mutter):  Meine 
gute  Mutter!    {Küßt  ihre  Hand.) 

73 


FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Kann  nu  mal  nichts  hel- 
fen .  .  .  mein  Sohn  .  .  .  Kann  nu  mal  wirklich  nichts 
helfen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Sei  nicht  traurig,  Mutter  .  .  . 
sind  bald  wieder  da  von  dem  Ausflug  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Ich  bin  alt,  Jochen.  Kann 
nu  mal  wirklich  nichts  helfen.  {Küßt  ihn  auf  die  Stirn.) 
(Offiziere  von  Damen  umringt  —  gehen  jubelnd.  Hüte 
schwenkend  an  Hedwig  vorbei  auf  den  Kasernenhof .  .  . 
unter  den  Klängen  der  Musik) : 

Muß  i  denn,  muß  i  denn 

zum  Städtel  hinaus  usw.  .  .  .).  ^  > 

OBERST  (kommt  die  Treppe  hinunter,  nimmt  Hed- 
wigs Kopf  zwischen  die  Hände):  Halt  dich  brav,  Mä- 
del!  .  .  . 

FRAU  V.  RÜXLEBEN:  Ach  Gott  nee  .  .  .  wir  sind 
nicht  aus  Zucker.    (JVischt  sich  die  Augen.) 

OBERST:  Tröstet  euch  gegenseitig  .  .  .  {Langsam 
ab  hinter  den  Offizieren.) 

ERNST  {der  sich  im  Hintergrund  gehalten):  Hetel- 
chen  ! ! !  {Preßt  sie  leidenschaftlich  an  sich,  küßt  sie  lange. 
Draußen  Musik.    Man   hört  abmarschierende   Truppen) 

ERNST  {reißt  sich  mit  Gewalt  los  .  .  .  geht  zögernd  zur 
Tür,  wo  er  stehen  bleibt,  kehrt  nochmals  um,  küßt  Hedwig 
jetzt  wild  .  .  .  stürmt  ab.  Man  sieht  die  hellerleuchtete 
Kaserne.    Der  Lärm  .  .  .die  Musik  wird  schwächer) 

HEDWIG  {steht  wie  im  Traum  da  .  .  .  ist  völlig  von 
Ernsts  plötzlich  aus  gebrochener  Leidenschaft  überwältigt 
.  .  .  streckt  beide  Arme  nach  ihm  aus  .  .  .). 

FRAU  V.  RÜXLEBEN  {packt  Hedwig  am  Arm  — 
stark) :  Ach  Gott,  nee,  wir  sind  nicht  aus  Porzellan.  {Sie 
gehen  die  Treppe  hinauf  .  .  .)    Kann  nichts  helfen  .  .  . ! 

Vorhang. 


74 


DRITTER  AKT. 


SCHIFF 

HARRY  {sitzt  auf  einem  Geländer). 

ERNST  {schläit). 

MISTER  {hält  die  Feldflasche  zwischen  den  Händen  — 
lehnt  an  einer  Treffe). 

SOLDATEN  {man  hört  schwermütig  von  weit  her  ihren 
Gesang  übers  Deck  klingen) : 

Heimatland  in  weiter  Ferne, 

Nächtlich  tauchst  du  aus  dem  Sinn. 

Über  mir,  ihr  goldnen  Sterne, 

Führt  in  Träumen  still  mich  hin.  ' 

Laßt  mich  toll'n  in  dunklen  Wäldern, 
Schaun  der  Kindheit  Rosentag, 
Als  in  bunten  Blumenfeldern 
Hoffnungsfroh  der  Knabe  lag  .  .  . 

ERNST  {steht  auf  —  hält  sich  die  Ohren  zu). 

HARRY:  Wohin? 

ERNST:  Verwünschtes  Gesinge!  ToU  macht's  mich  .  . 

MISTER:  Stört  Sie's,  Ernstel?  Das  Gesumse  stört 
Sie's  ?  ha,  ha  .  .  .  Ich  mag  die  Melodie  .  .  .  Musik  ist 
Schlaf . .  .  Oft  wenigstens  liegt  Schlaf  in  ihr,  der  süßer  ist 
als  Mohn  .  .  .  Gut  Nacht  .  .  ,  Süßer  ist  als  Mohn  .  .  . 
{summt  die  Melodie  leise  vor  sich  hin  .  .  .  schläft  ein). 

ERNST:  Beneidenswert  .  .  . 

HARRY  {tritt  vor) :  Soll  Herrn  Leutnant  an  die  Ronde 
erinnern  .  .  . 

ERNST:  Harry!  {dann):  Kannst  ja  nichts  für  {Pause). 
Glaubst  du  Träumen  ?  .  .  . 

HARRY:  Träume!  ha,  ha.  Man  kocht  zu  gut  an 
Bord  . .  . 

ERNST:  Antworte. 

HARRY:  Mir  träumte  mal,  ich  würde  ne  soHde  Seele  . .  . 

ERNST:  Ein  Schatten  ... 

HARRY:  Du  zitterst  ... 

ERNST:  Schleicht  da  kein  Schatten  hinter  mir  her  .  . .  ? 

HARRY:   Ha,  ha  .  .  . 

77 


ERNST:  {steht  wieder  auf).  Höher!  muß  höher  rauf ! 
Möcht'  mich  in  die  Sterne  hängen  .  .  . 

MISTER  {richtet  sich  auf  —  gähnt,  reibt  sich  die  Augen). 

HARRY:  Sie  wollen  wohl  die  Nacht  hier  oben  kam- 
pieren ? 

MISTER  {reckt  sich) :  Gemütlich  ist's,  wie's  vorwärts 
geht  .  .  .  Höllisch  gemütlich  ...  In  der  Bewegung  ligt 
Ruhe  .  .  .    Harry  .  .  .  nur  in  der  Bewegung  .  .  . 

SOLDATEN  {wie  vorhin) : 

Fühl  ich's  doch,  und  fühl  es  immer, 
Liebchen  wird  verlassen  sein; 
Nach  der  Heimat  komm  ich  nimmer, 
Mädel,  ach  —  ich  denke  dein  — 

MISTER:  Vom  Schätzchen  singen  sie  .  .  .  vom  Bräut- 
chen .  .  .  Dummen  Kerls!  {gähnt)  Weckt  mich  nicht 
wieder  .  .  .  Vom  Bräutchen  .  .  .  ha,  ha  .  .  .  {legt  sich 
zurück  .  .  .  schläft  ein). 

ERNST  {plötzlich  .  .  .  verzweifelt .  .  .):  Auf  den  Mast- 
baum klettre  ich  .  .  .  {ab). 

HARRY:  Wirst  dir's  Genick  brechen  .  .  .  {beugt  steh 
über  Mister).  Sakrament  .  .  .  wie'n  Murmeltier!  {Tiefe 
Stille  .  .  .  er  wirft  die  Mütze  hoch  in  die  Luft  —  klatscht 
in  die  Hände  —  fängt  sie  wieder  auf  —  nach  einer  Pause 
lacht  er  plötzlich  hell,  bezwingend  lustig  auf,  —  stürmt  ab. 
Der  Gesang  ist  ganz  leise,  unverständlich  geworden  und 
vereinigt  sich  mit  dem  eintönigen  Rauschen  der  Wellen  .  .  .) 

v.  HEIDENBERG  {Generalstabschef):  Herr  Oberst 
beschäftigen  sich  also  mit  Astronomie  ? 

OBERST:  Als  Leutnant  trieb  ich's  schon  .  .  .  blieb 
leider  nur  Dilettant !  Astronomie !  wer  lernt  da  aus  .  .  . ! 
Das  Buch  der  Weisen  ist  dort  droben  .  .  .  gern  durch- 
blättre  ich's  .  .  .  sehr  gern  .  .  .  Ein  Kapitel  steht  da 
drin  .  .  .  wer  das  begreift,  mein  guter  Heidenberg  .  .  . 
der  wird  bescheiden  .  .  .  still  ... 

V.  HEIDENBERG:  Ich  glaube,  die  Parallachse  der 
Vega  könnte  ich  noch  berechnen  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

OBERST:  Das  nun  gerade  meinte  ich  nicht  .  .  . 
{längere  Pause). 

78 


ECKBRECHT  {von  rechts,  sehr  eilig  mit  Meldung). 

OBERST:  Was  gibt's? 

ECKBRECHT:  Ein  Funkenspruch  .  .  .  Vom  Kapitän 
dies  Telegramm  .  .  . 

OBERST  {liest  es) :  Was  denn  ...  Ja,  wenn  das  wahr 
ist  {gibt  es  dem  Chef) :  Bitte,  lesen  Sie  es  .  .  . 

V.  HEIDENBERG:  Vor  unsern  ersten  120  Mann 
sollten  die  Schwarzen  schon  Reißaus  genommen  haben! 
.  .  .  Undenkbar  .  .  . ! 

OBERST:  Hm,  hm  .  .  . 

V.  HEIDENBERG:  Dann  kämen  wir  zu  spät  .  .  . 

ECKBRECHT  {stampft  unwillkürlich  mit  dem  Fuß  auf). 

OBERST:  Ha,  ha  .  .  .  zu  spät  nicht!  Wir  werden 
aber  Geduld  haben  müssen  .  ,  .  Zum  Kapitän  geh'  ich. 
{Zu  Eckbrecht) :  Bringen  Sie  Karten  und  Pläne  dorthin  .  . 

ECKBRECHT:  Zu  Befehl,  Herr  Oberst  .  .  .  {ab  nach 
links). 

OBERST:  Kommen  Sie  mit  .  .  .  {Beide  ab  nach 
rechts.) 

MAX  {hinter  der  Szene):  Womit  verbringen  Sie  sich 
denn  sonst  noch  die  Freizeit,  Junkerchen  .  .  .  ? 

JUNKER:  Mit  Literatur,  Herr  Leutnant  ... 

MAX:  Na,  das  wird  Ihnen  beim  Fußdienst  vergehn  .  .  . 

JUNKER:  Wir  sind  ja  beritten  .  .  . 

MAX:  Ganz  gleich,  ganz  gleich. 

ALLE  {lachen,  es  treten  auf  Hans  Jürgen,  Curt, 
Edgar,  sie  kommen  von  links  mit  Laternen  über  die  Treffe). 

MAX:    Ägyptische  Finsternis! 

HANS  JÜRGEN:  Frau  Luna  spart  Öl  {mit  Flasche 
im  Arni). 

V.  FAVARGER:  {singt  sein  Lied  aus  dem  ersten  Akt 
leise  vor  sich  her). 

MAX  {stutzt  flötzlich,  leise  zurück):  Pst,  Pst! 

HANS  JÜRGEN:  Pst ...  pst  ..  .  pssst,  doch! 

MAX:  Stille! 

HANS  JÜRGEN:  Psst!   Was  gibt's  denn  eigenthch? 

MAX:  Ein  Hauptabenteuer  .  .  .  Meine  Herren  .  .  . 
da  ligt  'ne  Fleischmasse 

79 


HANS  JÜRGEN:  Tritt  drauf,  wird'n  besoffener  Kuli 
sein  ... 

CURT:  Wollt  eigentlich  nach  Mohammedchen  sehn  .  . 

EDGAR:  Besorgt  .  .  . 

CURT:  Du  ?  ?  danke!    Die  Fessel  geheilt  .  .  .  ? 

EDGAR:  Hab  sie  frisch  verbunden  .  .  . 

CURT:  Kerlchen!  großartig  .  .  .  dann  bleib  ich  da  .  .  . 

MAX  {ist  vorsichtig  näher  gekommen  .  .  .):  Ein  Weib- 
chen!   Ein  Weibchen!  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Los! 

MAX:  Sssst!  doch  .  .  .    Laterne! 

V.  FAVARGER:  Da  muß  ich  dabei  sein  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Licht!  Ssst!  verdammter  Bengel! 
Licht! 

CURT:  Hier,  hier  .  .  . 

MAX  {beleuchtet):  Unser  Mister! 

CURT:  Misterchen. 

HANS  JÜRGEN:  Schnarcht  wie'n  Minister  .  .  . 

CURT:  Was  hält  er  in  gefalteten  Händen  .  .  . 

MAX:  'n  Gesangbuch  .  .  . 

HANS   JÜRGEN:   Der    fromme   Mensch,   is    überm 
Abendgebet  eingeschlafen  .  .  . 

CURT:  Kerlchen,  ne  Schnapsflasche  is  es  ja  .  .  . 

MAX  {versucht  die  Flasche  zu  öffnen) :  Was  er  wohl 
drinnen  hat  .  .  .  ? 

CURT:  Roten  Burgunder  natürlich, 

HANS  JÜRGEN :   Kenn  unsern  Reginald  doch  .  .  . 

MAX:  Leuchte,  Sssst  .  .  .  {holt  die  Rosen  heraus).   Was 
er  drin  hat  ?    Brrrrrrr  .  .  . !  seht  .  .  .  meine  Herren  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Wohl  ne  getrocknete  Fledermaus  .  . 

CURT:  Zeig,  zeig  ,  .  .  Jocheken. 

ALLE :  Oh  —  oh  —  oh  .  .  .  Rosen  .  .  . 

EDGAR  {zu  Curt) :  Laß  die  doch  .  .  . 

CURT:  Was  denn!  ... 

MAX:  Ich  kann  nicht  umhin  .  .  .  drei  Rosen. 

CURT:  Drei  Rosen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:   Wie  er  die  nur  reingewurschtelt 
hat  .  .  . 

80 


MAX:  Ein  Fakir' ist  dagegen  ein  Tropf  .  .  . 

HANS    JÜRGEN:    Drei    veritable    Rosen...     Ein 
Aroma  .  ,  . ! 

MAX:  Hab  ihn  in  Verdacht,  daß  er'n  Dichter  is  .  .  .! 

HANS  JÜRGEN:  Wenn  das  wahr  wäre,  hätt'  ich 
mich  schwer  in  ihm  getäuscht  .  .  . 

CURT:  Wie  er  schmunzelt  .  .  . 

MAX:  Schiller  roch  Begeistrung  aus  faulen  Äpfeln 
ich  komm  von  dem  Verdacht  nicht  los,  daß  er  heimlich 
'n  Dichter  ib  ... 

HANS  JÜRGEN:  So  will  ich  ihn  so  lang  hänseln, 
bis  er  diesem  Laster  abschwört .  .  . 

MAX:  Ich  hatt'  auch  Anlage  zum  Dichter  .  .  .  meine 
Amme  schnitt  mir  die  Locken  zu  früh  .  .  . 

CURT:  Mäxchen  mit  Löckchen  .  .  .! 

V.  FAVARGER :  Welcher  zeitgemäße  Mensch  machte 
keine  Liebesverse  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Schwätzerei! 

V.  FAVARGER:  Ich  habe  höhere  Ideen  über  das 
Dichter  sein  ... 

HANS  JÜRGEN:  Verdammte  Schwätzerei! 

V.  FAVARGER:  Ich  will  wieder  klare  Begriffe 
schaffen  .  .  . 

MAX:  So,  die  Feldflasche  hab  ich  versteckt... 
Woll'n  ihn  wecken  ... 

HANS  JÜRGEN:  Halt!  Auf  die  Füße  will  ich  ihm 
treten,  daß  er  denkt,  er  is  zur  Ente  geworden  .  .  . 

MAX:  Tu  das! 

HANS  JÜRGEN:  Und  keine  Neigung  mehr  zum 
Dichter  verspürst  ... 

V.  FAVARGER:  Da  bin  ich  dabei! 

MAX:  Pst!  Pst  .  .  .    Weiß  was  Besseres  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Wenn  du  was  Besseres  weißt  .  .  . 

MAX:  Auf  „3"  woU'n  wir  alle  zu  lachen  anfangen. 

HANS  JÜRGEN:  Gut.  WiU's  besorgen  .  .  .  aber  auf  4 
tret  ich  doch  zu  .  .  . 

MAX  {in  der  Rolle  eines  Kapellmeisters) :  Vorüben  .  .  . 
Leise  .  .  .  Pst  ... 

ö  8i 


HANS  JÜRGEN:  Mitmachen,  Edgar  .  .  . 

EDGAR:  Will  nicht  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Denn  nicht  .  .  . 

EDGAR:  Bin  nicht  in  Stimmung  .  .  . 

V.  FAVARGER:  {will  ihn  aufhalten  .  .  .)  Warum  denn 
nicht  .  .  .  immer  mitmachen  .  .  . 

EDGAR:  Laß..  .!  {Ah.) 

V.  FAVARGER:  Verstehe  nicht,  wie  man  nicht  in 
Stimmung  sein  kann  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Stimmung!  Eiterbeulen  an  der 
Luftröhre,  nimmt  sich  und  andern  den  .  .  .  Atem  .  .  . 

MAX  {unbeirrt):  Also:  i,  2  und  3  .  .  . 

CURT:  Hi,  hi,  hi  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Ho,  ho,  ho  .  .  . 

MAX  {der  nach  schnappt) :  Hä,  hä,  hä  .  .  .  Unser  Ter- 
zett müßte  einer  Posaune  ähneln  .  .  .  Donnern,  wie 
Zephirluft  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Also:  Eins,  zwei  —  drei  .  .  .! 

ALLE  (lachen). 

HANS  JÜRGEN  (tritt  auf  Misters  Füße). 

MISTER:  Au!  (schnellt  auf).  Verflucht!  Wohl 
meschugge,  wohl  meschugge  .  .  .  (reibt  sich  die  Augen). 

MAX:  'n  Meteor  is  vom  Himmel  gefallen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Hat  er  Ihr  Füßchen  zerquetscht? 

CURT  {jaßt  Misters  Bein  an,  der  tritt  zu,  so  daß  Curt 
zur  Seite  rollt). 
Meine  Eingeweide  .  .  .! 

MISTER:  Das  soll  wohl  witzig  sein  ,  .  . 

CURT:  Misterchen! 

HANS  JÜRGEN:  Traf  den  Falschen  .  .  . 

MISTER:  Das  is  nicht  anders  auf  dieser  Welt!  So 
den  Falschen  traf's  .  .  .  will  euch  den  Kladderadatsch 
abonnieren  .  .  .  den  will  ich  euch  abonnieren  .  .  .  (steht 
auf,  bemerkt,  daß  ihm  die  Feldflasche  fehlt) :  Wer  von  euch 
hat  das  Zeug  da  rausgenommen  .  .  .  ? 

HANS  JÜRGEN:  Was? 

MISTER:  Wer  hat  die  Rosen  rausgenommen     .  . 

HANS  JÜRGEN:  Was  für  Dinger? 

82 


MAX:  Hosen?  in  der  Schnapsflasche  .  .  .  Hosen  .  .  . 

CURT:  Kerlchen,  treiben  wohl  Wäschefetischismus? 

MI  STER :  Schockschwerenot ! 

MAX  {etwas  eingeschüchtert) :  Wer  kauft  Rosen  .  .  .  ? 
IG  Pfennig  das  Stück  .  .  . 

ALLE:  Ha,  ha  ,  .  .  ha  .  .  . 

MISTER:  Geben  Sie!    Geben  Sie  das  Zeug  her  .  .  . 

MAX:  Zum  i.,  zum  2. 

HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter!  Augenroll'n! 

MISTER:  Verbitt  mir's!  Was  soll  der  Blödsinn?  was 
soll  der  .  .  .  Verbitt  mir's !  {nimmt  mit  Gewalt  die  Rosen 
fort). 

ALLE:  Nicht  bös  sein  .  .  . 

CURT:  Stopf  Ihnen  die  Röschen  wieder  rein  ,  .  . 

MISTER  {geht  nach  hinten,  freßt  die  Rosen  schnell  an 
die  Lippen  .  .  .,  wirft  sie  dann  in  weitem  Bogen  ins 
Meer). 

HANS  JÜRGEN:  Was? 

CURT:  Warum  das? 

HANS  JÜRGEN:  Verstehn  Sie  kein'  Witz? 

MISTER:  WiU's  nicht  mehr.  Kann's  Zeug  nicht 
mehr  brauchen  .  ,  . 

MAX:  Er  schnappt  ein,  meine  Herren  .  .  . 

MISTER:  Unsinn!  hä  .  .  .  der  Blütenstaub  ist  fort  .  .  . 
habt  ja  die  Blumen  alle  in  den  Fingern  gehabt  .  .  .  der 
is  nu  fort!  {will  gehen).  Eh  man  Mumien  ausgräbt,  sie 
unter  Glas  setzt  zum  allgemeinen  Ergötzen  .  .  .  ist's 
besser  .  .  .  weg  damit  .  .  .  Das  is  besser  .  .  .  Der  Nimbus 
bleibt  dann  gewahrt  .  .  .  der  bleibt  dann  gewahrt  ^  .  . 
Kinders  .  .  .  Gut  Nacht .  .  .  {kommt  nochmals  zurück) : 
Hä  .  .  .  will  euch  übrigens  schnell  noch  was  sagen  .  .  . 
Ganz  schnell  .  .  .  Wenn's  in  die  Schlacht  geht  .  .  . 
kämpft  der  Soldat  besser  ohne  Gepäck,  da  kämpft  er 
besser  ohne  Gepäck  .  .  .  Schlauberger,  die  ihr  seid  .  .  . 
bon    soir  .  .  .    meine    Herren,  bon  soir  .  .  .  {ab). 

HANS  JÜRGEN:  Mir  gruselt's!  Wahrhaftig  'n  Dich- 
ter ..  .  {barsch)  Sekt! 

MAX:  Ja!  Champus  her! 

6'  83 


HANS  JÜRGEN:  Weiß  der  Affe,  wann  wir  wieder 
Sekt  zu  sehn  kriegen  ? 

CURT:  In  Afrika  säuft  man  ja  aus  Wasserlöchern.  .  . 

MAX:  St!  St! 

PASTOR :  {mit  Büchern  von  unten  aus  dem  Schifsraum 
—  sehr  geschäftig) :  Noch  auf,  meine  Herren  .  .  .  ? 

HANS  JÜRGEN:  Wie  Sie  sehen  .  .  . 

PASTOR:  Wo  ist  der  Herr  Kommandeur?: 

HANS  JÜRGEN:  Nicht  hier  ... 

PASTOR:  Will  nicht  stören.  Gibt  zu  tun  .  .  .  Viel 
zu  tun  .  .  .  {ab.) 

MAX:  Mit  Eichenlaub  und  Schwertern  ... 

HANS  JÜRGEN  {steht  auf  —  reicht  seine  Flasche 
herum):  Kinders!  unser  Pfarrer  Götz! 

ALLE  {stehen  auf,  trinken). 

MAX:  Wer  steht  da  im  Hintergrund? 

HARRY  {klappt  mit  dem  Sporne  zusammen). 

HANS  JÜRGEN:   Komm  doch  her,  Mensch  .  .  . 

ALLE :  Komm  .  .  . 

HARRY:  Sehr  gütig  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Wo  steckst  du  immex? 

HARRY:  Wußte  nicht,  ob  es  den  Herren  recht  ist  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Blech! 

CURT:  Bist  uns  derselbe  geblieben.  Kerlchen  .  .  . 

MAX :  Wenn  du  mir  nur  nicht  so  nach  Kommissachen 
riechen  wolltest. 

ALLE:  Ha,  ha.  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Fühlst  du  dich  denn  wohl? 

HARRY:  Ach! 

HANS  JÜRGEN:  So  .  .  .  so;  na  das  is  die  Haupt- 
sache!   Prost! 

HARRY  {steht  auf):  Prost,  Herr  Leutnant! 

HANS  JÜRGEN:  Einmal  noch  —  und  du  fligst  über 
Bord  ... 

HARRY:  Bin  so  glückhch,  daß  ich  wieder  Soldat 
bin  ... 

HANS  JÜRGEN  {gibt  ihm  die  Hand) : 

HARRY:  Bäume  könnt'  ich  ausreißen! 

H 


CURT :  Komm  mir  nicht  zu  nah,  Kerlchen  .  .  . 

MAX:  Aber  das  Odeur  .  .  .  {steht  auf). 

ALLE:  Ha,  ha. 

MAX:  Ein  Fluch  ist's,  eine  feine  Nase  zu  haben 
{ah). 

HANS  JÜRGEN :  Wo  ist  eigentUch  Ernst  Schlichting  ? 

HARRY:  Auf  den  Mastbaum  geklettert  ... 

HANS   JÜRGEN:  Paviansverwandtschaft  .  .  . 

HARRY:  Die  letzte  Nacht,  irgend  was  muß  ich  an- 
stellen .  .  .! 

ALLE:  Tollen!  sprüh'nü 

HANS  JÜRGEN:  'n  Spielchen  wollen  wir  machen  .  .  . 

HARRY:  Spielchen  {stutzt). 

HANS  JÜRGEN :  Muß  gefeiert  werden,  's  letztemal 
auf  dem  Wasser  .  .  . ! 

HARRY:  Kinders,  gibt's  denn  nichts  andres  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Wie  immer  ...  Ich  hab'  die  Bank  .  . 
{holt  Karten). 

CURT:  Spielst  du? 

HARRY:  Spielen.  .  .! 

HANS  JÜRGEN:  Einsetzen! 

HARRY :  SchließHch  .  .  .    Hier  ist's  was  andres  .  .  . ! 

CURT:  Niedlich... 

HANS  JÜRGEN:  Harry!  Einsetzen  .  .  . 

HARRY:  Hm...  .      \ 

HANS  JÜRGEN:  Zier  dich  nich! 

HARRY:  Nehmt  mir's  nicht  übel  .  . .  Rühr  keine 
Karten  mehr  an  .  .  .    Hab's  mir  geschworen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Tugendklotz. 

CURT :  Wenn  er  geschworen  hat ... 

HARRY  {wieder  lustig):  So'n  Eid!  Über  uns  steht  'n 
Fragezeichen  ... 

CURT:  Holla. 

HANS  JÜRGEN:  Holla  ...  He!  Da  weht  ja  'ne 
Schürze  ran  ... 

MAX:  'ne  Nixe  gefangen  (r«/?). 

MÄDCHEN:  Nein!  Nein!  .  .  .  nein! 

MAX :  Artig.    Mädel  ... 

85 


HARRY  {lebhaft  interessiert):  Fürs  Nixlein  Platz! 

MAX:  Wie  heißt  du?  {setzt  sich  neben  sie). 

MÄDCHEN:  Mein  Herr! 

HARRY:  Keine  Ahnung!  Gnädiges  Fräulein  ,  .  . 
{kniet  lachend).    Nomina  sunt  odiosa.    Nicht? 

MÄDCHEN :  Nein  {entrüstet,  da  nicht  verstanden,  mit 
Bedeutung). 

HARRY:  Nein? 

MÄDCHEN  {schneit) :  Doch  .  .  .  doch  .  .  . 

MAX  {will  Harry  verdrängen):  Mit  deinen  Zauber- 
formeln .  .  . 

HARRY:  Gnädigste  .  .  .    Eine  Figur  .  .  .! 

MÄDCHEN:  Sie  sind  sehr  schmeichelhaft,  mein 
Herr  .  .  .  {außer  sich). 

MAX:  Verteufelt  .  .  .    Bin  schon  wieder  verliebt  .  .  . 

ALLE:  Ha,  ha,  ha  .  .  . 

HARRY:  Ein  Händchen:  Tatschel!  Tatschel! 

MÄDCHEN:  Gott,  nun  ja  . .  . 

HARRY:  Schon  verlobt? 

MÄDCHEN :  Mein  Herr ...  Sie  bemerken  auch  alles . . . 

HARRY :  Sollt'  mich  doch  wundern,  wenn  solch  nied- 
liches Wesen  sitzen  blieb'  .  .  . 

MÄDCHEN:  Nun  ja  .  .  .  ich  hab'  kein  Muttermal 
und  keinen  Leberfleck. 

MAX:  Deine  Augen  .  .  . 

CURT:  Meerweibchen  haben  besondere  Augen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Ich  kenne  bei  Mädels  nur  zwei  .  . . 
Sorten:  „Ja"  oder  „nein".    Dazwischen:  Phantasterei! 

MAX:  Was?  Schnuckelchen  {küßt  sie). 

MÄDCHEN :  Sie  sind  so  dreist,  mein  Herr  .  . .  Nicht 
doch  .  .  . 

HARRY:  Ja  doch  {küßt  sie). 

MÄDCHEN:  Wie  wonnig  is  die  Nacht! 

HANS  JÜRGEN:  Kunststück! 

MAX:  Ich  sitz'  so  gern  ganz  vorn  im  Bug  .  .  . 

MÄDCHEN:  Ich  auch. 

MAX:  Im  Wellengischt  .  .  . 

MÄDCHEN:  Ich  auch... 

86 


MAX:  Wollen  wir  hin  .  .  .  ? 

MÄDCHEN:  Ja...!! 

HANS  JÜRGEN:  Verloren!    Rettungslos! 

HARRY:  In  der  Bluse!  Bei  dem  Wind!  Weiß  'n 
besseren  Raum.    Mollig  .  .  . 

MÄDCHEN:  O  Sie! 

MAX  {Vorgesetzter) :  Der  Kriegsfreiwillige  .  .  . 

HARRY:  Herr  Leutnant? 

MAX :  Loslassen  .  .  . ! 

HARRY  {stellt  sich  zur  Wahl  auf) :  Nun  ? 

V.  FAVARGER  {stellt  sich  vor  das  Mädchen,  lacht  sie 
an) :  Nun  .  .  .  ? 

MÄDCHEN :  {zu  Harry)  Sie  haben  so  viel  Lebensart . . . 

HARRY:  {schiebt  v.  Favarger  beiseite)  Ihre  Liebens- 
würdigkeit wird  nur  durch  Ihre  Schönheit  über- 
troffen .  .  .  {beide  lachend  ab). 

MAX:  Trotz  des  Odeurs.  {Dann  zu  v.  Favarger): 
Und  du  läßt  dich  so  einfach  beiseite  schieben  .  .  .  ? 

V.  FAVARGER  q,acht  wieder):  Mt&  Lied:  Man  glaubt 
zu  schieben  und  man  wird  geschoben. 

MAX:  Dann  willst  du  'n  Dichter  sein  .  .  .  Ein 
Schieber  bist  du! 

V.  FAVARGER:  Ha,  ha,  ha! 

MAX  {ihn  vor  Wut  nachmachend):  Hä,  hä  .  .  . 

V.  FAVARGER  {unbeirrt) :  Ha,  ha  .  .  .  ha  .  .  . 

MAX:  Lach  nicht  .  .  .! 

V.  FAVARGER:  Ha,  ha  ...  ha  ..  . 

MAX:  Mach  mich  nicht  rasend. 

HANS  JÜRGEN  {zur  Ordonnanz,  die  Sekt  bringt): 
Hast  du  den  Magen  im  Gleichgewicht  ? 

ORDONNANZ:  Wohl. 

HANS  JÜRGEN:  Kannst  du  noch  satteln? 

ORDONNANZ:  Wohl. 

CURT:  'ne  Kandarrhe  ins  Matd  legen? 

HANS  JÜRGEN:  Oder  hast  du  mit  deiner  Seekrank- 
heit alles  über  Bord  gespien  ? 

CURT:  Da  hängt  das  Zaumzeug  ... 

HANS  JÜRGEN:  Die  Kiste  zäum  auf  .  .  . 

87 


MAX:  Ja:  Los!  Aufgesessen...  So'n  Weib!... 
So'n  .  ,  .  man  läßt  sich  eben  immer  'ne  Nase  machen  .  .  . 

V.  FAVARGER:  Ha,  ha  .  .  . 

MAX  {hilflos):  Gott  .  .  .  Du  hast  ja  ne  ganz  gewöhn- 
liche Lache  am  Leib  .  .  .  Das  kann  mich  doch  nicht 
irritieren.  {Dicht  vor  v.  Favarger) :  Mich  nicht  .  .  . ! 
Hörst  du  .  .  .t 

V.  FAVARGER:  Ha,  ha  .  .  . 

MAX  {außer  sich  —  dann  schnell  zur  Ordonnanz.) 
Also:  Los!  .  .  .  Rauf! 

HANS  JÜRGEN:  Annahme:  Das  Meer  da  .  .  .  sind 
die  Schwarzen  .  .  .    Nu  los! 

CURT:  'ne  Attacke  vorreiten  .  .  . 

ORDONNANZ:  Wohl,  Herr  Leutnant . . .  {unbeholfen). 

CURT :  Wo  legst  du  das  Zaumzeug  an  ? 

HANS  JÜRGEN:  Da  sitzt  der  Schwanz  doch  .  .  . 

MAX:  Andersrum  den  Sattel. 

CURT:  Gut,  daß  ich  dir  nicht  den  Mohammed  an- 
vertraut habe  ... 

MAX:  Schenkel  ran  .  .  .    Schenkel  dreist  ran  ... 

HANS  JÜRGEN:  Im  Sattel  sitzt  er  wie  der  Papst  in 
Spanien ...  ^ 

MAX:  Nun  brülle!  Löwenmut! 

HANS  JÜRGEN :  Lustig !  Lustig ! 

CURT:  Er  müßte  ein  patriotisches  Liedchen  singen  .  . 

ORDONNANZ  {singt  dreist  los):  Komm,  Karlinken, 
komm  usw. 

ALLE  {lachen  unbändig  über  die  komische  Figur). 

EIN  OFFIZIER  {Regieweisung:  Dieser  Offizier  ist 
ohne  jegliche  Mystik  zu  spielen.  Im  Gegenteil,  je  natür- 
licher er  dasteht  in  seiner  Angst,  die  ihn  über  das  Deck 
ruhlos  treibt  —  um  so  stärker  wird  er  wirken,  in  Kreis 
und  Bild  oberflächlichsten  Humors  der  jungen  Leutnants. 
Nur  so  kann  in  der  Figur  dieses  Offiziers  das  heraus- 
kommen, was  beabsichtigt  ist) 

EIN  OFFIZIER  {im  Mantel,  hochgeschlagenem  Kragen, 
stellt  sich  in  den  Kreis,  die  andern  stutzen  einen  Moment). 

OFFIZIER:  Darf  man  sich  zu  Ihnen  setzen?     - 

88 


ALLE :  Selbstredend  ... 
HANS  JÜRGEN:  Trinken  Sie  'n  Gläschen? 
OFFIZIER:   Gern  ...    {trinkt  2  Gläser  hastig   aus). 
ALLE  {sehen  ihn  erstaunt  an  .  .  .). 
MAX:  Die  Salzluft  macht  Durst  .  .  .  ? 
OFFIZIER:  Ha,  ha  .  .  .  wer  könnte  ihn  löschen  .  .  . 
{trinkt).    Meine  Herren,  glauben  Sie  wohl,  .  .  .  daß  wir 
gleich  drankommen  .  .  .  ? 

HANS  JÜRGEN:  Na,  aber  feste,  hoff  ich. 
OFFIZIER:  Wie  lang  haben  wir  da  wohl  noch? 
HANS  JÜRGEN:  8  Tage  ... 

MAX :  I  .  .  .  können  wir  alle  längst  ins  Gras  gebissen 
haben  ... 

OFFIZIER:  {steht  auf  .  .  .,  geht  ab). 
CURT  {schlägt  sich  den  Kragen  hoch). 
MAX:  Flegel! 

HANS  JÜRGEN :  Sind  das  schon  afrikanische  Manie- 
ren! Kinders,  was  sagt  ihr  jetzt  zu  meinem  Tauben- 
durst, wo  diese  Nachtmotte  davon  ist. 

MAX:  Könnt'  das  Meer  austrinken.    Jeder  Tropfen 
wird  wieder  als  Träne  verdunsten  ... 
HANS  JÜRGEN:  Was  ist  los  mit  ihm? 
MAX:  .  .  .  Angst  ... 

HANS  JÜRGEN:    Armer  Kerl!     So  —so  — .   .  .  . 
So  —  so  .  .  .  {kleine  Pause).    Na,  nu  red'  doch  wieder 
einer   'nen   Ton!  .  .  ,    He!    Curt! 
CURT:  Laß! 
HANS  JÜRGEN:  Max! 
MAX:  Hm? 

HANS  JÜRGEN   {zu  Gurt,   der  sich  fest  inr  seinen 
Mantel  wickelt):  W3i$  hast  du  denn? 
•   CURT:    Hast    du    mal    wa-s    von    Vorausahnen    ge- 
hört? 

V.   FAVARGER  {lacht):  So  was  gibts:.  Spiritismus!! 
Doch!  doch!    Hab's  selbst  mal  gelesen  .  .  .! 
HANS  JÜRGEN:  Spintisierst  wohl? 
CURT:  Nun,  wenn  du  noch  nichts  von  Vorausahnen 
gehört  hast  ...  -  ■      :         . 

89 


'ff-  A  MM&i  ji'sil's^risi 


HANS  JÜRGEN  {faßt  ihn  scherzend  unters  Kinn): 
Na,  Bengel,  was  ahnst  du  denn  voraus  ? 

CURT  (geheimnisvoll^  aber  bestimmt):  Wer  von  uns 
fallen  wird.  Guter  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Ich  sitze.  Warum  soll  ich  fallen? 
Sitze  auf  der  ganzen  Fläche  .  .  .  ha,  ha  .  .  .  ha! 

OFFIZIER  [kommt  zurück  —  lacht  gezwungen  — 
geht  zurück,  an  ihnen  vorbei  nach  rechts). 

HANS  JÜRGEN  {sieht  ihm  jetzt  auch  erstaunt 
nach). 

CURT:  Bleib  nur  auf  deiner  Fläche,  Häschen  .  .  . 
Hat  er  nicht  Augen  wie  Calchas  .  .  .  ? 

HANS  JÜRGEN  {leise,  zögernd) :  Was  für'n  As  ?  Von 
was  für'n  Calch — as  sprichst  du,  Mensch  ? 

CURT:  Von  dem,  der  vorhersah  .  .  .,  wen  der  Tod 
gezeichnet  hat  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Ich  verstehe  von  Malerei  blut- 
wenig .  .  .  aber  wenn  du  mir  so  kommst  .  .  .,  Donner- 
wetter! Sterben!  wer  denkt  ans  Sterben!  Du  spintisierst, 
B  engelchen ! 

MAX  {lacht  gezwungen). 

HANS  JÜRGEN  {zu  Max) :  Ist  der  Curt  nicht  ver- 
dreht ?  Ha,  ha  .  .  .  {zu  Curt) :  Wen  hat  denn  dein  Calch- 
As  besonders  aufs  Korn  genommen? 

CURT:  Kerlchen,  wenn  du  noch  nichts  von  Voraus- 
ahnen gehört  hast! 

HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter  .  .  .  Was  störst  du 
unsern  Humor !  War  wohl  gar  der  lebendige  Tod !  Was  ? 
ha,  ha  .  .  .   Na  nu  hört  mir  bloß  auf  ... 

OFFIZIER  {nimmt  ein  Glas,  tritt  hervor,  entschuldigt 
gewissermaßen  seine  Unhöflichkeit  von  vorher) :  Nichts  für 
ungut,  meine  Herren  .  .  .  auf  künftige  Kameradschaft  .  .  . 
{bemerkt  die  verstörten  Gesichter,  lacht,  stellt  diesmal 
das  Glas  sorglich  an  seinen  Platz  —  ab). 

HANS  JÜRGEN  {starrt  ihm  nach). 

CURT  {zu  Max):  Bist  ja  auch  so  still  geworden. 

MAX:  O,  nur  so  .  .  . 

CURT:  So  nur  so,  ha,  ha  .  .  . 

90 


■^ 


MAX :  Ob  wohl  die  Post  schon  in  Hamburg  is  ? 

CURT:  Kerkhen. 

MAX:  Was  grinst  du? 

CURT:  O,  nur  so. 

MAX :  So,  so.  Wenn  der  Aufstand  nun  schon  vorbei 
war'  .  .  .  und  wir  führen  gleich  wieder  heim  .  .  . 

CURT:  Hm. 

MAX:  Was:  Hm?! 

CURT:  Na,  Teufel:  Hm! 

MAX:  Versteh  dich,  Curt. 

CURT:  Der  Kasernenhof  hatte  viel  Gutes  an  sich. 

MAX:  Aber  einen  Löwen  hätte  ich  doch  gern  ge- 
schossen   

CURT:  Kauf  dir  'n  Löwenfell,  Mäxchen  .  .  .  Binde 
den  Leuten  'n  Bären  auf  ... 

MAX:  'n  Bären  sagst  du? 

CURT:  Erzählst,  du  hättest  den  Löwen  geschossen. 

MAX:  Gut,  Curt  .  .  .,  das  will  ich  tun  .  .  . 
{Beide  ab.) 

V.  FAVARGER  {hinterher  ab,  indem  er  die  Melodie 
aus  dem  I.  Akt  vor  sich  hin  trällert .  .  .). 

HANS  JÜRGEN:  Geht  ihr?  Seid  verdreht!  Curt! 
Mensch  .  .  .  Seit  wann  betreibst  du  das  Spintisieren, 
ha,  ha.  (Wird  plötzlich  still,  dann  unnatürlich) :  Ha  .  .  . 
ha  .  .  .  ha  .  .  .    {Dann  wieder  still.) 

HARRY  (mit  Mädchen):  Allein? 

HANS  JÜRGEN:  Ja. 

HARRY:  Nixlein,  wir  stören  {will  gehen). 

HANS  JÜRGEN:  Ihr  stört?  {gießt  Sekt  ein).  Ver- 
dammtes Spintisieren  . . . !  Auf  Eure  Hochzeitsnacht ! 
{singt): 

Immer  in  die  Kehle  rein 

Mit  dem  süßen  Champuswein  .  .  . 

Abstinenzler  und  Philister, 

Mögt  ihr  auf  den  Himmel  hoffen. 

Bleibt  doch  traurige  Geschwister, 

Habt  euch  niemals  recht  besoffen, 

HARRY  (jällt  ein): 

91 


Darum  immer  lustig  rein  ... 

Mit  dem  süßen  Champuswein  .  .  .      - 

ERNST:  Von  weit  her  stört  ihr  die  Feier  der 
Nacht  .  .  .   ^^ 

HANS  JÜRGEN  {Sektflasche  in  der  Hand,  setzt  sich 
breit  auf  die  Kiste) : 

Darum  immer  lustig  rein 

Mit  dem  süßen  Champuswein  .  .  . 

ERNST:  Teufel!  Sauft  Sekt  in  der  Messe  so  viel  ihr 
wollt!  Aber  laßt  einem  'nen  Platz,  wo  man  seinen  Ge- 
danken  nachgehen  kann. 

HANS  JÜRGEN:  Mondanbeter! 

HARRY:  Wenn  man  Nachtigallen  Pfeffer  streut  .  .  . 
ha,  ha. 

HANS  JÜRGEN:  Weiß  ein  Schlupfloch,  die  Nacht 
ist  noch  lang  {will  mit  Harry  und  Mädchen  ab). 

ERNST  {kurz):  Harry! 

HARRY  {kehrt  um) :  Jawohl  .  .  .  ?  {Hans  Jürgen, 
Mädchen  ab.) 

ERNST:  Wann  ist  die  Ronde .? 

HARRY:  Um  2  Uhr. 

ERNST:  Endlose  Fahrerei  ..  .! 

HARRY:  Es  will  nicht  Morgen  werden. 

ERNST:  Die  Minuten,  möcht'  sie  vorwärts  peit- 
schen. • 

HARRY :  Ich  vertrieb  mir  die  Zeit  ... 

ERNST:  Bewundere  dich. 

HARRY:  Kein  Grund  ... 

ERNST:  Wie  'n  Stehaufmännchen! 

HARRY:  Das  sollte  jeder  Mensch  sein  .  .  . 

ERNST:  Sollte! 

HARRY:  In  uns  liegt  aller  Humor  ... 

ERNST:  Und  aUe  Tragik  .  .  . 

HARRY:  Bravo!  Kommt  nur  d'rauf  an,  's  Rechte 
an  die  Sonne  zu  führen!  ... 

ERNST  {nachdenklich) :  Philosoph  .  .  .  {Pause)  .  .  .  Gut 
Nacht  ... 

HARRY  {bleibt  stehen,  zündet  sich  eine  Zigarette  an). 

92 


ERNST  {kommt  zurück^  vefändM  im  Tonfall) :  Fürchte 
mich! 

HARRY:  Oh,  oh,  oh. 

ERNST  (^plötzlich  verzweifelt) :  Lache !  Harry !  Lache ! 

HARRY:  Mit  Hiimpr  hat  das  nichts  zu  tun  ... 

ERNST:  Mich  verfolgt  ein  Gespenst  .  ,  . 

HARRY:  Dich  ? . . .  Welchem  Sterblichen  folgte  keins  ? 

ERNST:  Nenn's,  wie  du  willst  .  .  .Mich  hetzt  das 
Bild  meiner  Braut ... 

HARRY:  Hier  auf  dem  Schiff'.  .  .? 

ERNST:  Rumgerast  bin  ich  .  .  .  bis  zu  den  Ratten  ..  . 
dem  Loch,  wo  die  Schrauben  sich  drehn  .  .  . 

HARRY:  Ich  begleit'  dich! 

ERNST  {sieht  ihm  ins  Auge)  x  Wenn  sie  litt . ...  Werd' 
noch  verrückt !  Litt  um  mich  .  .  .  {Kopf  an  seiner  Brust.) 

HARRY:  Kümmere  dich  nicht  um  Vergangenes  .  .  . 

ERNST:    Ein    Heldenmädel!     So    weiblich    dabei ! 
Harry  ...    So  was  Leuchtendes  ... 

HARRY:  Wenn  der  Weg  steil  wird,  sieht  man  sich 
besser  nicht  um  ... 

ERNST  {besinnt  sich  —  dann  kurz) :  Gehn  wir  ... 

HARRY:  Gut... 

ERNST  {bleibt  stehen) :  Glaubst  du,  daß  wir's  erleben  ? 

HARRY:  Zuversichtlich! 

ERNST:  Ja?    Daß  wir  hinkommen  ins  Gefecht? 

HARRY:  Warum  fragst  du  mich? 

ERNST  {kindlich):  Weil  du  'n  Glückskind  bist .  .  .! 

HARRY:  Denk'  mal .  .  .   Habe  dasselbe  Gefühl .  .  . 

ERNST:  Wenn,  ich's  nun  aber  night  finde  .  .  .    Frei- 
heit! Tat!  ... 

HARRY:  Verdammtes  Grübeln! 

ERNST:  Hätt'  ich  so  leichten  Sinn,  wie  du! 

HARRY:  Was  ? !  Mich  hetzen  Begierden,  toller  als  sonst 
einen!  Horrido!  Lustige  Jagd!  Wer  kommt  zuerst  an ? 
.  ERNST:  Verwegene  Kraft,  woher  ? 
.  HARRY.  (Ää/^  Ernst  seinen  Arm  hin);  Die  Muskel  fühl: 
ha,  ha  .  .  .  Da  steckt's  Geheimnis  .  .  . !  Bengel :  wir  s i n d 
jung!!!!! 

93 


ERNST:  Is  das  dein  Humor? 

HARRY:  Er  gibt  uns  Flügel! 

ERNST  {stark):  Zur  Ronde  .  .  . 

HARRY  {im  Gehen):  Glücken  muß  alles!  Will  doch 
wieder  Leutnant  werden  ...  ha  ...  ha  ..  . 

{Beide  ab.) 

PASTOR  {im  Gespräch  mit  dem  Oberst) :  Herr  Oberst 
wünschen  morgen  den  Feldgottesdienst :  kurz  .  .  .  ? 

OBERST:  Kernig  .  .  . 

PASTOR:  Bei  Beginn  eines  Krieges?  und  ohne 
Liturgie  ? 

OBERST:  Ja. 

PASTOR:  Soll  auch  das  Glaubensbekenntnis  fort- 
fallen .  .  .  wie?  ...  ja?  Verzeihung,  's  läßt  sich  schwer 
einrichten  .  .  . 

OBERST:  Richten  Sie  es  bitte  ein  .  .  . 

PASTOR:  Haben  Herr  Oberst  schon  den  Psalm  .  .  . 
den  Text  gewählt  .  .  . 

OBERST:  Sehn  Sie  doch  einmal  zum  Himmel  auf  .  .  . 

PASTOR:  Aber  ich  müßte  doch  über  einen  symboli- 
sierenden Text  sprechen  .  .  . 

OBERST  {würdevoll):  Machen  Sie  es  doch,  wie  Sie 
wollen. 

PASTOR  {taktlos):  Herr  Oberst! 

OBERST:  Hm? 

YAST^OK  {salbungsvoll):  Seit  Tagen  bemerke  ich,  wie 
die  schwere  Verantwortung  dieses  ungeheuerlichen  Krieges 
Ihr  Gemüt  beunruhigt  .  .  .  quält .  .  .  Herr  Oberst .  .  . 
Trost  .  .  .  Kraft  ...  im  Wort  Gottes  .  .  .  Buch  Hiob  .  .  . 

OBERST:  Mein  Generalstabschef  hatte  noch  Befehle 
für  Sie. 

PASTOR:  Ja,  ich  mein'  .  .  .  {zögernd  ab  unter  Deck). 

OBERST  {sieht  ihm  lächelnd  nach  .  .  .  Reckt  sich 
dann  wie  unter  einer  schweren  Last  auf  zur  vollen 
Größe  .  .  .  Stramm,  gerade,  so  sieht  er  in  den  unendlichen 
WHtenraum  hinein.  Sein  Kopf  sinkt  ihm  wie  vor  der 
Heiligkeit  eines  Mysteriums  erschauernd  auf  die  Brust  .  .  . 
er  fällt  in  die  Knie.    Längere  Pause). 

94 


ECKBRECHT  {eifrig) :  Herr  Oberst  suchen  etwas  ? 

OBERST  {schaut  auf):  Mein  Kneifer!   Danke!  danke! 

ECKBRECHT:  Albydill!  Licht! 

MISTER:  Die  Laterne!  {leuchtet). 

OBERST:  Hier!  {steht  auf).  Vergeßt  den  Schlaf 
nicht  .  .  .  {grüßt,  ab). 

ECKBRECHT  {sieht  ihm  nach):  Leicht  wird's  ihm 
auch  nicht. 

MISTER:  Und  sein  Entschluß  steht  fest! 

ECKBRECHT  {breitet  Karten  aus  auf  der  Erde,  kniet 
bei  der  Laterne) :  Da  ,  ,  .  hinter  den  großen  Büschen  sollen 
die  Schwarzen  jetzt  an  den  Wasserlöchern  stehen  .  .  . 

MISTER:  Nu  sagen  Sie  bloß,  Menschenskind,  und  er 
will  warten  mit  dem  Angriff,  bis  alle  Transporte  da 
sind  .  .  .   Was  ?  so  lang  will  er  warten  ? 

ECKBRECHT:  Ich  fürchte  ...  's  gibt  mal  wieder 
'ne  starke  Geduldsprobe  .  .  . 

MISTER:  Also,  ich  würde  draufgehn  . . .  Feste  drein- 
hauen  .  .  .  auf  die  Bande  ... 

ERNST -(m  Dienstanzug  —  auf  seinem  Rondengang, 
mit  kleiner  Laterne):  Wovon  sprecht  Ihr? 

ECKBRECHT:  Hast  du  mich  erschrocken  .  .  . 

MISTER:  Ernstel  .  .  .  auf  dem  Rondegang? 

ERNST:  Ja  .  ,  . 

MISTER:  Na,  riechen  Sie  den  Wüstenwind  .  ,  . 
Riechen  Sie  den  schon  .  .  . 

ERNST:  Was  sollen  die  Karten  ?  .  .  .  Ist  ein  Schlacht- 
plan gemacht?  Weißt  du  Befehle?  Sprich  doch  end- 
lich .  .  . 

MISTER  {ärgerlich):  Hm  .  .  . 

ECKBRECHT  {abweisend) :  Hm,  hm  .  .  . 

MISTER:  Sind  Sie  im  BUde,  Ernstel? 

ERNST  {plötzlich  betroffen):  Was  soll  das  heißen? 

ECKBRECHT:  Vorläufig  wiU  der  Oberst  jedes  Ge- 
fecht vermeiden  ... 

ERNST:  Eckbrecht!!! 

ECKBRECHT:  Lies  den  Funkenspruch  .  .  . 

ERNST  {überfliegt  ^z):  Nein! 

95 


ECKBRECHT:  Gib,  gib! 

ERNST:  Was  geschieht  nun? 

ECKBRECHT:  Sind  vorläufig  nur  zur  Sicherheit 
da  .  .  . 

ERNST:  Was  .  .  .!!!  Geht  das  Spiel  von  neuem 
los!!!  -  •  . 

ECKBRECHT:  Ich  muß  fort  .  .  .  Hab'  noch  für  die 
Befehlsverteilung  zu  arbeiten  ... 

ERNST:  Polizeitruppen  sollen  wir  sein...  Ha, 
hahä ... 

ECKBRECHT:  Wenn's  jemand  hört  .  .  .  Bist  du  toU! 
{rasch  ab). 

ERNST  (g^ÄZ  außer  sich):   Ich  mach  nicht  mit! 

MISTER:  Werden  Wu  eben  Farmer...  Bauen 
Kohl  .  .  Kartoffeln  .  .  .  wenn's  mit  dem  Geschieße 
nichts  wird  .  .  .  baun  wir  eben  Kohl .  .  .  ~ 

ERNST  {reißt  sich  plötzlich  den  Rock  auf):  's  würgt! 

MISTER:  Seien  Sie  bloß  verständig  .  .  .,  Ernstel  .  .  . 
Verständig  soll'n  Sie  sein  ... 

ERNST:  Fort!  {Bewegungslos  K off  in  verschränkten 
Armen  an  der\  Treffe.) 

MISTER:  Fahren  Sie  eben  zum  Bräutchen  zurück  .  .  . 
Fahren  dahin  zurück  ... 

ERNST  (bewegungslos). 

MISTER:  Kräht  doch  kein  Hahn  nach  ...  ob  wir 
kämpfen  oder  nicht .  .  .  Verständig  sein,  Ernstel.  Mit 
Ihrer  Begeisterung!  Hab' Sie  immer  gewarnt!  Nüchtern 
muß  der  Mensch  sein!  Der  moderne  Mensch,  Ernstel, 
muß  nüchtern  denken !  Nun  kommen  Sie  zur  Ronde  .  .  . 

ERNST  {geht  dum  ff  neben  Mister). 

MISTER:  Ulkiger  Kauz  .  .  .  ganz  ulkiger  Kauz' sind 
Sie  doch  ... 

ERNST  {breitet  beide  Arme  aus):  Hedwig!  {sinkt  um). 

MISTER  {fängt  ihn  auf;  in  ihm  wird  aller  Schmerz 
wachgerüttelt  .  .  .  leise) :  Hedwig  ... 

HANS  JÜRGEN  {leise  summend) :  Darum  immer  lustig 
rein  usw.  usw. 

CURT:  Misterchen! 

96 


HANS  JÜRGEN:  Der  Mondanbeter???  ha,  ha  .  .  . 
MISTER   (tonlos):   Wir   wollen   ihn   in    die    Kabine 
tragen  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter,  is  er  seekrank  ge- 
worden ? 

V.  FAVARGER:  EngHsch  Riechsalz  .  .  . 

MISTER:  Helft! 

GURT:  Was  hast  du,  Jocheken? 

HANS  JÜRGEN  {starrt  auf  den  Offizier,  der  regungs- 
los dasteht  in  grauem  Umhang  ~  vom  Mond  matt  be- 
leuchtet). 

ALLE  {heben  Ernst  rasch  auf  —  tragen  ihn  fort,  indem 
sie  auf  den  Offizier  starren). 

GURT  {im  Gehen  zu  Hans  Jürgen):  Du  spintisierst 
wohl,  mein  Kerlchen?  {alle  ab). 

{Man    hört   wieder   stärker   das   eintönige   Rauschen    der 

Wellen^ 

{Der  Offizier  kommt  langsam  die  Treffe  herunter) 
{Das  Schiffs  glas  schlägt  in  diesem  Zusammenhang  3  mal) 

Vorhang. 


97 


BEFEHLSERTEILUNG  IN  AFRIKA. 

{Es  ist  Nacht.  —  Man  hört  den  Schluß  eines  einjachen 

Chorals.) 

PASTOR  {geht  über  die  Bühne  nach  rechts). 

OFFIZIERE  {hinter  ihm.  Sie  versammeln  sich  nach 
nach,  sprechen  im  Flüstertori). 

ECKBRECHT  {zu  Curt) :  Der  Oberst  will's  wissen  .  .  . 
War  er  dabei  ? 

CURT:  Kerlchen  .  .  .,  ich  kann  dir's  wirklich  nicht 
sagen. 

ECKBRECHT  {zu  den  Offizieren):  War  Ernst 
Schlichting  beim  Gottesdienst  ? 

HANS  JÜRGEN:  Hat  sich  gedrückt  .  .  .,  ha,  ha  .  .  . 

CURT:  Ich  muß  sagen,  Graf  .  .  .  kam  hier  auch 
ohne  Predigten  aus. 

HANS  JÜRGEN:  ...  Proviant  wird  nächstens 
durch  Gesangsbücher  ersetzt  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

ECKBRECHT:  Also:  ich  will  noch'n  paar  Minuten 
warten  auf  Schlichting  .  .  .  {ab). 

CURT:  Da  steh'n  wir  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Nächstens  üb'n  wir  wieder  Parade- 
marsch. 

CURT:  Wenn  die  kleine  Kracht  da  is,  veranstalten 
wir  'n  Gartenfest  .  .  . 

MISTER:    Menschenskinder,    von   wem   redet    Ihr 

VnS  JÜRGEN:  1 

MISTER:  Was  denn,  die  kleine  Kracht?  ha,  ha  .  .  . 
Fräulein  Hedwig  Kracht  kommt  hieher  ? 

HANS  JÜRGEN:  Als  Krankenschwester  .  .  . 

MISTER:  Diese  BräutCj  die  können  'n  Menschen 
ruinieren  .  .  .  Laßt  gut  sein  .  .  .  Ruinieren  können  sie 
den  .  .  .   {sieht  vor  sich  hin). 

EDGAR  {zu  Curt):  Hab  solch  Gefühl,  als  würden 
wir  heute  getrennt  .  .  . 

CURT  (lacht):  Du  mit  deinem  Gefühl  .  .  . 

98 


■   MISTERt  Kranke  will  sie  pflegen,  ha,  ha  ...    Na 

ja  .  .  .    Kranke  .  ...  {ab  zu  den  andern). 

'   MAX  {schlägt  Curt  leicht  auf  die  Schulter): 

CURT  {sieht  sich  um):  Du  bist's,  Mäxchen  ? 

MAX:  Sssssst!  —  Hör  mal:  unser  Gespräch  auf  dem 
Schiff  .  .  .  vergiß  es  .  .  . 

CURT:  Die  Erinnerung  ist  wegradiert  ...  ' 

MAX  {spuckt  aus) :  Verstehst  du  mich  ? 

CURT:  Versteh  dich,  Max  ... 

MAX  {spuckt  nochmals  aus) :   Pfui  Teufel,   was   wir 
da  gesagt ... 

CURT:    Kein  Wort!    Und   den   Löwen  schießt   du 
jetzt  doch  ... 

MAX  {gibt  ihm  dankbar  die  Hand):  Dabei  bleibt's. 

ECKBRECHT  {tritt  eilig  auf):  Is  Schlichting  jetzt 
da? 

HANS  JÜRGEN:  Ha,  ha...   Den  hat  der  Harry 
am  Zügel ... 

ECKBRECHT:    Um    die    Wände   hochzulaufen  .  .  . 
{i:x)ill  ab). 

MISTER  {hält   ihn   auf):    Menschenskind,    Fräulein 
Kracht  kommt  her  ? 

ECKBRECHT:  Ja  —  mit  dem  nächsten  Transport  ..  . 
aber  meine  Herren,  sagen  Sie  bitte  Schlichting  nichts  .  .. 

ALLE:  So? 

ECKBRECHT:  Der  Oberst  meint:  Man  soUe  dem 
Falter  's  Licht  nich  grade  unter  die  Flügel  halten  {ab). 

CURT  {lacht):  Das  war  ja  'ne  Grausamkeit  ... 

MISTER:   Da  hab'n   Sie  ganz   recht,   das   war   'ne 
ganz  höllische  Grausamkeit  ... 

MAX   {nach   kleiner  Pause,   schlägt  sich   den   Kragen 
hoch) :   Sibirien  is   'n  Sonnenbad  gegen  dies   Land  .  .  . 

V.  FAV ARGER  {tritt  dazu) :  Ich  höre,  überall  is '  's 
Wasser  verseucht  ... 

HANS  JÜRGEN:    's  geht  mit  'm  Typhus  los  .  .  . 

MAX:     Trag    ja    schon    seit    acht    Tagen    dasselbe 
Hemd. 

ALLE:  Warum  scheut  man  sich  loszuschlagen  .  .  .  ? 

7»  -  99 


MAX  {umarmt  Curt  lachen^ :  Furor  teutonicus,  wird 
durch   Liebe  und   Frieden   ersetzt  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  's  is  nischt  mehr  los  mit  dem 
Offizier  sein. 

{Man  hört  entfernt  Rufe  und  Lärm.) 

OFFIZIERE  {horchen  auf). 

CURT:  Na?  {geht  zurück). 

HANS  JÜRGEN:  Nichts! 

MISTER:  He!  Pst!  {ruft  einen  Reiter). 

REITER:  Herr  Oberleutnant? 

MISTER:  Lauf  mal  auf  den  Termitenhügel.  Lauf 
mal  da  rauf  .  .  . 

ECKBRECHT:  Ist  Schlichting  noch  nicht  da,  länger 
geht's  nicht  {ah). 

MISTER:  Der  Ernst  mit  seinem  Feuerkopf.  Ich 
hör  doch  Reiter  kommen  .  .  . 

REITER  {von  oben):  Herr  Oberleutnant!  Über  die 
Wüste  im  Galopp  .  .  .  kommen  welche  geritten  .  .  . 

MISTER:  Ich  sage  .  .  .  der  mit  seinem  Feuerkopf  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Der  Oberst  .  .  . 

OBERST  {hinter  ihm  v.  Heidenhurg,  mehrere  Offiziere 
und  Eckbrecht). 

OFFIZIERE  {grüßen). 

OBERST  {dankt) :  Sind  die  Herren  alle  versammelt  ? 

ECKBRECHT  {grüßt). 

OBERST:  Meine  Herren,  die  Befehle,  die  über  die 
Signallinie  weitergegeben  sind,  scheinen  nicht  überall 
verstanden  zu  sein. 

OFFIZIERE  {Gemurmel). 

OBERST  {bestimmt):  Trotz  meiner  Befehle  haben 
Gefechte  stattgefunden  mit  starken  Verlusten !  Das  geht 
nicht!  Wir  müssen  unsere  Kräfte  beisammenhalten. 
Werden  sonst  niemals  Herr  über  die  Eingeborenen. 
{Zu  Eckbrecht {)  Bitte  teilen  Sie  jetzt  die  Befehle  aus! 

ECKBRECHT  {beginnt  damit). 

ERNST  {hinter  ihm  Harry). 

OFFIZIERE  {treten  zurück). 

OBERST:  Ernst!?!!  {zu  Eckbrecht):  Graf  Borke! 

IOC 


ECKBRECHT:  Herr  Oberst! 

OBERST:  Ich  denke:  alle  Herren  sind  versammelt? 
Hier  kommt  Schlichting  .  .  . 
ECKBRECHT  {grüßt,  Hand  an  dem  Hut). 
OBERST  {zu  Ernst) :  Woher  ? 
^  ERNST    {stürmisch) :    Melde   gehorsamst,    habe   mit 
einer  Patrouille  zehn  Hereros  gefangen  .  .  . 

OBERST  {sehr  ruhig) :  Warum  waren  Sie  nicht  beim 
Gottesdienst  ? 
ERNST:  Gottesdienst!!! 

OBERST  {zu  Harry):   Henner,   Sie  waren   bei  der 
Patrouille  ?  .  .  . 

HARRY:  Zu  Befehl! 

OBERST:  Die  Knallerei  vorhin,  ihr  also  wart's. 
ERNST:  JawoU,  Herr  Oberst! 
OBERST  {zu  den  Offizieren):  Hören  Sie  zu,  meine 
Herren  .  .  . 

ERNST:  Aus  dem  Busch  griffen  die  Schwarzen  uns 
an  .  .  .   Ich  eröffnete  Feuer  .  .  .  und  trieb  mit  zwanzig 
Mann  den  Haufen  in  die  Flucht .  .  . 
OBERST:  Bravo! 

ERNST:  Zehn  nahmen  wir  gefangen  .  . . 
OBERST:  Und  die  übrigen? 
ERNST:  Liefen  fort  vor  uns  ... 
OBERST:  Wie  weit .  .  .  wohin  .  .  . 
ERNST:  Ins  Sandfeld! 

OBERST:  Ins  Sandfeld  ..  .    Meine  Herren  ..  .    Sie 
hören's  {nach  einer  Pause  gibt  er  Ernst  die  Hand,  kahl) 
Gratulier'  dir.  Junge!    Zur  Feuertaufe! 
ERNST  {jubelnd,  zu  den  Offizieren) :  Wir  kommen  ran ! 
HARRY:  Blut! 

ERNST:    Wie    ich    den    ersten    Schwarzen    packte! 
Feierlich ! ! 

HANS  JÜRGEN :  Und  wir  mußten  'ne  Predigt  hören . . . 
ERNST:  's  kam  etwas  über  mich,  wie  ein  Richteramt 
....   Hab  ihn  erwürgt  mit  diesen  Händen  .  .  . 

MAX:  'n  Königstiger  is  'n  gezähmter  Affe  gegen  .  .  . 
Ernst  .  ,  .  ha,  ha  .  .  . 


loi 


OBERST:  Sind  die  Befehle  verteilt? 

ECKBRECHT:  Gleich,  Herr  Oberst  .  .  . 

ERNST  {zu  Harry):  Weiter  so!  Unbändige  Kraft! 
{Hebt  Harry  hoch)    Prachtkerl!    Wo  endet  das  noch? 

HARRY:  An  meine  Beförderung  denk  .  .  . 

ERNST:  General  ,  .  .!  ha,  ha  .  .  .  wenigstens  General! 

ECKBRECHT  {grüßt  zum  Oberst). 

OBERST:  Fertig? 

ECKBRECHT:  Wohl! 

OBERST:  Bitte! 

OFFIZIERE  {treten  um  ihn  herurri). 

CURT  {liest):  Die  Hauptabteilung  rückt  südöstlich 
der  Gebirge  bis  zu  den  Wasserlöchern  vor. 

MISTER:  Ich  soll  das  Feldlazarett  auf  geradem  Pfad 
hieherführen.    Dazu  15  Reiter  als  Bedeckung  .  .  . 

OBERST  {zu  Mister):  Den  Auftrag  verdanken  Sie 
Ihrem  Adjutanten! 

HANS  JÜRGEN:  Ich  soll  mit  20  Mann  auf  dem 
Gebirge  eine  Signalstation  einrichten  .  .  .  und  den  Be- 
fehls- und  Nachrichtendienst  zwischen  dem  Haupt- 
quartier und  den  Regimentern  vermitteln  ... 

ECKBRECHT:  Dazu  Leutnant  v.  Detleffson  und 
Baron  v.  Werkmeister. 

MAX  und  EDGAR  {betrübt)^   Zu  Befehl! 

ERNST:  Als  Adjutant  des  IL  Bataillons  ...  Das 
Bataillon  wird  zur  Deckung  der  Artillerie  kommandiert . . 
Die  Artillerie  ist  in  Stellung  zu  führen  ... 

OBERST :  In  Eilmärschen !  .  .  .  Wer  hatte  die  Signal- 
station ! 

HANS  JÜRGEN:   Hier,  Herr  Oberst! 

OBERST  {zu  ihm) :  Wechseln  Sie  mit  Leutnant  von 
Schlichting  den  Befehl! 

ERNST:    Herr  Oberst! 

HANS  JÜRGEN:    Los!    Hilft  nichts! 

v.  FAVARGER:  Was  befohlen  ist,  wird  gemacht  .  .  . 

ERNST  {gibt  den  Befehl):  Unmöglich!  ...  

EDGAR  {zu  Curt) :    Siehst  du,  doch  getrennt. 

CURT:    Für  Mohammedchen  heißt's  jetzt  laufen  .  . . 

102 


OBERST:  Ihren  Kommandeuren  melden  Sie:  Ich 
wünschte  keinen  Tatendrang  auf  eigene  Faust!  {Sieht 
Ernst  an) 

ERNST  {droht  umzusinken). 

ECKBRECHT:   Runterschlucken  .  .  .  {Hält  ihn) 

HANS  JÜRGEN:  Beiß  die  Lippen  blutig.  .  .  aber 
steh! 

ERNST  {rafft  sich  mit  aller  Energie  auf). 

OBERST  {zusammenfassend) :  Also  nochmals :  mein 
Entschluß!  Ich  rücke  mit  der  Nordost-  und  Haupt- 
abteilung gleichzeitig,  konzentrisch  vor.  Mit  dem  An- 
griff wird  gewartet,  bis  die  Artillerie  ran  ist  .  .  .  Wir 
werden  den  Gegner  zwingen  durch  Masse  und  Waffen- 
überlegenheit .  .  .  Der  König,  das  Vaterland  erwarten, 
daß  wir  den  Boden  den  Farmern  sichern  . . .  Handeln  Sie 
danach.  —  Den  Befehl  zum  Angriff  erfahren  Sie  durch 
drei  Leuchtkugeln  von  der  Signalstation  .  .  .  {zu  Eck- 
brecht) :  Der  Apparat  mit  den  Leuchtkugeln  ? 

ECKBRECHT:    Nachgesehen   und  in   Ordnung... 

OBERST:  Baron  v.  Werkmeister:  den  Apparat  über- 
nehmen Sie!  - 

MAX  (grüßt). 

OBERST:  Das  Leuchtkugelsignal  wird  nur  auf  Befehl 
des  Hauptquartiers  gegeben  ... 

ERNST:  Zu  Befehl! 

V.  HEIDENBERG :    Sollen  die  Herren  gleich  reiten  ? 

OBERST:  Ob  sie  die  Nacht  oder  morgen  reiten,  ist 
mir  gleich  .  .  .  Danke  ... 

OFFIZIERE  {grüßen  nach  verschiedenen  Seiten,  ab). 

ECKBRECHT  {zum  Mister):  Albemarle:  Ein  Wort! 

MISTER:    Hm.?         . 

ECKBRECHT:  Nehmen  Sie  sich  doch  noch  sechs 
Reiter  mit. 

MISTER:  So  brenzHch,  Graf?  so  gefährlich  der  Ritt  ? 

ECKBRECHT:    Der  Oberst  ist  besorgt  ... 

MISTER:  Treffen  doch  nich  .  .  .  Schießen  doch  vor- 
bei, die  Halunken  .  .  . 

ECKBRECHT:  Gott,  seine  Tochter  ist  doch  dabei ... 

X03 


MISTER:  Was  denn?  .  .  .  Beim  Lazarett?  Fräulein 
Hedwig  Kracht  beim  Lazarett  ? 

ECKBRECHT:    Als  Johanniterin. 

MISTER:    Und  das  Lazarett  soll  ich  herführen  .  . 
Und  Sie  haben  mir  das  verschafft? 

ECKBRECHT:  Weil  Sie  doch  zuerst  auf  der  Liste 
stehen:    Schwere  Patrouillen  .  .  . 

MISTER:  So,  weil  ich  da  zuerst  drauf  stehe  .  .  .  na, 
ich  danke  Ihnen,  Herr  Adjutant  .  .  .  Ich  danke  Ihnen 
vielmals  .  .  .  {Gibt  ihm  die  Hand)  Menschenskind,  ich 
weiß  'n  Büchlein,  das  von  Psychologie  handelt  .  .  .  Von 
Psychologie  handelt  das  .  .  .  Verstehn  Sie,  Graf,  das 
kaufen  Sie  sich  .  .  .  {Will  ab) 

ERNST  {eilt  auf  Mister  zu) :   Mister  .  .  .  Glückspilz ! 

MISTER:  Auch  Glückspilze  wachsen  auf  dem  Mist  . . . 
auf  dem  Mist  wachsen  die.  {ruft)  He!  Pferde  gesattelt! 

ECKBRECHT  {verständnislos) :  Auf  der  Signalstation 
erhalten  Sie  neue  Befehle  .  .  . 

MISTER:  Psychologie  .  .  .  vergessen  Sie's  nicht!  {^b) 

ERNST  {starrt  vor  sich  hin) :  So  nah  am  Ziel  {schlägt 
sich  vor  die  Stirn). 

HARRY  (mit  H.  Jürgen  und  anderen  Offizieren) :  Man 
hat  auch  mal  Pech  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Mir  trag's  nicht  nach,  Bengel, 
mit  dem  Befehlswechsel. 

ECKBRECHT:  Muß  dir  sagen:  Finde's  ganz  in  der 
Ordnung  .  ,  . 

ERNST:  Behalt  deine  Weisheit  für  dich  .  .  . 

HARRY:  Bravo  .  .  . 

ECKBRECHT  {zu  Ernst):  Machst  solchen  Leicht- 
sinn mit. 

ERNST :  Wir  hielten  kämpfen  für  nützlicher  als  beten . . . 

HARRY:  Und  das  ist  'n  Staatsverbrechen  .  .  . 

ECKBRECHT Schmieren    Sie    mit    den 

Reitern  zusammen  die  Zaumzeuge  ein  .  .  , 

HARRY:  Hm? 

ECKBRECHT  {zu  Ernst)  x  Solltest  dich  besser  fern 
halten  von  dem  .  .  . 

104 


HARRY  (springt  auf  ihn  zu) :  Von  dem  .  ,  .  ?  doch  .  .  . 
Zu  Ende  das  Wort  .  .  . ! 

OFFIZIERE  {trennen  beide). 

ECKBRECHT:    Seien    Sie    froh...,    daß  man  Sie 
duldet  ,  .  .  {ab). 
»  {Pause.) 

HANS  JÜRGEN  {treu):  Mensch,  bist  du  etwa 
gekränkt  ? 

HARRY:  Nicht  im  mindesten...  {bewegt):  Kann 
einem  Wahrheit  kränken. 

HANS  JÜRGEN:   Hör  nicht  auf  den  Quatsch.  .  . 

ERNST:  Wohin? 

HARRY:  Zaumzeuge  schmieren  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Verrückt  ... 

ERNST:  Ich  halte  zu  dir  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Doch  klar  .  .  . 

HARRY:  Herzlich  freut's  mich  {gibt  beiden  die 
Hand) :  Und  Sie,  meine  Herren  .  .  .  ?  Sie  schweigen  .  .  . ! 
Na  ja! 

OFFIZIERE  {ab). 

HARRY  {zu  Ernst  und  Hans  Jürgen):  Ehemalige 
Freunde  und  Kavaliere !  Wundert's  euch  .  .  .  ?  So 
tief  muß  man  kommen  .  .  .  Dann  zeigt  sich  die  Welt 
ohne  Schminke. 

HANS  JÜRGEN:   Mensch!    Was? 
i    HARRY:    Was?     Auf    mir    lastet    kein    guter    Ruf 
mehr.  .  .!?    ha,   ha,  Jocheken  .  .  .     Lustig  .  .  .!     Mir 
ist's  da  {Herz^  so  leicht,  als  hüpfte  ich  .  .  . 

HANS  JOCHEN:  Donnerwetter  .  .  .  sachte  .  .  . 

HARRY:  Jetzt 'hab'  ich  Platz...!  Nun  will  ich 
mich  austollen  .  .  .  {mit  Hans  Jürgen  ab). 

ERNST:  Wo?  .  .  .  auf  dieser  Signalstation!  {ab). 

OBERST  {zu  V.  Heidenber£):  Den  kürzesten  Weg 
berechnen  Sie  .  .  . 

V.  HEIDENBERG:  Jawohl ... 

OBERST:  Der  Artillerie  diktieren  Sie  danach  den 
Marschbefehl .  .  . 

V.  HEIDENBERG  {grüßt). 

105 


OBERST:  .  .  .  Finden  Sie,  daß  ich  zu  hart  gegen 
Schlichting  war  ? 

V.  HEIDENBERG:  Aber  Herr  Oberst  .  .  .! 

OBERST:  Spür'n  Sie  nicht,  wie's  in  den  jungen 
Köpfen  brodelt  ? 

V.  HEIDENBERG:  Disziplin  bleibt  Disziplin..: 

OBERST:   .  .  .  Ja,  ja  .  .  .  aber  .  .  . 

ECKBRECHT:  Ein  Krankenrapport. 

OBERST:  Schon  wieder?    {Liest.)    36  Tote  .  .  . 

ECKBRECHT:  Typhus!  —  Leutnant  v.  Schlichting 
bittet,  Herrn  Oberst  sprechen  zu  dürfen  .  .  . 

OBERST: bitte  .  .  . 

ECKBRECHT  {ab). 

OBERST:  Ich  wußte  es  .  .  .    Heidenberg  .  .  .! 

V.  HEIDENBERG  {der  in  Plänen  vertieft):  Bis  zum 
Gebirge  sind's  annähernd    120   Kilometer  ,  .  . 

OBERST  {stutzt) :  .  .  .  So  .  .  .  {dann  wie  er  Ernst 
sieht,  kurz  zu  v.  Heidenberg) :  Also,  daß  die  Artillerie 
rankommt  .  .  . 

V.  HEIDENBERG  {grüßt,  ab). 

OBERST  {beschäftigt  sich  mit  den  Karten,  die  vor  ihm 
auf  einer  Liste  liegen). 

ERNST  {innerlich  wild  kämpfend). 

OBERST  {sieht  auf) :  Recht,  daß  du  kommst  .  .  .  Setz' 
dich  .  .  .  Du  reitest  wohl  erst  morgen  ? 

ERNST  {schweigt). 

OBERST:    Setz  dich  doch,  Junge  .  .  . 

ERNST:  Ich  bitte  Herrn  Oberst  dienstlich  sprechen 
zu  dürfen  ,  .  . 

OBERST:    Ja? 

ERNST  {militärisch  voller  Selbstbeherrschung):  Ich 
bitte  Herrn  Oberst  .  .  .  {in  leidenschaftlichem  Ausbruch-) 
Diese  Signalstation ! !  .  .  .    Es  kränkt  mich  .  .  . ! 

OBERST:    Das  soll  es  nicht 

ERNST:  Den  Befehlsaustausch!  Warum  vor  allen 
Offizieren  ? 

OBERST:  Dein  Patrouillengefecht  ?  Hast  du's  uns 
verheimlicht  .  .  .1 

106 


ERNST  {schweigt). 

OBERST:  Klugheit  .  .  .  Keine  Kränkung  liegt  in 
dem  Befehl  ... 

ERNST:  .Ich  fühl'  sie  aber  ... 

OBERST:  Ist  das  ein  Grund,  daß  du's  mich  fühlen 
läßt? 

.ERNST:   Warum  strafen  Sie  mich  mit  dieser  Signal- 
station ? 

OBERST :   Stellt  man  Vorgesetzte  zur  Rede  ?  ? 

ERNST:  Dort  oben  im  Gebirge  .  .  .  Keine  Katze 
krieg'  ich  zu  sehn  ...  Unten  wird  man  Gefechte  schla- 
gen .  .  .  Ich  werde  die  Siege  noch  signalisieren  dürfen  .  .  . 

OBERST:   Im  Feuer  warst  du  schon  .  .  . 

ERNST:    Deswegen  grad'  schmerzt  es  noch  mehr! 

OBERST:  Der  Ton  gefäUt  mir  nicht!  Der  Soldat 
tut  seine  Pflicht,  wohin  man  ihn  stellt  .  .  . ! 

ERNST:  Jahraus  —  jahrein  hab'  ich  die  Pflicht  auf 
dem  Kasernenhof  erfüllt  ... 

OBERST:    Soll  der  Krieg  was  andres  sein? 

ERNST:  Ja!  Vater!!  ja!!!...  Wenn  er  nichts 
andres  war'!!! 

OBERST  {legt  ihm  die  Hand  auf  die  Schulter)-.  Krieg 
ist  kein  Räuberleben  ...  wo  jeder  tun  kann,  was  er  will . . . 
Auch  hier  heißt    Pflichterfüllung:    Tat! 

ERNST  {Hand  vor  den  Augen). 

OBERST:  Tollkopf!  Dein  Drauflosgehen  war  un- 
nütz! hat  geschadet!   Wollte  jeder  so  handeln!! 

ERNST:  Was  jagte  mich  fort  .  .  .  von  Heimat  und 
Braut  .  .  .  {Pause)  Kämpfen  wollt'  ich  für  eine  Idee ! 
Bahn  brechen  andern!  Für  diesen  Traum  hab'  ich  gelebt . 
gedient .  .  .  Bleibt  dieser  Rock  nur  Maskerade  .  .  .  ? 
Fühlen  will  ich's  .  .  .  daß  ich  Offizier  bin  .  .  . 

OBERST:    So  tu  deine  Pflicht  .  .  . 

ERNST  {sich  windend  unter  der  Strenge) :  Ja,  was  bin 
ich  denn  da!  .  .  .  nicht  viel  mehr  als  irgend  'n  Tele- 
graphist ! 

OBERST:    Junge! 

ERNST:    Ist  alles  Phantasie! 


107 


OBERST:    Was  verlangst  du  denn? 

ERNST:    Gib  mir  meine  Begeisterung  wieder! 

OBERST:    Schwärmer! 

ERNST:  Deswegen  also  bin  ich  hier.  Ich  werde 
signalisieren  müssen  .  .  . ! 

OBERST:  Junge,  wer  die  Ehre  hat,  den  Rock  zu 
tragen  .  .  .  dient  höheren  Zwecken,  als  sich  selbst  .  .  . 

ERNST  {aufbrausend) :  Der  Zweck  des  Menschen  ist 
zu  handeln! 

OBERST:  Zieh  den  Rock  aus!  Werd'  Krämer,  was 
du  willst  .  .  . 

ERNST:    So  nicht .  .  . 

OBERST:   Zeig  dich  deiner  Väter  wert! 

ERNST:    In  meinem  Alter  war'n  sie  Helden!! 

OBERST:  Vergleich  nicht!  Geh  deinen  Weg  un- 
beirrt .  .  .  den  graden  Weg  der  Pflicht  ...  Wie  du  ihn 
gehst,  mein  Sohn,  darin  sei  Held! 

ERNST  {stampft  mächtig  auf  .  .  .  stürmt  ab). 

OBERST  {ihm  nach  .  .  .  bleibt  stehen  .  .  .  bewegt) :  Ge- 
liebter Bengel  .  .  . !  {Geht  unruhig  auf  und  ab  .  .  .  Kramt 
in  den  Karten  .  .  .  setzt  sich  an  die  Kiste,  Kragen  hoch. 
Hut  auf,  sieht  in  den  Himmel .  .  .  Pause.) 

V.  HEIDENBERG  {leise) :    Herr  Oberst  .  .  . 

OBERST  {schreckt  auf  .  .  .  freudig) :  .  .  .  Ernst ! !  .  .  . 
ach  Sie  sind's,  Heidenberg  .  .  . 

V.  HEIDENBERG:  Herr  Oberst  sind  an  der  Reihe, 
die  Ronde  zu  gehen  .  .  . 

OBERST  {steht  wieder  auf,  hängt  sich  ohne  ein  Wort 
zu  sagen,  den  Patronengurt  um  .  .  .,  nimmt  das  Gewehr 
zur  Hand,  geht  ab  zur  Ronde  .  .  .). 

V.  HEIDENBERG  {jolgt). 

Vorhang. 


io8 


VIERTER  AKT. 


SIGNALSTATION  IN  DEN  AFRIKANISCHEN 

BERGEN. 

ERNST:    Proviantkolonnen  sind  nicht  angekommen. 

HARRY:    Pech! 

ERNST:   Aber  die  Leute  .  .  .    Sieh  sie  dir  an!    (Jb.) 

HARRY  (hinterher):  I!  Die  Kerle  sind  noch  feist 
und  dick! 

ZWEI  REITER  (apathisch) :  Zwei  Reiter  von  Posten 
zurück. 

HARRY:    Euren  Reis  kocht! 

I.REITER:    Wasser! 

HARRY:    Nehmt  Spucke! 

MAX:   An  die  Kochlöcher:  los! 

REITER  (Jollen  wie  tot  vor  Ermattung  hin). 

HARRY  (zu  Max):   Brot?   (zairft  es  ihm  hin). 

MAX:  Danke!  (Spuckt  es  wieder  aus)  Rattenzähne! 
Sägenlippen  .  .  . !   Krigt  sonst  das  Zeug  nicht  klein  .  .  . ! 

HARRY:  Vorgestern  mittag  kroch  mir  'ne  Spinne 
am  Arm! 

MAX :    'ne  Spinne  sagst  du  ? 

HARRY:    Ich  sage:  es  liegt  was  in  der  Luft! 

MAX  (daraufhin) :   Mein  Karabiner  .  .  . 

ERNST  (kommt  von  oben):  Sind  die  Leuchtkugeln 
bereit  ? 

MAX  (am  Apparat  beschäftigt):  Sofort,  Herr  Gene- 
ral ..  . 

ALLE:    Soll's  losgehen? 

ERNST  (überhört  es,  dann  zu  den  Reitern):  Warum 
kocht  ihr  nicht  ab  ? 

REITER  (sehen  ihn  blöde  an  — stehen  nach  und  nach  auf). 

ERNST  (zu  Edgar,  der  in  ein  Buch  vertieft  ist) :  Sind 
die  Patronen  gezählt? 

EDGAR  (sieht  auf) :    Nein  .  .  . 

ERNST  (über  ihn  weg) :  Unsere  Typhustoten  sind  sie 
notiert  ? 

HARRY:    Mit  dem  letzten  Bleistift  ... 

MAX:    Sozusagen  hat  alles  'n  Ende  .  .  . 

III 


ERNST:  Posten  verdoppelt?  "'■ 

HARRY:    Jawohl... 

MAX  {meldet) :    Leuchtkugeln  in  Ordnung  .  .  . 

1.  REITER:    Wollte  um  neuen  Proviant  bitten  .  .  . 
HARRY:    Wenn  ihr  nur  zu  fressen  habt  .  .  . 

2.  REITER  {steht  müde  da) :  Unsere  Konserven  sind 
schimmlig  .  .  . 

ERNST:  Steh  still!  {Reiter  fährt  zusammen)  Aus 
meinem  Zelt  hol! 

V.  FAV ARGER  {trällert):  Es  schwimmt  eine  Leiche 
im  Landwehrkanal  .  .  . 

MAX  {zu  den  andern) :  Habt  ihr  mal  beobachtet,  wie 
'n  Apfel  fault? 

POSTEN  (ruft  nach  unten  ins  Tal) :   Parole  ? 

MISTER  {von  unten):    Der  König! 

POSTEN:    Durch! 

MISTER  {kommt  über  die  Steine  geklettert) :  Bon  soir, 
ich  sage  bon  soir  .  .  .    Ihr  feiert  wohl  Liebesmahl  ? 

HARRY:  Leider  ist  der  Sekt  gerade  zu  Ende, 
ha,  ha. 

MAX:  Tatsächlich,  Sie  kommen  'ne  Minute  zu 
spät  . .  . 

MISTER  {zu  Artist) :    Sind  für  mich  Befehle  da  ? 

ERNST:    Nein. 

MISTER:  Was  denn:  es  sind  keine  Befehle  für  mich 
da? 

ERNST:    Ist  die  Artillerie  bald  ran  ? 

MISTER:     Keine    Ahnung  .  .  .     Menschenskind  .  .  .   • 
aber  's  zieht  sich  was  zusammen  im  Tal  .  .  . 

ALLE :    Wo  stehen  die  Truppen  ? 

MISTER  {umständlich  auf  den  Boden  zeichnend) : 
Paßt  mal  auf,  Kinders:  Da  sind  die  Wasserlöcher  .  .  . 
Davor  stehen  die  Schwarzen  .  .  .  und  unsere  Bataillone 
lagern  gegenüber,  und  .  .  . 

ALLE:    Und  — 

MISTER:   Und  haben  Durst  .  .  . 

V.  FAV  ARGER:  Als  säßen  wir  an  den  Quellen  des 
Nils. 


112 


ALLE:    Ha,  ah  .  .  . 

MISTER:  Was  denn:  Triste,  höllisch  triste,  Kin- 
ders!   's  gibt  nichts  mehr  zu  saufen! 

HARRY:    Vorgehn,  also! 

MISTER:  Sehn  Sie  wohl!  Das  denken  alle!  Darum, 
Kinders,  wenn  der  Angriffsbefehl  nicht  bald  kommt  .  .  . 

HARRY:  Mein  Spinnchen! 

MISTER:  Ich  sage,  wenn  der  nicht  bald  kommt  .  .  . 
dann  passiert  was  .  .  . 

HARRY:    's  juckt  im  Blut! 

ERNST:    Daß  man  abhängig  ist  vom  Hauptquartier! 

MISTER  (zu  Max,  der  an  seinem  Gewehr  beschäftigt 
ist) :    Ihren  Karabiner  ölen  Sie  schon  ? 

MAX:    Wegen  der  Geier  .  .  . 

MISTER:  So,  wegen  der  Geier  .  .  .  'n  Hauptkerl  sind 
Sie  .  .  .  {Farbenreicher  Sonnenuntergang) 

ERNST:    Fällt  in  die  Nacht  wie  'n  Feuerball  .  ,  . 

HARRY:    Wär's  das  letztemal  vor  der  Schlacht! 

ERNST  (auf  dem  Felsen):    Sphinxauge! 

EDGAR  {der  von  seinem  Buch  aufsieht) :  Seht  recht 
hin,  ist's  nicht  gerade,  als  lachte  die  Sonne  uns  aus  .  .  .  ? 

ERNST  {aus  seiner  Stimmung  gerissen,  kurz  zu  den 
Reitern) :    In  die  Zelte  kriecht  rein  .  .  . 

V.  FAVARGER:    Ja,  Nachtruhe  machen  .... 

MISTER:    Ulkiger  Kauz  mit  Ihrer  Sphinx! 

ERNST:    Meinen  Sattel! 

HARRY:  Feuer  ordentlich  an  {zum  Reiter,  der  das 
Feuer  anlegt). 

MAX:    Hat  doch  keine  Luft  .  .  . 

MISTER  {mit  Bedeutung) :  Hat  doch  keine  Luft  .  .  . 
Schlauberger  .  .  .  wie  sollt's  da  brennen  .  .  . !  Hat  doch 
keine  Liift  .  .  . 

HARRY  {bietet  allen  an) :   Tabak  ? 

MISTER:    Rauch'   meinen   besonderen    Knaster  .  .  . 

V.  FAVARGER:  So  was  muß  man  nicht  ausschlagen  .  . 
{Alle  setzen  sich  ums  Feuer) 

ERNST:    {Kopf  auf  den  Sattel streckt  beide 

Arme  zum  Himmel). 

8  113 


HARRY  {zu  Max) :  Kokettierst  du  mit  den  Marsbe- 
wohnerinnen ? 

ALLE  (lachen). 

MISTER:  Menschenskind,  Max,  machen  Sie  nicht 
solche  Stielaugen,  Sie  soll'n  nicht  solche  Stielaugen 
machen. 

HARRY:    Seht  Euch  den  Werckmeister  an,  ha,  ha  . . . 

MAX  {setzt  das  Monokel  ah^  betrachtet  verlegen  den 
Himmel) :    Sterne ! ! 

ERNST  {erstaunt) :   Mäxchen  .  .  . ! 

MAX:  Gehn  auf  .  .  .  gehn  unter  .  .  .  Abend  für 
Abend. 

HARRY:  Das  is  nu  mal  seit  Adam  nich  anders  .  .  . 
ha,  ha  .  .  . 

MAX :    Seit  Adam  sagst  du  ?    Merkwürdig  .  ,  . 

MISTER:   HöUisches  Rätsel  .  .  . 

HARRY:  Ha,  ha  .  .  .  Baron  .  .  ,  zum  erstenmal  ja 
ohne  Monokel  .  .  . 

ALLE:    Max!?! 

MAX  {in  Betrachtung):    Diese  Sterne!   Unheimlich! 

HARRY:    So'n  Krieg!    Wie  'n  Sieb!  ha,  ha. 

MISTER  {hat  Edgar  scherzhaft  das  Buch  fortgenom- 
men) :   Was  lesen  Sie  denn,  Menschenskind  .  .  . 

EDGAR:    Geben  Sie  .  .  . 

MISTER:  Die  Zeit  der  Hellenen.  Helene?  Bürsch- 
lein  .  .  .  Verliebt  ? 

EDGAR  {reißt  es  zurück) :  Muß  einem  alles  beschnüf- 
felt werden,    {^b.) 

MISTER:    Die  Zeit  der  Hellenen  liest  er  .  .  . 

ERNST:   Mag  den  Edgar  nicht  .  .  . 

HARRY:    Das  weiß  er. 

ERNST  {horcht  auf):    Woher? 

MISTER:  So  was  fühlt  man  .  .  .  Ernstel ...  So  was 
spürt  man  .  .  . 

MAX  {klettert  höher  auf  die  Felsen) :  Ich  glaube,  ich 
war  'n  guter  Astronom  geworden  .  .  . 

ERNST  {durch  die  Zähne):  Wenn  du  den  Glücks- 
stern findest  .  .  .! 


114 


HARRY  {zu  Ernst):  Ne  Laterne  gefällig,  ha,  ha? 
{dann  zum  Mister):  Dies  verfluchte  Solidesein  .  .  . 
bringt  'n  Mensch  auf  den  Hund  .  .  . 

MISTER:  Menschenskind,  ich  hör  doch,  daß  Sie 
Ihre  ganze  Löhnung  wieder  los  sind  ... 

HARRY:  Kavalierpflicht!  Nach  mir  zappelt's  doch 
im  Dunstkreis  jeder  Stadt  ...  da  gehn  eben  so'n  paar 
Groschen  drauf  ... 

MISTER:    'n  leichtsinniger  Kerl  sind  Sie  .  .  . 

HARRY:  Dafür  werden  sich  die  Mädels  reizend 
machen:  Weiße  Hößchen  .  .  .  Rosa  Bändchen  .  .  .! 
Ol  .  .  .  io  .  .  .  {zu  Max,  der  es  nicht  beachtet).  Wird  zum 
braunen  Reitersmann  gut  stehn,  was  ? 

MISTER:  Ha,  ha  .  .  .  Richtig  .  .  .  Man  ja  sich 
nicht  an  eine  ketten  .  .  .  folgt  einem  wie'n  Alp  durchs 
Leben  .  . . 

ERNST  {richtet  sich  auf,  um  auf  andere  Gedanken  zu 
kommen):    Heda!    Ein  Kerl  brennt  an! 

MISTER:    Die  folgt  einem,  wie  'n  Kartoffelalp. 

HARRY:    Laß  ihn  schnarchen! 

ERNST:    Rüttelt  ihn  wach! 

1.  REITER  (^r^-g^):    Wach  auf,  Mensch! 

2.  REITER:    Brennst  an! 

1.  REITER:    Schläft  wie  in  der  Sonntagspredigt  ,  .  . 

2.  REITER:    Oller  Hamster,  aufwachen  .  .  .! 

I.  REITER:  Herr  Leutnant,  ich  melde:  ich  glaube, 
er  ist  tot  .  .  .! 

ERNST  {ist  aufgesprungen):  Unsinn!  Du!  vom  Feuer 
rück  weg  .  .  . ! 

MISTER  {der  erkennt,  daß  der  Reiter  tot  ist) :  Ne,  ne, 
Ernstel!  Der  kann  nich  mehr  aufwachen  .  .  .  Lassen 
Sie  gut  sein  . . .  Menschenskind,  der  kann  nich  mehr  auf- 
wachen. 

ERNST  {kurz) :  Tragt  ihn  beiseite  .  .  . 

V.  FAVARGER  {geht  mit). 

REITER  {tragen  den  Toten  stumpfsinnig  fort).  {Einen 
Augenblick  wird's  still.) 

HARRY:    Na,  Mister  .  .  .  hören  Sie  auf  zu  rauchen? 


8» 


"5 


MISTER:  Schmeckt  mir  nicht  mehr  {steckt  seine 
Pfeife  ein). 

REITER  (kommt  von  der  Lampe) :  Ich  wollte  um  Ab- 
lösungsmannschaft bitten  .  .  . 

ERNST:    Was  heißt  das? 

REITER:  Wasser!  Herr  Leutnant!  Wir  krepieren 
sonst  oben. 

ERNST  (steht  auf) :  Werde  die  Lampe  selber  bedienen. 

HARRY  (zu  Ernst):  Bleib!  (packt  dann  den  Reiter 
am  Arm):  WoU'n  den  Kerl's  was  vom  Ertrinken  er- 
zählen .  .  .  ha,  ha  .   .  .  (beide  ab). 

ERNST  (legt  sich  wieder  hin  — ;  Kopf  auf  den  Sattel). 

MISTER  (der  die  ganze  Zeit  ins  Feuer  gestarrt  hat): 
Quatsch!  Quatsch  sag' ich  ... !  Jetzt  hat's  der  Junge  ja 
gut !  Wenn  wir  erst  so  weit  sind,  .  .  .  Ernst !  Möchten 
Sie  hier  begraben  sein  .  .  .  ?    Ernst  .  .  .  schlafen  Sie  ...  ? 

ERNST: Ich  döse. 

MISTER:  So,  Sie  dösen  .  .  .  verzeihen  Sie  nur  .  .  . 
Sie  dösen  .  .  . 

ERNST  (richtet  sich  auf):  Darf  man  den  Mensch 
unter  Pflichten  hämmern ! .? 

MISTER:  Darf  oder  nicht  .  .  .  Ernstel,  man  wird 
eben  gehämmert  .  .  . 

ERNST:  Zertrümmern  .  .  ._  Kraftdrang!  (Geht  zu 
Max,  beugt  sich  über  ihn.)  Uber'm  Sterngucken  ein- 
geschlafen .  .  .  (Kommt  zurück  —  sieht  sich  um.)  Wie'n 
Gefängnis,  der  ganze  Platz!  (Starrt  vor  sich  hin,  dann 
plötzlich  lebhaft  zu  Mister-)  Erzählen  Sie  von  Ihrem 
Ritt  mit  dem  Feldlazarett  .  .  . 

MISTER:  Nichts  zu  berichten. 

ERNST:  Von  Ihrer  Patrouille  .  .  . 

MISTER:  Sind  eben  geritten  .  .  .  feste  geritten  .  .  . 

ERNST:  Wieviel  Wagen? 

MISTER:  Acht  Ochsenkarren  .  .  .  mit  acht  Ochsen- 
karren zogen  wir  durch  die  Wüste  ... 

ERNST:  Geschossen  unterwegs? 

MISTER  (mit  Bedeutung) :  Ne,  ne  .  .  .  still  ging's  wie 
'ne  Beerdigung,  als  begrübe  ich  was  .  .  . 

ii6 


ERNST:  War'n  Frau'n  dabei? 

MISTER:  Selbstredend  war'n  Weiber  dabei  .  .  . 
ERNST :  Krankenschwestern  ? 

MISTER:  Krankenschwestern! 

ERNST  (küßt  flötzUch  Misters  Hand). 

MISTER:  Was  tun  Sie? 

ERNST:  Weiß  selbst  nicht 

MISTER :  Um  Gottes  willen . . .,  was  machen  Sie  denn  ? 

ERNST:  Durchs  Hirn  jagte  mir  was .  .  . 

MISTER  {lehnt  seinen  Koff  an  Ernstes  Schulter): 
Ernstel,  bin  ja'n  gemeiner  Kerl  .  .  .  Nicht  der,  für  den 
Sie  mich  halten  .  .  . 

MAX  {von  den  Felsen  —  er  ist  auf  gewacht) :  Träumte, 
der  Krieg  wäre  vorbei  .  .  . 

MISTER  {setzt  sich  den  Hut  tief  ins  Gesicht) :  Nicht 
Ihr  Freund! 

MAX  {horcht) :  Ein  Geier  schreit  ...  zu  bedeuten 
hat's  was  .  .  .  Hört  Ihr  ihn  ?  Wittert  Aas  .  .  .  näher 
kommt  er  jetzt  .  .  . 

MISTER:  Meinen  Mantel  .  .  . 

ERNST:  Frieren  Sie? 

MISTER:  Ja. 

ERNST:  Warum  nicht  mehr  mein  Freund?  {dann 
zu  Harry,  der  von  der  Lampe  kommt) :  Meldungen  von 
der  Artillerie  da  ? 

HARRY:  Nichts! 

ERNST  {stampft  stark  auf  die  Erde,  dann  wieder  zu 
Mister):    Sagen  müssens  Sie  mir's  .... 

MISTER  {setzt  sich  den  Hut  noch  tiefer  ins  Gesicht). 

HARRY:  Wird  eben  weiter  signalisiert ;  ha,  ha :  Auf,  zu 
{mit  Bezug  auf  das  Hell-  und  Dunkelwerden  der  Lampe). 

ERNST:  Auf  ...!...  zu!!  wie  Qualträume  huscht's 
ins  Finstre  . . .  {Ab.) 

HARRY  {hinterher):  Bengel,  die  Luft  ist  elektrisch! 
Bald  bhtzt  es!    Ha,  ha...    {Ab.) 

MAX:  Da  fligt  er  wieder  .  .  .  Rauscht  mächtig  ran  .  .  . 

MISTER:  Wer? 

MAX:  Der  Geier  ... 

117 


MISTER:  Lassen  Sie  mich  doch  mit  Ihrem  Geier 
in  Frieden  .  .  {Steht  auf.)  Lassen  Sie  mich  doch  bloß  in 
Frieden  mit  dem  .  .  .   {Ab.) 

MAX:  War  ich  nur  Astronom  geworden  .  .  .  {setzt 
sich  wieder). 

EIN  REITER  {eilig  von  der  Lampe):  Für  die  Lampe! 
Kerzen!  neue  Kerzen! 

1.  REITER:  Diensteifriges  Aas! 

EIN  REITER:  Wo  ist  der  Leutnant? 

2.  REITER:  Was  zu  saufen,  Lümmel! 

EIN  REITER:   Kann  selbst  nicht  mehr  p ! 

I.  REITER:  Und  dann  läufst  du  Rind! 

EDGAR  {mit Buch  .  .  .  erliest). 

REITER  {kriechen  zurück). 

MAX  {der  den  Vorgang  beobachtet  hat):  Edgar!!! 

EDGAR  {sieht  auf):  Noch  im  Weltenraum,  Max? 

MAX  {mit  Bezug) :  Was  glaubst  du  wohl,  wie  lang  der 
Mensch  ohne  Wasser  auskommt  ? 

EDGAR:  Vorkommen  soll's,  Mäxchen,  daß  er  ein 
Leben  lang  dursten  muß  ... 

MAX:  Hab'  ja  was  Furchtbares  gesehen  .  .  .! 

EDGAR:  Furchtbar?  Weiß  nur  .  .  .  eins;  aber  das 
meinst  du  nicht  .  .  . 

MAX  {wichtig):  Hör'  mal:  Unsre  Reiter  müssen  be- 
schäftigt werden  .  .  .    {Ab.) 

EDGAR:  Dachte:  Hättest  'n  neuen  Planeten  entdeckt 
für  Kreaturen  wie  mich  .  .  .  {geht  weiter^  liest). 

ERNST  {kommt  hinterher,  ruft  ihn  kurz  an):  Det- 
leffsen ! 

EDGAR  {sieht  sich  um):  Ja? 

ERNST:  Wieviel  Patronen? 

EDGAR  {geht  langsam  auf  ihn  zu):  Schlichting! 

ERNST    {ausweichend)    Immer   noch   nicht   gezählt  ? 

EDGAR:  Du!  .  .  .  Woll'n  wir  bis  zum  Tod  neben- 
einander so  herlaufen  ?  . 

ERNST:  Verteil  sie  sinngemäß  an  die  Reiter. 

EDGAR:  Warfst  mir  Knüppel  in  den  Weg,  seit  wir 
uns  kennen  ... 

ii8 


ERNST:  Die  Meldung  hätte  ich  gern  gleich! 

EDGAR  {unbeirrt) :  Bin  drüber  raus  .  .  .  mich  zu 
schämen!  zu  ducken  .  .  .  Kraft  gab  mir  Pfarrer  Götz! 
•  ERNST  (läßt  ihn  stehen). 

EDGAR:  Deine  Hände! 

ERNST:  Zum  Dienst  geh'! 

EDGAR:  Sind  bald  am  Ende!    Gibt's  keine  Brücke? 

ERNST:  Mit  dir  verbindet  mich  der  Dienst! 

EDGAR:  Gut!  .  .  So  kämpfen  wir  für  den  König 
doch  .  .  .  beide ! ! 

ERNST  {sieht  ihn  verächtlich  an) :  Posten  kriegen  dop- 
pelte Munition!    {Jb.) 

EDGAR :  Schlichting !!!...  {dann  nach  hinten  zu  den 
Soldaten)  ha,   ha ! !  ...  Also  los :  Patronen  vorzeigen ! ! 

HARRY  {deutet  auf  eine  Gruppe  von  Reitern):  Haben 
die  da  aufgemuckt! 

MAX:  Die  waren's! 

HARRY:  Bande! 

CURT  {kommt  über  die  Steine,  matt):  Wasser! 
Kerlchens ! 

HARRY  und  MAX:    Curt! 

CURT:  Wasser! 

HARRY:  Fließt  auch  in  Afrika  nicht  bergauf  .  .  . 

CURT:  Nirgends  Wasser!!    {Verzweifelt  ab.) 

MISTER  {zu  Ernst,  der  auf  ihn  mit  Bitten  einstürmt) : 
Herrschaften,  quält  einem  nicht  bis  aufs  Blut  ... 

ERNST:  Warum  nicht  mehr  mein:  Freund? 

MISTER:  Ich  sage:  quält  einem  nicht  so  .  .  .  Bengel, 
ich  hab  'n  Herz,  'n  Herz  hab'  ich  .  .  .  Nun  .  .  ,  macht 
mich  nicht  rabiat  ... 

CURT  {kommt  zurück):  Ernst!  aus  dem  Feldlaza- 
rett .  .  . 

ERNST:    Aus    dem    Hauptquartier    was   gehört? 

CURT:  Nein. 

ERNST  {wirft  den  Zettel  wütend  auf  die  Erde). 

CURT  {hebt  ihn  auf) :  Von  deiner  Braut  .  .  . 

ERNST:  W'as?  {Überfliegt  den  Zettel  —  rennt  zum 
Mister  —   zu    Curt,   zu   Harry  nach   Worten  suchend.) 

119 


Bin  ich   bei   Sinnen   noch?     Ist's   möglich?    Mädchen! 
tapferes  Mädchen!! 

REITER  {ruft  von  unten):   Oberleutnant  Albemarle! 

STIMMEN:  Oberleutnant  Albemarle! 

MISTER:  Hier! 

REITER:  Auftrag! 

MISTER:  Was  denn?    Für  mich? 

REITER:  Vom  III.  Bataillon  .  .  . 

ERNST  {auf  Harry  zu):  Harry,  was  soll  ich  davon 
halten  ?  Hedwig  ist  hier  ?  {Dann  auf  Mister  zm)  :  Er- 
ahnt!   nun  gewiß!! 

MISTER  {zu  den  anderen  lebhaft,  indem  er  sich  rüstet) 
Lebt  wohl  .  .  .  ich  sage  ade! 

ERNST  {zu  Curt) :  Das  Lazarett,  is  es  weit  von  hier  .  .  ? 

CURT:   Bin  zwei  Stunden  geritten  .  .  . 

ERNST:  .  .  .  zwei  Stunden  nur!!  Und  jetzt  hier 
eingesperrt  zu  sein! 

MISTER:  Nu  is  's  wieder  ne  Lust  Soldat  zu  sein, 
aber  'ne  ganz  höUische   Lust  .  .  . 

ERNST:  Hetelchen! 

MISTER:  Endlich  weiß  man  .  .  .  wofür  das  Blut 
kocht  .  .  .  Teufel  ...  das  weiß  man  jetzt  .  .  .  Der  Auf- 
trag hat's  in  sich.  Das  is'n  Pöstchen!  Schwerenot  — 
nochmal  ...  ein  ganz  höllisches  Pöstchen  is  das!  Nu 
hoff  ich  blos,  daß  die  Engel  da  oben  keine  Mädchen 
sind  ....    Mehr  erhofft  sich  der  Mister  nun  nicht  .  .  . 

ERNST:  Haben  ja  meine  Hedwig  beschützt  .  .  .  {zu 
den  andern). 

MISTER:  So  oder  so  .  .  .   Kinders  .  .  . 

ERNST:  Warum  wollten  Sie  keinen  Dank?! 

MISTER:  Ich  sag  so  oder  so  {gibt  Ernst  kräftig  die 
Hand):  aber  in  Ehren!   {stürmt  ah). 

ERNST:    Hören  Sie  .  .  .  Mister!! 

MAX  {nach  Pause) :  Meint  ihr  ...  ,  daß  er  wieder- 
kommt .  .  . 

ERNST  {ist  ihm  nachgegangen,  dann  oben  auf  dem  Fels, 
durch  die  Zähne) :  'N  Glückspilz  is  er  doch !  {kommt  zu- 
rück., zwingt  sich  gewaltsam  zur  Haltung. 


I20 


HARRY  {leichthin) :  Um  'n  Mister  is  mir  nich  bange, 
{Dann  ahnungsvoll  tief)    wird  sich  schon  amüsieren  .  .  . 
ERNST  {krallt  Harry  ins  Haar)-.  .  .  .  Sonniger  Kerl! 
CURT  {lehnt  völlig  erschöpft  an  einem  Fels). 
MAX:  Was  hast  du? 
CURT  {teilnahmslos). 
HARRY  {kommt  hinzu):  Heult  er? 
MAX:  Curt! 

CURT:  Mein  Rappe  .  .  .  ! 
HARRY:  KoHk? 
CURT:  Tot,  is  tot .  .  . 
HARRY:  War'n  schöner  Gaul. 
MAX:  Armes  Tier. 

HARRY:  Keine  Seltenheit,  daß  'n  Gaul  krepiert  .  .  . 
CURT:   Wie   der   Wind   über  die   Wüste  strich  .  .  . 
weitfern  .  .  .     Wie'n    Grablied   klang's  .  .  .    {leise)    Mo- 
hammedchen ! 

EDGAR  {tritt  auf,  grüßt  zu  Ernst):  Patronen  ver- 
teilt!   {Bemerkt  Curt,  stürzt  wie  unsinnig  vor  Glück  auf 
ihn  zu)  Jungchen!! 
HARRY  und  MAX:  Er  fällt  .  .  . 
EDGAR:  Helft! 
ERNST  {springt  zu):  Rock  auf! 
CURT:  's  brennt  .  .  , 
HARRY:  Zu  schnell  geritten  .  .  . 
MAX:  Gejuxt  .  .  .  natürhch  ,  .  . 
CURT  {zu  Ernst):   Hatt's  deiner  Braut   doch  ver- 
sprochen .  .  . 

EDGAR   {stutzt,   dann  rasch  zu  Harry   und  Max): 
Wovon  spricht  er?    Phantasiert  er  schon? 
MAX:  Frag'  Ernst! 
EDGAR:  Sagt's! 

ERNST:  Er  hat  mir  Nachricht  gebracht  .  .  . 
HARRY:  Von  Hete  Kracht .  .  . 

EDGAR:  ...  dir??  {nach  und  nach  in  Hohngelächter 
endend)  ha,  ha  ...  ha  ..  . 
CURT:  Wasser! 
EDGAR  {schreit  Ernst  an):  Hör'sü 


121 


ALLE:  Woher? 

EDGAR  (zu  Ernst) :  Woher  ?  .  .  .  Schaffs !  .  .  .  oder 
läßt  du  verdursten  den,  der  dir  .  .  .  ha,  ha  .  .  .  komm! 
komm!!  (schleppt  Curt  ins  Zelt  —  hinterher). 

MAX:  Nicht  tragisch.  (Zögernd)  Ich  finde,  man  muß 
den  Humor  behalten  .  .  .  (ab). 

HARRY:    Na? 

ERNST:    Was? 

HARRY:    Nichts,  ha,  ha  .  .  . 

ERNST  (verbrennt  den  Zettel):  Man  müßte  ein  Riese 
sein ! 

HARRY:    Probiere  deine  Kraft! 

ERNST:    Zwecklos  ist's  ... 

HARRY:  .  .  .  Und  du  sprichst,  wie  ein  verständiger 
Mensch  .  .  .  ? 

ERNST:  Wie  ein  Mensch,  der  anrennt  gegen  Mau- 
ern .  .  . 

HARRY:    In  dir  selbst  ist  die  Mauer  .... 

ERNST:    Man  kommt  eben  nicht  drüber  weg  .  .  . 

HARRY:  Was  willst  du  dann  hier?  Deine  sieben 
Sachen  pack!    Nach  Hause  fahr  .  .  . 

ERNST:  Du  hast  leicht  spotten  .  .  .  Gebunden  ist 
mein  Herz  durch  Pflicht! 

HARRY:  Pflicht!  Hausordnung  für  Kasernen  .  .  . 
Fahr  in  die  Heimat  zurück.  .  .  mach  Hofbälle  mit  .  .  . 
lern  wieder  Hurra  schrein  .  .  . 

ERNST:    Wie  du  sprichst  .  .  . 

HARRY:  Deine  Sachen  pack!  Hier  draußen  braucht 
man  'n  Kopf,  der  weiß,  was  er  will!  ....  im  übrigen 
ist  die  Verdauung  zu  regeln.  Pflichtmenschen  sind  hier 
nicht  zu  gebrauchen  .  .  . 

ERNST:    Was  quälst  du  mich! 

HARRY:  Steh  fest  auf  deinen  zwei  Beinen  .  .  . 
Handle  nach  deiner  Kraft! 

ERNST:  .  .  .  Darf  sie  nicht  ineinanderwachsen  .  .  . 
mit  dem  da  .  .  .  (deutet  aufs  Herz)  bis  an  die  Sonne  .  .  . 
adlerfrei  .  .  . 

HARRY:    Sie  darf  es  .  .  . 


122 


ERNST:    Wie? 

HARRY:  Oder  darf  sie  es  nicht  .  .  .  Ich  sag  dir  .  .  . 
Sie  darf!    sonst  nutzt  sie  keiner  Hundeseele  .  .  . 

ERNST  Ach  — !  {In  tiefstem  Grübeln.)  SoU  alles 
gehn,  wie's  geht  .  .  .! 

HARRY:  Ich  denk:  Ich  red'  zu  'nen  verständigen 
Menschen  .  .  . !  Will  dir  sagen,  wie  deine  Karten  stehn ! 
Pack  am  Schopf,  was  du  kriegen  kannst  .  .  . 

ERNST:  'S  kommt  doch  alles  .  .  .,  wie's  kommen 
soll  ... 

HARRY:    Naiv  .  .  . 

ERNST:  Uns  lenkt  eine  Macht  ...  ob  wir  am  Zü- 
gel knirschen,  oder  nicht  .  .  .    Glaub  mir! 

HARRY :  An  deinen  Bauch  glaub,  wenn  er  knurrt  .  .  . 
den  Arm,  wenn  du  ihn  spannst  .  .  . 

ERNST:  Harry!  .  .  .  ich  sage  dir  .  .  .  wir  stehn  nicht 
allein  in  der  Welt  .... 

B.AKRY  {ironisch):  Komm!  Komm!  Über  die  Wüste 
sieh,  wie  sie  so  unendHch  ist  .  .  .  zum  Himmel,  wie  er  so 
weit  von  uns  blinzelt  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

ERNST  {sieht  zum  Himmel):  Aber  ich  fühle  den 
Zusammenhang 

HARRY:   Lern  ihn  aus  dem  Gesetz  .  .  .  der  Kraft  .  . 

ERNST:    Aus  uns  allein  kann  nichts  kommen  .  .  . 

HARRY:  Was!?!  Sieh  mich  doch  an!  Wer  half 
mir  aus  dem  Dreck  .  .  ,  .?    ...  Keiner! 

ERNST:    Harry! 

HARRY:  Keiner,  aber  mich  ducken  lassen!!  Ha, 
Jetzt  steh  ich  vor  dir,  der  Gemeine,  vor  dem  Leut- 
nant! Du  weißt  nicht  ein  noch  aus  .  .  .  und  trägst 
doch  den  Mantel  der  Pflicht  .  .  .  Zugeknöpft  bis  ans 
Gehirn  .  .  .  ich  — ,  der  leichtsinnige  Hund  bin  voll 
guter  Laune  .  .  .  ha,  ha  .  .  . 

ERNST:    Was  soll  das  alles! 

HARRY:  Gibt  dirs  nicht  zu  denken  .  .  .  ? 

^KNST  {gequält):  Aber  mein  Blut,  das  seit  Jahr- 
hunderten gedrillt  ist  zu  gehorchen  — !!  Komm  nicht 
drüber  weg  —  komm  nicht  drüber  weg, 

123 


HARRY:  Wie  das  tönt.  Damit  magst  du  Hansen  im- 
ponieren, dem  Leben  bist  du  keinen  Pferfferling  wert  . .  . 
ERNST:  Ja!  Ich  fühl's.  Sich  ducken  ...  das  ganze 
Leben  immer:  ducken!  Willkür  gängelt  uns!  Vor 
diese  Glut,  den  Drang  zur  Tat  .  vor  jeden  Wunsch 
stellt  man:    Du  sollst! 

HARRY:  Sag  du:  „Ich  wiU!"  In  Fetzen  aUe  Tra- 
dition! Auf  sich  selbst  steht  man  hier!  Leuchtet  dir 
das  nicht  ein  ?  Wem  sonst  bist  du  verantwortlich,  als 
deinem  ehrlichen  WiUen  .  .  . !  Dem  Geist,  an  den  du 
glaubst  ...  ich  nenn  ihn:    Kraft  .  .  .,  du  .  .  .  Gott  .  .  . 

ERNST:    Harry!  Harry! 

HARRY:  Oder  gibt's  einen  höheren  Vorgesetzten? 
Ha,  ha.  Es  gibt  auch  keine  höhere  Pflicht  .  .  .  erfülle 
sie  .  .  .  so  erfüllst  du  dich  ihm  .  .  .  Laß  deine  Glut  nicht 
verpuffen  .  .  .  die  Formen  sind  tot,  kein  Affe  krigt  sie 
lebendig  .  .  . 

ERNST:  Du  .  .  .!  Hätt  ich  nur  die  Gewißheit  .  .  . 
nur  das  Gefühl  von  Recht  .  .  .  (jubelnd)  Ich  wollt  nicht 
eher  müde  sein  zu  kämpfen  .  .  .  mit  jeder  Fieber 
meines  Bluts  .  .  .  bis  .  .  . 

HARRY:    Junge  .  .  .!    {Faßt  beide  Hände  von  ihm) 

PÖSTEN_(«ÄfÄ  unten):    Halt!    Wer  da  .  .  .? 

HANS  J  JRGEN  {kommt  über  die  Felsen):  Quatsch 
nich!  Donnerweter  'n  romantisches  Räubernest  .  .  .! 

BIDE:    Jochen! 

HARRY:    Du  kommst  von  der  Artillerie? 

HANS  JÜRGEN:    Ja! 

ERNST:    Sind  die  Batterien  in  Stellung  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Stecken  gebheben  ...  aUe  Ge- 
spanne verdurstet  .  .  . 

HARRY:    Schlappheit! 

ERNST  {impulsiv):  Mit  meiner  ganzen  Mannschaft 
will  ich  hin  .  .  . 

HANS  JÜRGEN :  Mensch !  Du  darfst  doch  nicht  fort . . . 

ERNST  {mit  Bedeutung  zu  Harry) :  Harry! . . .  ha,  ha . . . 

HANS  JÜRGEN:  Gleich  dem  Hauptquartier  mel- 
den  .  .  . 


124 


HARRY  (zu  Ernst):    Laß  mich  zur  Artillerie  .  .  . 

ERNST:  Also  dem  Hauptquartier  melden  .  .  .    (Jb.) 

HARRY:    Wo  steht  die  ArtiUerie  .  .  .? 

HANS  JÜRGEN:    Auf  halber  Höhe  .  .  . 

HARRY:    Doch  schon  so  weit  .  .  .! 

HANS  JÜRGEN:  War  nur  erst  Hilfe  da  .  .  .  (^b 
hinter  Ernst.) 

HARRY:  Bravo  mein  Spinnchen!  Schon  wetter- 
leuchtets!   {Klettert  auf  die  Felsen,  beobachtet  ins  Tal). 

I.  REITER  {kriecht  vorsichtig  hinter  dem  Zelt  hervor) : 
Habt  ihr  gehört  ?   Alles  verdurstet ! 

REITER  {murmeln). 

I.  REITER:  Wer  verdursten  wiU,  tu's! 

REITER:  Keiner  wiU's! 

1.  REITER:  Unten  im  Tal  sind  die  Wasserlöcher! 
REITER:  Hin! 

2.  REITER:  Dürfen  nicht! 

I.  REITER:  Aber  sterben  dürft  ihr:  Idioten! 

REITER:  {scheu,  nach  und  nach  über  die  Bühne). 

HARRY  {bemerkt  den  Lärm,  wendet  sich  rasch  um, 
erkennt  die  Situation) :  .  .  .  Wohin  ?  {Ruft  zu  den  Posten) 
Posten !   aufpassen !    ...   Soll  ich  euch  hängen  lassen  ? 

1.  REITER  (frech):  War'  besser  .  ,  .  Dann  war'  man 
gleich  auf  einmal  tot  .  .  . 

HARRY  {stößt  ihn  von  dem  Felsen):  Sollst  parieren 
lernen. 

REITER  {murren). 

2.  REITER  {flötzlich  angsterfüllt) :  Nicht  melden  .  .  . 
REITER  {winseln):  Nicht  melden! 

2.  REITER:  Nur'n  Schluck  Wasser  wollten  wir  ja  .  .  . 
HARRY:  Betrunken  seid  ihr! 

2.  REITER:  Bei  Jesus  Christ!  .  .  .  wir  sind  nicht  be- 
trunken .  .  . 
HARRY  {drängt  sie  zurück):  In  eure  Zelte! 
EIN  REITER  (phantasierend):  Gehört? 
ALLE:  Was? 

EIN  REITER  {aufatmend):  Ein  Schuß!! 
ALLE  {horchen  auf):  Ein  Schuß!! 

125 


HARRY:  Euch  spukt's  im  Gehirn. 

EIN  REITER  {tanzt  wie  unsinnig :  Der  erste  Schuß. 
Der^rste  Schuß! 

HARRY:  Vorwärts.    Hosen  runter! 

REITER  {ziehen  ihn  lachend  zurück). 
^  MAX    {kommt    aus    Edgars    Zelt):    Der    Curtü  .  .  . 
Situation  wird  immer  verteufelter  .  .  . 

HARRY:  Also  raus  doch  den  Teufel:  Baron! 

MAX:  Den  Teufel,  sagst  du? 

HARRY:  Ich  sag:  's  kann  nicht  alles  nach  Schablonen 
gehn  .  .  . ,  wenn  die  Hölle  die  Farben  mischt  .  .  . 

MAX:  Von  was  für  'ner  Hölle  sprichst  du? 

HARRY   {klofjt   ihm   auf  die   Brust):   Da   —  Mäx- 
chen  .  .  . 

MAX  {ausweichend,  verlegen) :  Ha,  ha  .  .  .  {Man  hört 
Reiter  vorkriechen) 

HARRY   {sieht  sich   rasch  um  .  .  .  Reiter  stutzen,   — 
kriechend  zurück). 

MAX:    Mach'    mir    mal    bitte    meinen    Stehkragen 
ab  .  .  . 

HARRY   {hat   ihm   den   Kragen   abgeknöpft):    Feiner 
Hund!  noch  saubre  Wäsche? 

MAX:  Ja!  ja!    {Leise  zu  Harry) Du!! 

HARRY:  Ja? 

MAX:  Ich  möchte  mal  schreien  dürfen  .  .  . 

HARRY:  Tu's! 

MAX:  Laut  in  die  Wüste  schrei'n!  .  .  .  oder  'n  Herero 
verhau'n  .  .  .    Irgendwas! 

HARRY:  Ha,  ha...  Tu's! 

MAX:  .  .  .  Du  glaubst  nämlich  gar  nicht,  wie  pein- 
lich mir  solche  Schwüle  ist  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  {von  oben  mit  Ernst):  Das  Haupt- 
quartier antwortet  nicht  mehr  ... 

HARRY:  Waas?! 

ERNST  {in  verzweifelter  Überlegung):  Still! 

HARRY    {plötzlich    außer    sich):    Hurra!    die    ganze 
Welt! 

ERNST:  Verstand!! 

126 


HARRY:  Stehst  da?!  überlegst?!  Jetzt  befiehlst  du! 
{Man  sieht  Signale) 

REITER  {von  oben):  Meldung:  Zweites  Feldregiment 
hat  die  Umgehung  beendet  .  .  .  {Pause  .  .  .  alle  beobach- 
ten .  .  .  es  wird  signalisiert) 

ERNST  {ruft  nach  oben) :  Und  das  Hauptquartier  ?  .  .  . 

REITER:  Keine  Antwort  .  .  .! 

HARRY  {zu  Ernst):  Irgend  was  muß  geschehn! 

HANS  JÜRGEN  {zu  Harry) :  Nicht  was  du  denkst  .  .  . 
{zu  Ernst):  Ernst!!! 

ERNST  {zu  Max) :  Zum  Apparat  geh'  .  .  . 

MAX:  Wohl! 

ERNST  ,  .  .  {kalt,  entschlossen) :  Ich  werde  handeln  .  .  . 
wie's  der  Oberst  will! 

HANS  JÜRGEN:  Doch  selbstverständlich  .  .  . 

HARRY:  Ihr  seid  toll! 

REITER:  Meldung  drittes  Bataillon  erwartet  den  An- 
griffsbefehl .  .  ,  {wieder  Pause)  .  .  .  Signale  werden  be- 
obachtet .  .  ) 

HARRY:  Gib  ihn! 

HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter!  Bist  verrückt  {zu 
Harry). 

HARRY  {zu  Ernst):  Selbsttätigkeit  der  Unter- 
führer ! 

REITER  {kommen  vorgekrochen,  so  daß  ihre  Kö-pfe  als 
Silhouette  sichtbar  sind;  zischeln  wie  das  Gespenst  des 
Durstes  .  .  ):  Wasser !  Wasser ! 

REITER :  Meldung  .  .  .  Alle  Regimenter  stehn  am 
Feind! 

ERNST:  Jetzt  vom  Hauptquartier  Antwort? 

REITER:  Nein! 

ERNST  {schnell  zu  Harry):  Vorwärts,  Harry:  Du,  jag' 
hin! 

HARRY:  Wohin?  zur  ArtiUerie! 

ERNST:  Zum  Hauptquartier  .  .  . 

HARRY:  Wahnsinn!  Bis  ich  zurück  bin,  krepieren  dir 
alle! 

ERNST:  Widersprich  nicht! 

127 


HARRY:  Wie  du  willst! 

ERNST:  Ich  befehl  ...  es! 

HARRY:     Hab'    ich    alles    in    den    Wind    geredet! 
Handle! 

ERNST:  Henner! 

HARRY:  Herr  General!  ha,  ha  (zu  Hans  Jürgen) :  Wie 
lange  braucht  die  Artillerie  hierher  ? 

HANS  JÜRGEN:  Viertelstunde  .  .  . 

HARRY  {schnell  zu  Max):  Mäxchen,  hast  du  mal  'n 
Menschen  gesehn,  dem's  Glück  nachläuft  ?  .  .  . 

MAX :  Das  Glück,  sagst  du  ...  ? 

HARRY:    Auf   meinem    Kopf  könnt   ich   tanzen  .  .  . 
{Stürmt  ab.) 

V.  FAVARGER  {eilig) :  Was  ist  los ! 

HANS  JÜRGEN:  Kerl!! 

V.  FAVARGER:    Bin    aus    dem    besten    Schlaf    ge- 
weckt .  .  . 

EDGAR  {kommt  aus  dem  Zelt,  trägt  Curt  in  den  Armen) . 

ALLE:  Wohin? 

EDGAR  {scharf):  Tax  den  Wasserlöchern! 

ERNST:  Halt! 

EDGAR:  Vorbei! 

HANS  JÜRGEN  {zu  Edgar):  Gehorche! 

V.  FAVARGER:  Gehorche! 

REITER  {drängen  Edgar  nach) :  Vorbei  .  .  .  Leben !  .  .  . 
Saufen ! 

ERNST:    Bestien!!    Erst:  Pflicht!  ..  .   dann  Leben! 

EDGAR  {will  mit   Gewalt  vorbei):   Leben  .  .  .    dann 
Pflicht! 

HANS  JÜRGEN  und  MAX  {nehmen  sofort  für  Ernst 
Partei,  zu  Edgar):  Quaßle  nicht! 

ERNST  {sf ringt  auf  Edgar  zu) :  Vom  Apparat  fort ! 

MAX:  Ich  laß  keinen  ran!! 

MAX:  Die  Leute  sind  nicht  mehr  sicher: 

HANS  JÜRGEN:  {zu  Edgar):  Wohl  besessen!! 

ERNST:  Henner  bringt  Befehle! 

EDGAR  {wendet  sich  impulsiv  über  Ernst  weg  an  die 
Reiter):  Zur  Rache  kamt  ihr  raus? 

128 


REITER:  Ja! 

EDGAR:  Für  ermordete  Farmer? 

REITER:  Für  ermordete  Farmer  1 

EDGAR:  Also  . . .  auf  mein  Kommando  hört . , . 

ERNST:  Vom  Leibe.,.  ! 

EDGAR  (zu  Ernst,  auf  ihn  weisend) :  Auf  dem  Spiel 
steht  alles !   Der  ist  zu  feig ... 

HANS  JÜRGEN  (tritt  zu  Ernst,  ihm  zu  helfen): 
Donnerwetter!  Donnerwetter!! 

EDGAR:  Im  Tal:  Ehre!  Leben.  Hier  verrecken  .  ,  . 
Schakalfutter  ... 

REITER  (schaudernd):  Schakalfutter... 
-EDGAR:  Voran:  Ich  geb'  das  Signal.     ■  ■  ■ 

ERNST:  Ich  spaß'  nicht  (er  droht  zu  schießen). 

REITER:  Kämpfen! 

EDGAR:  Los!    Vorbei!  : 

REITER  (laut):  Zum  Apparat!  (drängen  vor). 

ERNST:  Finger  fort!! 

EDGAR:  Beißt  ihm  die  Gurgel  durch!   : 

ERNST  (ganz  außer  sich,  mit  umgedrehtem  Kara- 
biner auf  Edgar  los):  Du  Hund! 

HANS  JÜRGEN  (hält  Ernst  am  Arm):  Halt!  (auf 
Edgar  weisend):  Kein  Offizier  mehr! 

EDGAR:  Beißt  sie  ihm  durch!! 

ERNST:  KnaU  jeden  in  den  Dreck! 

REITER  (weichen  zurück). 

EDGAR:  ...Wollt  nicht?  Angstl  .  .  Weiber  if 
{plötzlich  auf  Curt  zu,  reißt  sich  Rock  auf,  schneidet 
sieh  die  Brust  auf)  du  sollst  leben ! !  {läßt  ihn  Blut  trinken). 

ERNST  (taumelt  zurück  .  .  .):  Blut  .  .  .!  : 

REITER  (schaudernd  .  .  .):  Blut ... 

ERNST  (nach  und  nach  sich  besinnend  ,  .  .,  erwachend) : 
Soll'n  alle  verdursten,  weil  man  mir  keine  Befehle 
schickt .  .  . !  Und  kostet's  meinen  Köpf.  (Er  befiehlt 
Max) :  Leuchtkugeln  hoch  .  .  . 

HANS  JÜRGEN  (vertritt  den  Weg):  Gegen  den  Be- 
fehl?! 

ERNST:  Was  weißt  du! 

129 


HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter!  Dohn:erwett6r ! 
ERNST  {stößt  ihn  zurück):  Lern'  du  dein  ABC  .  .  . 
V.  FAVARGERi  Raseöd!    (Beide  halten  Ernst) 
ERNST:  Sollte  der  gahze  Krieg  nutzlos  sein!?!  — 
Platz! 

•  HANS  JÜRGEN:  Solang  ich  Offizier  bin,  nicht! 

ERNST:  Himmel  un4  Hölle! 

HANS  JÜRGEN:  Mensch!    {Hält  ihn  fest) 

V.  FAVARGER  {hilft  Hans  Jürgen) :  Du  mußt  war- 
ten .  .  .  aufs  Hauptquartier  ... 

ERNST  {macht  sich  frei  .  .  .  wild  .  .  .  stolz) :  Mußt  ? !  .  . 
Spielt  Zinnsoldaten!  {Stürzt  zum  Jpparat,  den  Max 
freiläßt .  .  .) :  Mich  haltet  ihr  nicht !  {Er  gibt  das  Signal .  . 
Die  Leuchtkugeln  fliegen  in  die  Luft .  .  .  gleich  darauf  hört 
man  von  unten  her  hinter  den  Felsen): 

REITER:   Hoi!   Ho!     Feste!    Hoi!   Ho! 
Feste! 

Peitschengeknall.    Räder gefolter.  ■ 

HARRY:  In  die  Speichen  gefaßt! 

REITER r  Hoi!  Ho!    Feste! 

{Darauf  Jubel  ■ —  Stimmengewirr) 

HARRY  {mit  aufgekrempelten  Ärmeln^  stürzt  über  die 
Felseri). 

ALLE:  Harry! 

HARRY:  Artillerie  zur  SteUe! 

HANS  JÜRGEN:  Und  das  Hauptquartier? 

HARRY    {zu   Ernst) :    Aufgefahren    sind   alle    Batte- 

■  1 


rien 


,    ERNiST  {wild  —  zu  den  Reitern):  Zelte  abbrechen! 

HARRY:  Tanzt,  Kinders,  tanzt! 

CURT:  Schleppt  mich  mit  euch. 
:    V.  FAVARGER:  Denn  man  los  .  .  . 

HANS  JÜRGEN:  Also  los  .  .  . 

HARRY  {unter  den  Reitern):  Karabiner  raus,!! 

MAX  {hat  sich  auch  di^  Ärmel  aufgekrempelt .  .  »  rauf- 
lustig): Hab'  nämlich  'ne  unbändige  Wut  auf  Schwarz- 
hsEter.    {Hinterher  ab) 

ERNST  {bei  Edgar):  Du...! 

J3P 


EDGAR  {abweisend) :  Laß  .  .  .  Meine  Patronen 
nimm  ... 

ERNST  (zx^  Harry):  Die  Reiter  führ'  ins  Gefecht! 

HARRY:  Und  du? 

ERNST:  —  Zum  Oberst! 

HARRY:  Aber  der  ganze  Busch  steckt  voll  Hereros! 

ERNST  {siegesgewiß):  Und  w^nn  ich  durchlöchert 
werde!    Ich  will  zu  ihm  hin.  ._ 

HARRY  {zu  den  Reitern):  Vorwärts!  Über  die 
Felsen  gekrochen! 

ERNST:  Um  deinen  Degen  geht's! 

REITER  {einer  Flucht  nach  vorn  ähnelnd):  Zu  den 
Wasserlöchern!    Kämpfen!    {Alle  ab.) 

ERNST  {sf ringt  auf  die  Felsen  —  breitet  beide  Arme 
zum  Himmel  aus,  aufjauchzend) :  Ach  .  .  . !  Dir  zu  ge- 
horchen! .  .  .    Titanenrausch!    {Schnell  ab) 

Vorhang. 


131 


ZELTBILD. 

Offiziere  v.  Heidenberg,  Eckbrecht. 

V.  HEIDENBERG:  Von  der  Artillerie  noch  keine 
Meldung! 

OBERST:  Aber  die  Angriffsbefehle  sind  vorbereitet! 

V.  HEIDENBERG:  Jawohl!    Herr  Oberst. 

ECKBRECHT:  Wollte  gehorsamst  fragen,  ob  die 
Signallampe  wieder  antworten  darf? 

OBERST:  Nein  .  .  .  Durch  vieles  Signalisieren  macht 
man  die  Schwarzen  aufmerksam  .  .  . 

ECKBRECHT:  Aber  Schlichting  wird  die  Besinnung 
verlieren  — 

OBERST:  Sie  mögen  so  was  denken!  Hörerj  will 
ich's  nicht!  Was  er  zu  tun  hat,  ist  ihm  bekannt.  Mein 
Befehl  ist  nicht  zu  deuteln  .  .  .  {Eckbrecht  grüßt)  Das 
erste  Ziel  bleiben  die  Wasserlöcher. 

OFFIZIERE  {grüßen,  alle  ab). 

HEDWIG :  Du  stellst  ihn  auf  sehr  harte  Probe  .  .  . 

OBERST :  Kind !  Was  denkst  du  von  mir  .  .  . 

HEDWIG:  Verarg  mir's  nicht.    Ich  hab  ihn  lieb  .  .  . 

OBERST  {verwirrt) :  Ja,  verlang  ich  Unmögliches  ?  Er 
ist  Offizier!  .  .  . 

HEDWIG :  Aber  .  .  .  doch  ganz  allein  auf  der  Sta- 
tion .  .  . 

OBERST:  So  zeig  er,  wer  er  ist! 

HEDWIG:  Aber.  .  . 

OBERST:  Aber  .  .  .  aber  .  .  .  Man  muß  den  Bogen 
spannen  können;  sonst  taugt  er  nichts  .  .  .  Ich  habe 
Großes  vor  mit  ihm  .  .  . 

HEDWIG :  Wann  wird  die  Schlacht  denn  sein  ? 

OBERST:  Sobald  die  Artillerie  ran  ist  .  .  . 

HEDWIG :  Vor  Sonnenaufgang  noch  ? 

OBERST:  Ich  hoffe  .  .  . 

HEDWIG :  Werden  wir  siegen  ? 

OBERST  {zuckt  die  Achseln). 

HEDWIG:  's  müßt  mit  dem  Teufel  zugehn,  wo  du 
kommandierst  .  .  . 

13a 


OBERST:  Ungeduldige  Draufgänger  .  .  . 

HEDWIG:  Den  Lorbeer  .  ,  ,  woher? 

OBERST:  Lorbeer?  unser  Name  soll  ihn  über- 
dauern ... 

HEDWIG  {hält  ihm  schnell  eine  Binde  als  Siegesreif 
um  die  Stirn,  stolz):  Imperator! 

OBERST  (einen  Augenblick  berauscht,  dann  kurz): 
Kindsköpfchen  ... 

ECKBRECHT  {mit  Ordonnanzoffizieren  stürzt  herein) : 
Am  Gebirge  entwickelt  sich  Gewehrfeuer  ,  .  . 

OBERST:  Ist  Ihr  Gaul  frisch? 

ERSTER  ORDONNANZOFFIZIER:  Jawohl. 

OBERST:  PatrouiUen  hin  .  .  . 

V.  HEIDENBERG:  Man  scheint  anzugreifen  .  .  . 

OBERST:  Wer  „man"?! 

ZWEITER  ORDONNANZOFFIZIER:  Verwun- 
dete! 

OBERST:  Ich  habe  keinen  Befehl  gegeben  .  .  . 

DRITTER  ORDONNANZOFFIZIER:  Angeschos- 
sene galoppieren  heran  ... 

OBERST  {ahnt  den  Zusammenhang). 

HEDWIG:  Vater! 

OBERST  {dann):  Lächerlich. 

ERSTER  ORDONNANZOFFIZIER:  Besinnungslos 
durcheinander ! 

OBERST:  Kann  nur  'ne  pflichtvergess'ne  Patrouille 
sein.    {Draußen  Rufe:  Platzl  zurück.) 

OBERST  {in  steigender  Erregung) : . . .  Feuer  auf  die  . 

VIERTER  ORDONNANZOFFIZIER  {stürzt  her- 
ein): Zurück!    {Stutzt,  wie  er  den  Oberst  sieht) 

OBERST:  Ihr  Portepee! 

ECKBRECHT:  Eine  Panik  im  Lager  .  .  . 

OBERST :  Peitscht  dazwischen  .  .  . !  {Draußen  Lärm 
von  Reitern) 

OBERST:  Oh  ...  oh  ...  oh  ..  .  {will  ab). 

ERNST  {von  Reitern  gestützt,  tritt  ein  .  .  .  man  merkt 
ihm  an,  daß  er  schwer  verwundet  ist .  .  .  Vater  und  Sohn 
sehn  sich  in  die  Augen). 

133 


OBERST,  (scharf):  Was  treibst  du  hier? 

ERNST:  Melde  gehorsamst  ... 

OBERST:  Woher?... 

ERNST:  Herr  Oberst!!  (faßt  ins  Zelttuch).  . 

OBERST:  Woher?  Woher? 

ERNST:  Befehl  zum  Angriff  ...  Ich  hab  ihn  ge. 
geben  .  .  . 

OBERST  (starrt  ihn  an,  .  .  .  dann  ganz  außer  sich  über 
Ernst  weg  zu  den  Offizieren):  Vorwärts! 

ERNST:  Halt! 

ECKBRECHT  (hält  Ernst  zurück):  Kerl! 

OBERST:  Meine  Schuld  ...  Zu  viel  vertraut  hab  ich 
dir  .  ,  . 

ERNST:  Kein  Leichtsinn  war's! 

OBERST:  Fort! 

ERNST:  Nein!  Nein! 

OBERST:  Pferde! 

ERNST:  Hör  mich  an  .  .  .! 

OBERST:  Keine  Zeit.  (Zu  den  Offizieren):  Los!  .  .  . 
meine  Herren  .  .  .,  diese  Befehlsleitung  muß  korrigiert 
werden  .  .  .  (ab  mit  allen)  .  .  . 

ERNST  (sieht  ihm  wild  atmend  nach  .  .  .). 

HEDWIG  (fliegt  auf  ihn  zu) :  Du  blutest  .  .  . 

ERNST  (kraUt  sich  ins  Zelttuch  .  .  .) :  Adieu,  Hed- 
wig ..  . 

HEDWIG:  Was  willst  du  tun? 

ERNST:  Leb  wohl  .  .  .  (will  fortstürzen). 

HEDWIG  (hält  ihn  auf):  Niemals! 

ERNST:    Ich  hoffte   ihn    zu   überzeugen!     So    ge- 
wiß!! ^  ^ 
(nach  Pause  .  .  .):  Abgekanzelt  wie'n  dummer  Junge  ? 

HEDWIG:  Der  Vater  war  erregt  .  .  . 

ERNST:  .  .  .  Die  ganze  Brust  brennt  noch  vom  Feuer 
solcher  Stunde!  Er  überschüttet  mich  mit  kaltem 
Hohn  ?! 

HEDWIG:  Ich  bitte  dich... 

ERNST:  Die  Glut!  Diesmal  löscht  sie  kein  Kom- 
mandowort!   Die  Flamme  schlug  zu  hoch! 

^34 


HEDWIG-:  Ich  will  bei  ihm  für  dich  bitten  ... 

ERNST  {schließt  Hedwig  -plötzlich  jubelnd  in  seine 
Arme):  Ach!  — 

HEDWIG :  Mich  wird  er  anhören  ,  .  . : 

ERNST:  Und  welch  Verbrechen  tat  ich?  Ich  gab  zu 
rechter  Zeit  der  Truppe  den  Befehl.  Sonst  lag  sie  jetzt 
im  Sand !  .  .  .  verdurstet  .  .  . !  Unsre  Rache  war  ver- 
pufft ... 

HEDWIG :  Er  weiß  davon  gewiß  kein  Wort ! 

ERNST:  Wer  ist  der  Oberst  überhaupt!!! 

HEDWIG:  Ich  will  zu  ihm  .  .  .  Um  dein  Leben 
zitt're  ich  sonst. 

ERNST:  Laß  er  mich  doch  erschießen!  Mein  Leben 
werf  ich  ihm  vor  die  Mündung  der  Gewehre  .  .  . 
Lachend!  ,  . 

HEDWIG:  Ernst!! 

ERNST:  Heut  bin  ich  avanciert:  General!  Feld- 
marschall!  .  .  .  Du!  .  .  .  Hab's  ja  erlebt!! 

HEDWIG:  Wie  es  mich  selig  macht! 

ERNST:  „Zuviel  vertraut  hab  ich  dir  .  .  ."  Ha,  ha  .  .  . 
Sagt  er  nicht  so  ?  .  .  .  Gibt  er  die  Freiheit  solcher  Tat 
nicht  zu  .  .  .,  hält  sich  an  Worte  —  hart  wie  im  Mittel- 
alter .  .  ,  {faßt  an  seine  Wunde)  .  .  .  Streich  ich  den 
Rock  .  .  .  aus  .  .  .  meinen  .  .  .  Träumen  .  .  .  {wankt  zum 
Bett). 

HEDWIG:  Wirst  bleich?  ...  Laß  dich  verbinden  .  .  . 

ERNST:  Muß  wohl  sterben  ...  Du  weinst? 

HEDWIG  {mit  äußerster  Selbstbeherrschung):  Ich 
lache!  .  .  .  Hab  dich  doch  in  den  Armen  .  .  . 

ERNST:  Daß  du  bei  mir  bist! 

HEDWIG:  Ich  wollte  es  immer  sein  ... 

ERNST:  Jetzt!  Jetzt!  Immer,  Hetelchen!  Nun 
bin  ich  dein!  ... 

HEDWIG:  Bist  du's?    Und  schäumtest  doch  über 
mich  fort  wie  ein  Gießbach  ... 
ERNST:  Hedwig! 

HEDWIG:  Ich  ertrug's  .  .  .  Aber  den  Vater  läßt  du 
jetzt  auch  hinter  dir  .  .  . 

135 


ERNST:  Vater  ?!?!...  {besinnt  sich)  ...  ja  so. 

HEDWIG:  Du  Krieger  du! 

ERNST:  Nimm  die  Haube  vom  Haar  ... 

HEDWIG:  Nicht .  ,  , 

ERNST:  Die  weiße  Totenhaube  ab  .  .  . 

HEDWIG:  Wie  wiUst  du  mich? 

ERNST  {reißt  die  Haube  ab) :  Deine  Haare  lös  auf  .  .  , 

HEDWIG:  Nur  für  dich  pflegt'  ich  das  Gold  .  .  . 

ERNST:  WiU  dich  fühlen! 

HEDWIG:  Schling  deine  Arme  um  meinen  Hals  .  .  . 

ERNST  {tut  es,  nach  einer  kleinen  Weile  richtet  er 
sich  plötzlich  schnell  auf  im  Bett). 

HEDWIG:  Was  ist? 

ERNST:  Glücksfieber  schüttelt  mich! 

HEDWIG  {hingebend) :  .  .  .  und  .  .  .  mich ! 

ERNST  {außer  sich) :  Auf  mein  Kommando  jauchzten 
Kanonen  ?    Reiter  stürzten  ins  Gefecht  ? ! 

HEDWIG  {enttäuscht):  Ernst?! 

ERNST  {rasend):  Was  da  {zeigt  nach  draußen)  nach 
Freiheit  schrie:  Geduckt!  Verdurstet!  Ich  hab's  ent- 
fesselt!   Ach  — !    Ich!    Ich  hab's  getan  .  .  .! 

HEDWIG:  Wie  du  glühst! 

ERNST:  Ein  Feuerkranz!  Die  Schläfen  brennen! 
Den  reißt  niemand  ab!  Der  ist  nun  mein!  In  mir! 
Um  mich,  Glanz  —  nie  erträumter  Glanz!! 

HEDWIG:  Daß  du's  erreicht  hast! 

ERNST  {zieht  sie  an  sich). 

HEDWIG:  ...aber  ich?  ... 

ERNST  {küßt  sie  wild). 

HEDWIG :  Und  doch  lieb  ich  dich,  so,  wie  du  bist ! 
Weil  du  so  bist!    Herrlicher  Mensch!! 

{Ein  Sonnenstrahl  fällt  grell  ins  Zelt.) 

ERNST:  Komm!  Komm!  {beide  halten  sich  um- 
schlungen). 

HEDWIG:  Schritte!  {schrickt  auf). 

ERNST:  Hetelchen! 

HARRY  {ist  eingetreten,  stutzt  .  .  .  dann) :  Alles  ge- 
fingert ! 

136 


ERNST:  Ich  halte  mein  Glück  .  .  . 

HEDWIG  {rasch,  leise  zu  Harry) :  Etwas  gehört  ? 
Vom  Oberst  ? !    Kommt  er  vor's  Kriegsgericht  .  .  .  ? 

HARRY :  Was  ? !  Als  ich  vorbeiritt,  schwenkte  man 
die  Hüte  ... 

ERNST:  Harry  .  .  .  Das  mußt  du  wissen  .  .  .  Ob  sie 
mich  köpfen,  oder  mit  Orden  behängen  ...  Ich  hab's 
gefühlt  .  .  ." 

HARRY  {gibt  ihm  die  Hand):  Was  man  will,  glückt 
immer  ... 

ERNST:    ...Der   muß   helfen... 

HARRY  {stolz,  himmelverachtend) :  Nee! .  .  .  Ernst  .  .  . ! 
{Draußen  Sprechen.) 

HEDWIG  {ängstlich  bei  Ermt):.  Man  kommt  .  .  . 

ERNST, (jpn'wgi  trotzig  auf):  Los!  .  .  .  {sinkt  auf  das 
Bett  zurück). 

HANS  JÜRGEN  {hinter  ihm  Offiziere) :  {zu  Harry) : 
Könnte  dich  prügeln  . ..  .  soviel  Dusel! 

HARRY:  Was? 

OFFIZIERE :  Hast  den  Degen  bekommen  .  .  . 

HARRY:  Wirklich?! 

CURT:,  Bist  wieder  Leutnant,  mein  Kerlchen  .  .  . 
,    HARRY:  Bin  wieder  Offizier! 

V.  FAVARGER:  Ja,  ja.    Grgtulor! 

HARRY  {außer  sich  vor  Jubel .  .  .  wirft  eine  Börse 
heraus) :  Da,  Kerls !  .  .  .  Plündert  meine  Satteltaschen  .  .  . 

CURT:  So  fängst  du  an  .  .  . 
.    HARRY:  Bin  wieder  Offizier  .  .  .  Hurra!    Heut  Soll 
die  Welt  Kopf  stehn  .  .  .  Ernst ! !  Vorwärts .  .  .  Aus  dem 
muffigen  Zelt!  .  . 

ECKBRECHT:  Schlichting!  Zum  Oberst!  Los!  Lös! 

HANS  JÜRGEN:  Wir  sind  ausgelernte  Sieger! 

OFFIZIERE:  Welches  Land  nun! 
.    HARRY  {mit  Ernst):  Wir  sind  dabei!  ... 

ERNST  {bricht  zusammen)  .... 
i    ALLE  {stutzen). 

V.  FAVARGER:  Komm!  ...  Ich  glaub',  man  darf 
dir  gratulieren  ... 

^7 


ERNST:  Euer  Pflaster  klebt  nicht.  {Stützt  steh  auf 
Hedwig.) 

HANS  JÜRGEN:  Donnerwetter  ... 

ERNST:  Hetelchen  .  .  . 

HARRY:  Er  wiU  sprechen  ... 

ERNST  (stirbt). 

(Es  tritt  Stille  ein.) 

OBERST:  Sieg  von  allen  Seiten!  .  .  .      - 

V.  HEIDENBERG:  Ich  soU  das  Kommando  haben  ? 

OBERST:  Ja!  (v.  Heidenberg  ab,  —  Oberst  zu  Eck- 
brecht) :  Er  will  nicht  kommen  ?  (glücklich :)  An  dem 
Stolz  erkenn'  ich  den  Bengel .  .  .  Muß  um  Vergebung 
selber  kommen.  (Bemerkt  die  Offiziere,  stutzt;  sachlich) : 
Ah  — ,  alle  Herren  .  .  .  Mir  ist  inzwischen  alles  be- 
richtet !  .  .  .  Also  es  gibt  tatsächlich  Fälle  .  .  .,  wo  es 
Pflicht  eines  Offiziers  ist,  zu  handeln  auf  eigene  Ver- 
antwortung! Schlichting  .  .  .  Ich  hab  Ihnen  Unrecht 
getan  .  .  .  War  nicht  orientiert  .  .  .  Wo  sind  Sie  denn  ? 

OFFIZIERE  (treten  zur  Seite). 

OBERST:  Nun.?  Du  ligst!  .  .  .  Hier  war  Selbsttätig- 
keit Pflicht  .  .  .  Gratulier  dir! 

HARRY  (will  zögernd  vor) :  Herr  Oberst  .  .  . 

OBERST  (zu  Ernst) :  Dein  Oberst  ist  zufrieden  .  .  . 

HEDWIG:  Genug... 

OBERST:  Lang  wart  ich  nicht  mehr.  (Wird  wieder 
kälter.) 

HARRY  (leise) :  Er  lebt  nicht  .  .  . 

OBERST:  Was  ?  ? !  (begreift .  .  .  reißt  Hedwig  fort .  .  . 
stürzt  auf  Ernst-)  Lebt  nicht?  Er  muß  ja  leben  .  .  . 
Du  mußt  mich  hören  .  .  .  (umschlingt  seinen  Kopf). 
Lippen  auf!  Du!  du!  Unmöglich!  ...  Er  kann  doch 
nicht  ... 

OFFIZIERE  (schweigen  ergriffen). 

MAX  (stürmt  herein) :  Sieg !  Sieg !  Wir  wollen  ein 
Tedeum  singen!  Sechs  Kapellen  ersetzt  mein  Baß  .  .  . 
Da,  Dum !  da  .  .  .  da  .  .  .  (wie  er  den  Kreis  der  Trauernden 
sieht,  endet  er  in  verlegenem  Räuspern). 

HARRY:  Unser  Ernst! 

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MAX:  Was  sagt  ihr? 

CURT:  Dahin  .  .  . 

MAX  {still) :  Hin  .  .  . 

OBERST  {richtet  sich  langsam  auf):  Leutnant  von 
Henner  .  .  . 

HARRY:  Herr  Oberst? 

OBERST:    Führen   Sie  .  .  .    {mit   Bezug   auf   Ernst). 

HARRY  {ordnet  alles  an). 

OBERST  {zu  Hedwig,  die  starr  dasteht)'.  Mein  Kind! 

OFFIZIERE  {heben  die  Leiche  auf). 

HEDWIG  {bittend):  Auf  den  Augen  laßt  ihm  den 
Hut .  .  . 

HARRY:  Den  .  .  .  Reiterhut  .  .  .  {legt  ihn  Ernst  aufs 
Gesicht). 

{Draußen  Lärm.) 

V.  HEIDENBERG:  Die  Wasserlöcher  sind  gestürmt! 

OFFIZIERE  {Bewegung). 

OBERST:  Heidenberg  .  .  .  {deutet  auf  Ernst).  Die 
schwarzen  Halunken  haben  mir  meinen -.  Jungen  er- 
erschossen .  .  .  {Pause,  dann  kurz:)  Ich  übernehm  das 
Kommando  wieder  .  .  .  {Er  nimmt  seinen  Hut  ab,  Offi- 
ziere tun  das  gleiche  —  Ernst's  Leiche  wird  heraus- 
getragen .  .  .  alle  ab). 

HEDWIG  {dem  Vater  entfremdet,  leise) :  Zu  spät  .  .  . 

OBERST  (gibt  ihr  die  Hand):  Hilft  nichts  {wischt 
sich  eine  Träne  fort).    Nun  wieder:  Pflicht  .  .  . 

HEDWIG  {ist  starr  —  sagt  es  voll  kaltem  Lächeln): 
Ja,  Vater!  ... 

OBERST  {ab). 

HEDWIG  {bindet  sich  langsam  die  Haube  über  dem 
Haar  fest . .  .  ordnet  V erbandzeug  .  .  .  wie  sie  am  leeren 
Bett  vorübergeht,  bricht  sie  unter  haltlosem  Schluchzen 
darüber  zusammen  .  .  .). 

{Draußen  drei  rollende  Ehrensalven) 

Vorhang. 

Ende. 

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Drude  der  Spamersdien  Bud>drud<ere!  in  Leipzig 


Wi- 


BERLIN 
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